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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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logischerweise nur um etwas handeln, das die
Polizei bislang übersehen hatte.
    Aus welchem Grund half Mark ihr also, und warum hatte er
sie zum Essen eingeladen?
Sie vermutete, daß er sich in sie verliebt hatte, und sie wußte
bereits, wie sie den endgültigen Beweis dafür erhalten konnte:
Falls er ihr wegen der Story keine Vorwürfe machen würde,
dann nur deshalb, weil er scharf auf sie war.
Als sie sich an den Tisch setzte, mußte sie sich eingestehen,
daß diese Vorstellung sie keineswegs verletzte. Im Gegenteil,
seine Schwärmerei schmeichelte ihr. Sie konnte mit diesem
Umstand auch deshalb gut leben, weil sie sich nie anmerken
lassen würde, daß sie seine Gefühle spürte, geschweige denn
würde sie irgend etwas tun, um ihn zu ermutigen. Außerdem
sah der Kommissar nicht schlecht aus, und es war angenehm zu
wissen, daß Glen nicht der einzige Mann auf der Welt war, der
sie attraktiv fand. Als Mark Blakemoor es sich auf dem Stuhl
ihr gegenüber bequem machte, mußte Anne ein spontanes
Bedürfnis, mit ihm zu flirten, unterdrücken und spürte, daß sie
bei diesem Gedanken errötete.
»Keine Sorge«, versicherte ihr Blakemoor, der ihr Erröten
bemerkte, aber völlig falsch deutete. »Ich will nicht auf dem
Artikel herumreiten. Ich will auch nicht verhehlen, daß Ackerly
und die anderen stocksauer sind. Von McCarty gar nicht zu
reden. Aber was soll’s? Sie tun nur Ihren Job, stimmt’s?«
Verdacht bestätigt, dachte Anne. Also, was soll ich jetzt
machen? »Schön, wenn Sie mich also nicht zusammenstauchen
wollen, womit habe ich mir dann das Essen verdient? Worum
geht es, was Sie mir nicht auch schon am Telefon hätte sagen
können?«
Blakemoor antwortete erst, als sie ihre Bestellungen aufgegeben hatten. Dann sagte er: »Sheila Harrar.«
Anne spitzte die Lippen. Der Name kam ihr bekannt vor,
aber sie konnte sich nicht… dann fiel es ihr ein. »Die Frau, die
mich angerufen hat, die mit der falschen Nummer!«
Blakemoor nickte. »Es hat eine Weile gedauert, aber ich
habe sie doch noch in den Aufzeichnungen gefunden. Sie ist
Indianerin und hat vor ein paar Jahren oft beim Sonderdezernat
angerufen. Sie hat behauptet, Kraven habe ihren Sohn getötet,
und wir sollten ihn festnehmen.«
»Was Sie ja offensichtlich nicht getan haben«, bemerkte
Anne trocken, doch ihre Worte beeindruckten Blakemoor
nicht.
»Es gab keinen Grund dafür«, erwiderte der Kommissar.
»Keine Leiche, kein Anzeichen für einen Mord. Nichts.«
»Aber ihr Sohn ist doch wirklich verschwunden?«
»Kommt darauf an, was Sie unter ‚verschwunden’ verstehen.
Wenn Sie damit meinen, ob er immer noch irgendwo in Seattle
ist, lautet die Antwort nein. Und sollte er wirklich noch hier
sein, gibt es zumindest kein Lebenszeichen von ihm.
Andererseits hat das nicht viel zu bedeuten. Der Junge war
achtzehn, als er verschwand. Das heißt, er könnte einfach
abgehauen sein, und das geht die Polizei nun wirklich nichts
an. Erwachsene haben bei uns eben das Recht, zu tun und zu
lassen, was sie wollen, und das müssen sie auch nicht mal ihrer
Mutter erzählen.«
»Also hat die Polizei nichts unternommen?« fragte Anne und
verfiel in jenen geübten Tonfall der Journalisten, der eine
einfache Frage wie eine Anklage klingen ließ.
Blakemoor hob abwehrend die Hände. »Was hätten wir denn
tun sollen? Der Junge ging auf dieselbe Universität, in der
Kraven lehrte. Na und? Er hat sich niemals etwas aus Studenten gemacht. Mir schien sogar, er ist ihnen im allgemeinen
eher aus dem Weg gegangen. Und es hatte sich herausgestellt,
daß Danny Harrar einer seiner Studenten gewesen ist – das
allein schloß ihn meiner Meinung nach als Täter aus. Typisch
für ihn war doch, daß er es nur auf Fremde abgesehen hatte.«
»Typisch war für ihn, daß überhaupt nichts typisch für ihn
war«, wandte Anne skeptisch ein. »Das heißt, wenn er sich an
einen Studenten herangemacht hätte, hätte das gut zu ihm
gepaßt. Erzählen Sie mir etwas über seine Mutter.«
»Eine Trinkerin«, seufzte Blakemoor. »Und nach allem was
ich weiß, ist sie schon immer eine gewesen. Vielleicht ist der
Junge deshalb auch abgehauen.« In knappen Worten skizzierte
er Sheila Harrars Werdegang, ihren gesellschaftlichen Abstieg,
alles, was er in einer Befragung von wenigen Minuten erfahren
hatte. Dann zog er sein Notizbuch heraus, schrieb eine Adresse
auf ein Blatt und reichte es Anne. Als sie die Seite
entgegennahm, berührten sich ihre Finger, und Mark

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