Blizzard-Fehde
Vasallen.
Miss Langtry, die immer noch gestrickt hatte, erhob sich plötzlich und ging die Treppe hinauf nach oben.
»Die dritte Tür rechts, da ist die Kammer!«, rief der Stationsmann ihr nach.
Auch der Neger verschwand in einem Nebenraum und schloss die Tür hinter sich.
»Wir gehen alle mal zum Stall hinüber«, sprach der Stationsmann. »Ihr solltet den Toten in eine Segeltuchplane einwickeln und draußen in den Schnee legen. Da bleibt er frisch, bis ihr ihn zu seinem Alten bringen könnt.«
Niemand erwiderte etwas, aber wir gingen hinaus in den Schneesturm und fassten nach dem Seil, an dem wir uns wie Blinde gewissermaßen Hand über Hand zum Stall hangelten. Der Schnee reichte uns bis zu den Oberschenkeln. Er war trocken und leicht. Bald würden wir bis über die Köpfe darin versinken.
Im Stall lag der Tote. Der Huf hatte ihn voll getroffen, ihm den Kopf zerschmettert und auch das Genick gebrochen.
Lukes grauer Wallach stand zitternd in der Ecke des Vorraumes. Luke trat zu dem Tier und begann es zu beruhigen.
Einer der Bourdelle-Männer sagte böse: »Mankiller werden überall getötet.«
Ich wollte etwas sagen, doch Luke rief böse: »Er hat den Wallach mit einer Bullpeitsche bearbeitet! Seht her, überall hat das Fell blutige Striemen. Dieser Hurensohn hat mein Pferd mit Bullpeitschenschlägen hinaus in den Blizzard jagen wollen. Wäre ihm das gelungen, hätte ich ihn getötet! Zum Teufel mit allen Bourdelles! Und wenn ihr einen Kampf haben wollt, dann könnt ihr ihn gleich hier bekommen!«
»Ruhig, Männer, ruhig«, sagte der Stationsmann hart. »Dieser Ringo wird nicht mehr lebendig, auch nicht, wenn ihr euch umzubringen versucht. Nur ruhig. Wir müssen bis zum Ende des Blizzards miteinander auskommen auf meiner Station. Ich dulde keine Fehde während eines Blizzards. Dies hier ist neutraler Borden.«
* * *
Es wurde ein langer, sehr langer Blizzard damals in einer der Relaisstationen am Oregon Trail.
Die drei Bourdelle-Reiter blieben friedlich, ja, im Verlauf der Tage und Nächte fanden wir sogar ein Auskommen untereinander, wie es unter diesen Umständen nicht besser hätte sein können.
Sie hatten erkannt und begriffen, dass Luke und ich zwei sehr harte und erfahrene Burschen waren.
Auch Miss Langtry bekam keine Probleme mit uns. Sie strickte immerzu Babysachen, und als ich sie mal geradezu danach fragte, da sagte sie mir: »Ja, ich bin im fünften Monat. Wir werden in Camp Colby heiraten, sobald Bob mich von hier nach dort gebracht hat. Er schrieb mir, dass es in diesem Armeecamp, um das herum nun eine Stadt entsteht, einen Armeepfarrer gibt. Mein Kind kommt nicht unehelich zur Welt. Wissen Sie, ich war Lehrerin in Missouri. Es war eine kleine Stadt, die nicht so schnell für mich Ersatz finden konnte. Und so blieb ich, indes Bob nach Westen zog, um sich Land zu suchen und abzustecken nach Heimstätter- und Squatterrecht. Er schrieb mir, dass er ein wunderschönes Hügeltal gefunden hätte mit einem Creek und einem See. Bald wird er kommen und mich von hier abholen.«
Aber es dauerte noch viele Tage und Nächte.
Und als sich der Blizzard dann endlich ausgetobt hatte und gestorben war wie ein böses Ungeheuer, da konnten wir immer noch nicht weiter. Denn der Schnee war so tief, dass ein Pferd darin bis über den Sattel versunken wäre.
Aber der Stationsmann tröstete uns immer wieder mit den Worten: »Nach solch einem Blizzard kommt zumeist für einige Tage Tauwetter. Dann sackt der Schnee zusammen, wird feucht und schwer an der Oberfläche. Und wenn dann wieder Nachtfrost einsetzt, dann gefriert die Oberfläche steinhart. Dann kann man auf dem gefrorenen Schnee reiten wie auf dem Eis eines Sees. Geduldet euch noch eine Weile.«
Wir glaubten ihm, denn er war ja in diesem Land ein erfahrener Mann.
Und tatsächlich, er hatte es uns richtig vorausgesagt. Am dritten Tag nach dem Blizzard kam warme Luft aus dem Süden. Auch schien die Sonne und wärmte ein wenig. Der Schnee wurde nass und pappig. Wenig später war es in den Nächten wieder bitterkalt.
Und eines Tages brachen wir auf.
Die drei Bourdelle-Reiter waren mit dem Toten schon eine gute Stunde vor uns aufgebrochen. Da auch wir nach Norden zu unseren Weg fortsetzten, ritten wir auf ihrer Fährte.
Wir waren sicher, dass vor uns irgendwo weit hinter dem Platte River der Niobrara River lag. Und dorthin hatte Onkel John mit den viertausend Rindern gewollt.
Ob er mit der Herde noch rechtzeitig die schützenden Hügel am
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