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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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hatte sich alles verändert. »Ich weiß
nicht, ob ich an der Story dranbleibe oder nicht«, antwortete sie
schließlich. »Das hängt alles davon ab, wie es mit Glen
weitergeht. Kann sein, daß ich erst einmal einen längeren
Urlaub mache.«
Das Gesicht des Kommissars zeigte ein ungläubiges
Lächern: »Ausgerechnet Sie? Ach, hören Sie auf! Anne, wenn
Sie an einer Story arbeiten, lassen Sie genauso wenig locker,
wie ich, wenn ich mit einem schweren Fall beschäftigt bin. Da
sind mir die Zeit, das Essen, Schlaf und auch die Familie völlig
gleichgültig.«
Anne reagierte auf Blakemoors Worte mit einem massiven
Gegenangriff. »Wahrscheinlich hat Patsy Sie deshalb auch
verlassen. Zum Glück ist wenigstens meine Ehe intakt!« Blakemoor zuckte zusammen, und Anne bereute ihre Äußerung
augenblicklich. »Tut mir leid«, sagte sie, »das war nicht sehr
fair.« Als sie dann darüber nachdachte, wurde ihr erst klar, wie
unfair es wirklich gewesen war. Sei selbst aß ja auch nicht
immer mit ihrem Mann gemeinsam zu Abend. Ganz im
Gegenteil. Und was noch schlimmer war: In den letzten
Monaten hatten Heather und Kevin oft auf ihre Eltern warten
oder sogar allein essen müssen, weil die Jeffers in ihren Büros
eine Kleinigkeit gegessen hatten. Wenn sie absolut ehrlich zu
sich war, mußte sie einräumen, daß Blakemoor gar nicht so
falsch lag – solange sie sich mit einer Story beschäftigte, hatte
sie weder Augen noch Ohren für etwas anderes. Und der
Geschichte, die heute mit der Hinrichtung zu Ende gegangen
war, hatte sie in den letzten fünf Jahren fast ihre ganze
Aufmerksamkeit gewidmet.
Plötzlich kam ihr ein fürchterlicher Gedanke: Wenn sie sich
nicht so ausschließlich um den Fall Kraven gekümmert hätte –
hätte sie dann vielleicht Glens Herzinfarkt voraussehen
können? Aber wie? Der war doch aus heiterem Himmel
gekommen!
Sie dachte über die letzten Tage, Wochen und Monate nach.
Wie lange war es schon her, seit Glen und sie einmal abends
zusammen ausgegangen waren oder ein ganzes Wochenende
allein miteinander verbracht hatten? Normalerweise arbeitete
immer einer von ihnen, wenn nicht gar beide. Sie hatten weder
seinen Geburtstag noch ihren Hochzeitstag vor drei Monaten
gefeiert. Wenn sie schon so sehr von ihrer Arbeit in Anspruch
genommen wurde, daß sie nicht einmal die wichtigsten Daten
in ihrem Leben feiern konnte, wie sollte sie dann erst über den
Gesundheitszustand ihres Mannes Bescheid wissen?
Hätte sie den Herzinfarkt kommen sehen müssen? Hätte sie
es Glen am Gesicht anmerken können? Gab es bei ihm
Anzeichen von Streß, die sie nicht bemerkt, eine Müdigkeit,
die sie ignoriert hatte? Sie verspürte auf einmal ein tiefes
Schuldgefühl, und es tauchten weitere Fragen auf, Fragen, die
nicht leicht zu beantworten waren.
»Kopf hoch, Anne!« Blakemoor sagte das in einem Ton, als
ob er ihre Gedanken gelesen hätte. »Was Glen zugestoßen ist,
war nicht Ihre Schuld. Sie haben ihn nicht so behandelt wie ich
Patsy: Mein Gott, es hat Zeiten gegeben, da haben wir uns
tagelang nicht gesehen.«
»Bin ich etwa in den letzten Tagen in Seattle gewesen?«
entgegnete Anne sarkastisch und ihre Selbstanklage war nicht
zu überhören. »Meine Güte, Mark, ich hätte es vorhersehen
können. Ich hätte bemerken müssen, daß er zu hart arbeitet und
daß ihn das fertigmacht.«
»Das wäre etwa so, als wenn ein Esel den anderen Langohr
schimpft«, bemerkte Blakemoor lakonisch, lächelte aber dabei.
Den restlichen Flug redete er weder über Kraven noch über
Glen Jeffers Herzinfarkt. Das einzige Thema, über das er
bereitwillig Auskunft gab, war seine Scheidung. Zu seiner
eigenen Überraschung erzählte er Anne alles darüber. Was ihn
noch mehr verblüffte, war, daß ihm bis zur Landung des
Flugzeugs in Seattle zwei Dinge klargeworden waren. Erstens:
An der Scheidung war Patsy in Wahrheit nicht weniger schuld
gewesen als er, obwohl sie ihm immer die alleinige Schuld
angelastet hatte. Zweitens: Mit Anne Jeffers konnte er über
alles reden, was ihm auf der Seele lag. So etwas hatte er noch
nie bei einer anderen Frau erlebt; und als er mit Anne das
Flugzeug verließ, fragte er sich, was das wohl bedeuten
mochte.
Und er fragte sich auch, wie eng Annes eheliche Bindung
war. Wenn sie jemals allein sein sollte…
Mark Blakemoor versuchte, sich diese Gedanken aus dem
Kopf zu schlagen. Doch sie hatten sich bereits festgesetzt, und
er wußte, daß er sie nicht mehr loswerden

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