Blitze des Bösen
Stunden
war sie wieder bei Glen, und in Tagen oder vielleicht Wochen
hätte sie das, was sie gerade erlebt hatte, vergessen.
Aber würde sie jemals den Haß in Kravens Gesicht
vergessen können, der im Tod seine Züge verzerrt hatte?
6. Kapitel
Das Heulen der Sirene brach abrupt ab, als der Krankenwagen
an der Baustelle bremste. Beide Türen flogen auf und zwei
Männer sprangen heraus. Einer von ihnen stürmte zur Hecktür
und holte eine Tragbahre, der andere rannte mit einem
Sauerstoffgerät und einer Atemmaske dorthin, wo Glen Jeffers
lag.
»Lassen Sie mich durch«, befahl der Sanitäter und bahnte
sich seinen Weg durch die Schaulustigen, die sich um den Liegenden versammelt hatten. »Wer kann mir Genaueres sagen?«
Ohne eine Antwort abzuwarten, kniete er sich neben Glen,
fühlte seinen Puls und setzte ihm die Atemmaske auf.
»Wir glauben, daß er einen Herzanfall hatte«, sagte Jim
Dover. »Wir waren alle zusammen oben auf dem Dach. Auf
einmal veränderte er sich. Wir dachten, er hätte nur Höhenangst, aber…«
Der Satz wurde ihm von dem zweiten Sanitäter abgeschnitten, der die Bahre neben den Bewußtlosen stellte.
»Herzmuskelinfarkt?«
»Sieht so aus«, sagte der andere. »Bringen wir ihn ins Auto.«
Sie legten Glen auf die Bahre und trugen ihn in den
Krankenwagen.
Alan Cline folgte ihnen und sagte hastig: »Wenn Sie ihn ins
Group Health Hospital bringen könnten… er wohnt nicht weit
davon entfernt, und…«
Die Sanitäter schlossen Glen an Meßgeräte an. »Sie können
mitkommen«, sagte der Fahrer zu Alan, es ist Platz genug, und
wenn er zu sich kommt…«
Alan Cline stieg sofort in den Wagen, der Fahrer schwang
sich auf den Sitz, gab Gas und schaltete die Sirene an.
Als Alan Cline das bläulich gefärbte Gesicht seines Partners
sah, fürchtete er, daß Glen kaum eine Überlebenschance hatte.
Es war wie ein langsames Erwachen in einem total finsteren
Raum. Das erste, das er spürte, als er zu Bewußtsein kam,
waren Schmerzen – Schmerzen, wie er sie noch nie gefühlt
hatte, Schmerzen, die ihn verzehrten, ihm die Seele aus dem
Leib zu reißen drohten.
Sie mußten aufhören! Er mußte sie loswerden, bevor sie ihn
übermannen konnten.
Wo war er? Sein Bewußtsein kämpfte gegen die Finsternis,
die langsam verschwand. Jetzt konnte er ein Geräusch hören.
Es schien zunächst von weither zu kommen, doch bald
erkannte er, daß es eine Sirene war.
Die Dunkelheit wich weiter, und er konnte etwas erkennen.
Aber es war eigenartig. Es kam ihm vor, als würde er in einer
ihm unbekannten Dimension schweben. Weit unter sich
erkannte er zwei Männer, die neben einer anderen Person auf
einer Bahre saßen. Sie waren in einem Auto – in einem Krankenwagen!
Aber warum? Während er sich das fragte, wußte er auch
schon die Antwort. Er schaute sich noch einmal die Person auf
der Bahre an.
Das war er selbst!
Sein Hemd war offen, die Brust entblößt, und sein Gesicht
war totenbleich.
Tot.
Das Wort lastete schwer auf ihm.
Was war mit ihm geschehen? War er gestorben? Aber wenn
er tot war, warum fühlte er nichts?
Dann wußte er es.
Er hatte seinen Körper verlassen. Irgendwie war es ihm
gelungen, während des letzten schrecklichen Schmerzanfalls
daraus zu entkommen. Er war vor der Höllenqual geflohen,
bevor sie ihm seine Seele zerbrechen konnte.
Als er jetzt auf seinen Körper hinabblickte, sah er, daß die
Marter noch nicht vorüber war, denn sein Gesicht war zu einer
schmerzverzerrten Grimasse entstellt. Er konnte Alan Clines
flehende Stimme hören: »Um Gottes willen, was ist mit ihm?
Können Sie nichts für ihn tun?«
Eine andere Stimme, die zwar schrie, aber seltsamerweise
nicht lauter als Alans Stimme war, sagte: »Er stirbt uns! Ich
brauche hier hinten Hilfe!«
Während Glen hoch über dieser Szenerie schwebte, sah er,
was geschah, ganz deutlich. Obwohl er nichts fühlte, wußte er,
daß der Krankenwagen angehalten hatte, denn jetzt stand auch
noch der Fahrer neben dem Mann, der sich über ihn beugte.
Während der eine Sanitäter rhythmisch seine Brust preßte,
holte der andere einen Gegenstand aus Plastik aus einem
Schrank.
Desinteressiert schaute Glen zu, wie sein Mund geöffnet
wurde und man ihm einen Beatmungsschlauch in die Kehle
schob.
»Wir müssen seine Atmung stabilisieren!« befahl eine
Stimme. Dann sah Glen, wie der Sanitäter eine Nadel in den
Schlauch schob und er hörte jemanden sagen: »Mach den
Defibrillator fertig!« Und fast flehentlich klang
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