Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
schloss die Haustür auf, als ich auch schon erregte Stimmen
im Treppenhaus hörte. Eine davon gehörte Jake, die andere war ziemlich dunkel und klang ärgerlich. Was die beiden sprachen,
konnte ich nicht verstehen. Ich beschloss, die Streithammel per Aufzug zu umgehen, trat in die Kabine, drückte den obersten
Knopf und freute mich aufs Bett. Umso größer war mein Schreck, als ich Jake und den anderen Mann vor meiner offenen Wohnungstür
fand.
»Na endlich«, sagte Jake. »Erklär doch bitte deinem Mitbewohner, dass ich bei seinem Lärm nicht arbeiten kann.«
»Meinem was?«, fragte ich fassungslos.
»Deinem Mitbewohner. Also mir. Hi.«
Gesprochen hatte der fast zwei Meter große Schrank in Sporthose und hautengem Muscle-Shirt, der an Sabines Tür lehnte. Sergeant
Pepper schnüffelte an seinen Schuhen, seinen Beinen und ließ sich dann schwanzwedelnd von ihm kraulen.
Jake stand barfuß und mit in den Hosentaschen vergrabenen Händen lässig auf den Fußballen wippend vor ihm. Er trug sein übliches
Outfit, war ungekämmt und roch wieder einmal umwerfend gut. Er grinste mich vielsagend an und hauchte: »Hallo, Lulu. Alles
wieder fit?«
Ich antwortete nicht, bedachte ihn mit einem Blick,von dem ich hoffte, dass er ihn sofort und unter qualvollen Schmerzen töten oder zumindest für den Rest seines Lebens in eine
schuppige Echse verwandeln würde, und wandte mich dem Schrank zu, den ich einer eingehenden Betrachtung unterzog. Definitiv
unbekannt. Definitiv schlechter Geschmack, was die Wahl seiner Sportkleidung anging. Außerdem zu groß, zu viele Muskeln, zu
breiter Hals, zu kantiges Gesicht. Kurz geschorenes, dunkles Haar, ein bleistiftdünner Bart auf der Oberlippe, in der Mitte
des Kinns und an den Kanten des Kiefers entlang bis zu den Ohren. Karibikgrüne Augen. Hätte er jetzt noch einen goldenen Ohrring
getragen, hätte ich nach dem tätowierten Totenkopf auf dem baumstammdicken Oberarm gesucht. Definitiv nicht mein Typ.
»Hier wohne ich und sonst niemand«, sagte ich matt. Ich war wirklich nicht in Stimmung für diesen Scheiß.
»Ich schlafe immer bei Sabine, wenn ich in der Stadt bin.« Seine Stimme war allerdings zum Niederknien. Dunkel, samtig, weich.
Sexy. Diesen Gedanken verbot ich mir auf der Stelle.
»Sabine ist in Patagonien, und bei mir schläfst du nicht.«
»Na logo, Mäuschen«, sagte die Samtstimme.
Er grinste Jake noch einmal an, drehte sich um und ging in die Wohnung. »Kommst du?«
Ich blickte Jake an. »Was …«
Jake zuckte die Schultern. »Keine Ahnung, wer das ist. Aber er hüpft Seilchen.«
»Ach so.« Ob ein heftiger Kater Stunden noch später derartig abgedrehte Halluzinationen auslösen konnte?
»Sag ihm, dass er das lassen soll – Mäuschen«, forderte Jake, grinste noch einmal spöttisch, drehte sich um und ging die Treppe
hinunter. Immer noch als Mensch, nicht als Echse. Schade.
»Verlass sofort meine Wohnung«, sagte ich im Wohnzimmer, wo eine riesige Reisetasche, ein großer, gepolsterter Rucksack und
ein Springseil auf dem Boden lagen.
»Ist nicht deine, ist Sabines Wohnung.«
»Ich wohne hier, solange Sabine in Patagonien ist.«
Er fläzte sich breitbeinig und mit schweißfeucht glänzenden Muskeln auf Sabines Ledersessel. »Dann sind wir jetzt zu zweit.
Ist doch nett, oder?« Er zwinkerte mir zu.
»Raus.«
»Warum? Sabine hat mir erlaubt, in ihrer Wohnung zu wohnen.«
Er kramte in seiner Jeans, die auf dem Wohnzimmertisch lag, holte ein Handy heraus und zeigte mir eine SMS, die Sabine ihm
eine Woche vor ihrer Abreise geschickt hatte. KANNST JEDERZEIT BEI MIR WOHNEN, KUSS, BINE.
»Da wusste sie noch nicht, dass ich krankgeschrieben bin und ihre Wohnung hüte«, sagte ich.
»Das brauchst du nicht mehr, jetzt bin ich ja da.«
Da hatte er recht. Ich könnte nach Hause fahren und in meiner Wohnung wohnen.
Aber wie sollte ich meinen Blog weiterführen?
Das könnte ich nicht von zu Hause aus, da ich dort nicht über die nötigen Datenleitungen oder Modem oder W-LAN oder solche
Dinge verfügte, von denen ich im Übrigen auch viel zu wenig Ahnung hatte, um einen Standortwechsel des Laptops zu bewerkstelligen.
Und Sergeant Pepper dürfte ich nicht mitnehmen, weil bei mir Haustiere verboten sind. Ich stellte mir vor, wie ich einsam
und allein die letzten zwei Wochen meiner erzwungenen Arbeitspause in meiner winzigen Ein-Zimmer-Wohnung verbringen müsste.
Eine gruselige Vorstellung.
»Wenn du nicht gehst, rufe ich
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