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Blizzard-Fehde

Blizzard-Fehde

Titel: Blizzard-Fehde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G.F. Unger
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zumindest hoffte, dies bald zu werden. Sie gefiel mir. Ich hoffte für sie, dass ihr Verlobter nach dem Blizzard bald kommen konnte. Offenbar war sie mit einer der letzten Postkutschen hier angelangt.
    Wir waren mit dem Abendessen noch nicht ganz fertig, aber immerhin schon beim Nachtisch angelangt, der aus Apfelkuchen und Kaffee bestand, als die Tür aufging und jener Larry, der mit Ringo Bourdelle hinausgegangen war, in einer wirbelnden Schneewolke hereinkam. Allein.
    Er drückte die Tür hinter sich zu und lehnte sich mit dem Rücken dagegen.
    Irgendwie sahen wir ihm an – obwohl er mit Schnee bedeckt war, der jetzt erst auf seinem Gesicht zu schmelzen begann –, dass etwas passiert sein musste, was ihn aus der Fassung gebracht hatte. Denn er nahm seinen Hut mit einer fahrigen Bewegung ab und wischte sich über das Gesicht wie jemand, der sich keinen Rat mehr weiß.
    Dann sagte er heiser: »Verdammt, jetzt ist es geschehen. Dieser wilde Junge hat sich tatsächlich durch eigene Schuld umgebracht.«
    Wir wollten es nicht glauben, besonders seine beiden Partner nicht. Einer fragte auch sofort scharf: »Was redest du da, Larry?«
    Es war fast ein Brüllen, so besorgt stieß er diese Frage hervor.
    Jener Larry machte eine müde Bewegung. Dann sah er zu Luke und mir herüber. »Wem gehört das graue Pferdebiest?«
    »Mir«, erwiderte Luke. »Aber dieser graue Wallach ist kein Biest.«
    »Das mag sein«, erwiderte Larry heiser und wischte sich wieder über sein nasses Gesicht, auf dem der Schnee getaut war. Von seinem Sichelbart tropfte noch das Wasser. Dann sprach er langsam Wort für Wort: »Mann, ich habe nichts gegen dich. Aber du und dein grauer Wallach, ihr seid schon so gut wie tot. Der Graue hat Ringo Bourdelle fast den Kopf von den Schultern getreten. Genickbruch. Ringo ist tot, mausetot, so tot, wie ein Mensch nur tot sein kann.«
    Er verstummte mit einem pfeifenden und knirschenden Klang in der Stimme.
    Wir alle aber schwiegen und konnten es nicht glauben.
    Schließlich fragte ich: »Und wie ist das passiert?«
    Larry schüttelte den Kopf, so wie es Menschen tun, wenn sie etwas für unmöglich oder unglaublich halten.
    Wir mussten dann unsere Ohren spitzen, um ihn leise sagen zu hören: »Er wollte eure Pferde aus dem Stall jagen. Er sagte, dass der Stall sonst überfüllt wäre und eure verdammten Böcke unseren kostbaren Zuchtstuten die Luft zum Atmen nehmen würden. Ja, er wollte eure Tiere aus dem Stall jagen. Doch der graue Wallach gehorchte nicht, sondern feuerte nach hinten aus. Er traf mit einem Hinterhuf Ringos Kopf. Er ist tot. King Ernest Bourdelles einziger Sohn ist tot.«
    Er verstummte fast lautlos, sodass wir die letzten Worte von seinen Lippen ablesen mussten. Die beiden anderen Bourdelle-Reiter wirkten wie erstarrt. Dann blickten sie auf Luke.
    »Wir müssten dich und dein Pferd eigentlich erschießen«, murmelte einer. »Dies nämlich würde King Ernest Bourdelle als unsere Pflicht von uns verlangen.«
    »Dann versucht es doch«, erwiderte mein Bruder und erhob sich hinter dem Tisch.
    Wir hatten unsere Waffengürtel nicht abgelegt. Die Situation war uns von Anfang an nicht friedlich genug erschienen wegen dieses Giftpilzes. Nun war er von einem Pferdehuf getötet worden. Aber Lukes grauer Wallach war kein bösartiges Tier. Es hatte sich nur nicht aus dem warmen Stall in den eisigen Blizzard hinausjagen lassen wollen. Wer konnte das dem Tier verdenken?
    »Na los, dann versuch es doch«, wiederholte Luke.
    Auch ich hatte mich erhoben und war ein Stück zur Seite geglitten.
    Aber die drei Bourdelle-Reiter schüttelten ihre Köpfe.
    »Ringo war ein verdammter Giftpilz, suchte ständig Streit – und wir mussten ihm immer wieder aus der Klemme helfen«, sagte einer bitter. »Nein, wir wollen ihn nicht rächen. Bourdelle wird uns sicherlich zum Teufel jagen, wenn wir seinen Sohn tot mit den Pferden bei ihm abliefern. Ja, er wird uns zum Teufel jagen. Und dann wird er eine hohe Belohnung auf euch aussetzen. Alle Kopfgeldjäger und die ganze Bourdelle-Mannschaft werden nach euch suchen. Ihr seid wahrhaftig schon so gut wie tot.«
    Der Sprecher trat an den Schanktisch und ließ sich vom Wirt und Stationsmann einen Drink eingießen. Die beiden anderen Bourdelle-Reiter traten zu ihm und verlangten ebenfalls Drinks. Ja, sie mussten mit einem tiefen Schock fertig werden. Für sie hatte sich die Welt total verändert.
    Ein King hatte sie seinem Sohn mitgegeben, damit sie ihn beschützten wie treue

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