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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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fragte er. »Bin ich in Ohnmacht gefallen, oder hat mich jemand
niedergeschlagen?«
    »Haben Sie Anzeichen dafür gefunden, daß jemand im Haus
war?« entgegnete Farber.
Glen errötete. »Ich hab nicht nachgeschaut. Mir war es
wichtiger, gleich hierher zu kommen.«
»Jedenfalls haben Sie keinen Schlag auf den Kopf bekommen«, versicherte der Arzt. »In dem Fall hätten Sie mindestens
eine Beule, vielleicht sogar eine Gehirnerschütterung.«
»Dann bin ich einfach nur ausgerutscht?«
»Das habe ich nicht gesagt. Jemand, der weiß, wie das geht,
kann Sie ohne weiteres niederschlagen, wenn er nur die richtigen Nerven trifft. Aber Sie sagen ja, Sie hätten niemanden
gesehen.«
»Alles war voller Dampf. Ich hab mich ja selbst kaum gesehen.«
»Haben Sie gehört, daß jemand die Tür geöffnet hat?«
Glen schüttelte den Kopf. »Aber sie war ja auch gar nicht
geschlossen.«
Farber zuckte die Schultern. »Gut, wenn Sie meine Meinung
hören wollen: Sie sind ausgerutscht. Was mich offen gestanden
überhaupt nicht wundert. Sie haben zwei Wochen lang im Bett
gelegen, Sie erholen sich noch von einem schweren Herzinfarkt, und Sie waren unter einer sehr heißen Dusche. Zählt
man alles zusammen, ist es keine Überraschung, daß so etwas
passieren konnte.«
»Aber fünf Stunden lang?« drängte Glen.
Farber hob den Kopf. »Wollen Sie, daß ich Sie wieder ins
Krankenhaus einweise? Wenn Sie wirklich so besorgt sind,
kann ich noch weitere Tests anordnen.«
»Aber Sie haben doch gesagt, ich sei völlig in Ordnung.«
»Eine Ansicht, die Sie offenbar nicht teilen«, bemerkte Farber. »Ich glaube, daß Sie aufgrund der Hitze in der Dusche
ohnmächtig geworden sind, ein langes Nickerchen gemacht
haben und auf dem Boden aufgewacht sind. Es war richtig, daß
Sie bei mir angerufen haben und hergekommen sind, denn jetzt
kann ich Ihnen mit Sicherheit sagen, daß nichts Ernstes
vorliegt. Alles, was ich Ihnen noch anbieten kann, ist, sich
noch einmal für ein paar Tage ins Krankenhaus zu legen.«
Glen erinnerte sich an das Zimmer mit all den Geräten, das
furchtbare Essen und die Schwestern, die ständig seine Temperatur maßen und ihn mit Pillen versorgten. Dagegen erschien
ihm ein Schlaf auf dem Badezimmerboden noch vergleichsweise harmlos. »Reden wir nicht mehr darüber. Wenn
Sie sagen, es ist alles okay, dann bin ich damit auch zufrieden.« Kurz bevor er das Büro des Arztes verließ, fiel ihm aber
noch etwas anderes ein. »Tun Sie mir bitte einen Gefallen,
Gordy. Die Sache sollte unter uns bleiben. Anne würde nur
einen gehörigen Schrecken bekommen, und wenn mir nichts
fehlt, braucht sie auch nichts davon zu erfahren. Einverstanden?«
»Alles klar. Und jetzt gehen Sie, machen Sie sich keine Sorgen mehr. Tun Sie etwas völlig Nutzloses.«
»Was zum Beispiel?« Glen fragte sich, was ein Herzspezialist wohl unter etwas ‚völlig Nutzlosen’ verstand.
Farber überlegte eine Sekunde. »Ach, kaufen Sie sich einfach eine Zeitung und etwas zum Trinken. Dann setzen Sie sich
auf eine Bank, lesen und schauen den Passanten zu. Wir sehen
uns dann in einigen Tagen wieder.«
Glen verließ das Krankenhaus, stieg in seinen Wagen und
wollte schon nach Hause fahren, als er seine Meinung änderte.
Warum sollte er nicht den Rat seines Arztes befolgen? Er
verwarf die Idee, direkt heimzufahren und steuerte Richtung
Broadway zu dem großen Ziegelgebäude, in dem der Markt
war.
Früher hatte sich in diesem Bau nur Fred Meyers riesiges
Kaufhaus befunden, in dem von Lebensmitteln bis zu Arzneien
alles Mögliche verkauft wurde. Jahrzehntelang hatte es stets
die gleiche mittelständische Kundschaft, die in den fünfziger
Jahren in Capitol Hill lebte, versorgt. Aber während der
zweiten Hälfte des Jahrhunderts hatte Capitol Hill einen
Wandel erfahren. Mit dem Mittelstand war es beständig bergab
gegangen, und nachdem viele Familien auf die gegenüberliegende Seite des Sees nach Bellevue umzogen, waren die
großen, alten Häuser nach und nach in immer kleinere
Wohnungen aufgegliedert worden. Der Niedergang der Umgegend hatte schließlich auch zu dem des Ladenviertels am
Broadway geführt. Anfang der siebziger Jahre war dann auch
ziemlich wenig davon übriggeblieben.
Doch danach begann sich ein Wandel zu vollziehen. Zuerst
entdeckten die schrägen Vögel die billigen Wohnungen und
Läden von Capitol Hill und ließen sich dort nieder. Als dann
schließlich die Vorstädte östlich des Lake Washington wuchsen und immer

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