Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
Juni
Polizisten auf der ganzen Welt tragen Uniformen. Das dient der Erkennung, aber auch der Vermittlung von Macht und Autorität.
Sollte es zumindest. Die alten, beigen, formlosen Uniformen der Streifenpolizisten in Nordrhein-Westfalen waren lange Zeit
nicht dazu geeignet, inzwischen dürfen die Herren und Damen wenigstens Jeans in Camel-Tönen tragen. Die Zukunft der Polizei
ist allerdings blau, wie auch in Österreich, der Schweiz, Italien, Spanien, Portugal, Belgien, den Niederlanden, Frankreich
und Großbritannien. Auch in Singapur sind die Uniformen dunkelblau. Diese Farbe vermittelt Sicherheit, Seriosität und Zuverlässigkeit,
sagen Psychologen. Schwarz vermittelt Stärke und Macht. Womit ein interessanter Unterschied in der Selbstwahrnehmung und Darstellung
der Polizeikräfte in Europa und den USA offensichtlich wird.
In Indien (khaki) wird derzeit über einen Wechsel zu Dunkelblau nachgedacht. Ob sich diese Entwicklung durchsetzt und demnächst
auch die Polizeikräfte in Dubai (sandfarben) oder China (olivgrün) ihre klassischen Uniformfarben aufgeben? Gegen diese Seite
der Globalisierung hätte ich nichts einzuwenden, denn den meisten Menschen steht Dunkelblau einfach besser als Khaki oder
Grün.
Sieben
Bevor ich Stahl anrief, setzte ich mich hin und überlegte, was ich ihm sagen durfte. Immerhin hatte ich mich mit meinen Lügen
in eine schwierige Situation gebracht, in der es nun einige Fallstricke zu beachten gab. Erstens: Ich durfte nicht zugeben,
dass ich Millie war. Zweitens: Ich durfte nicht zugeben, dass das Foto, aufgrund dessen er eine Reise nach Barcelona unternommen
hatte, aus dem letzten Jahr stammte. Drittens: Ich fragte mich, wie ich meinen plötzlichen Informationsgewinn erklären sollte.
War es sinnvoll zuzugeben, dass ich meine Stewardess-Kolleginnen mit der Suche nach Funk beauftragt hatte? Oder wäre er dann
sauer, weil ich mich als Laie in eine polizeiliche Ermittlung eingeschaltet hatte? Aber was sollte ich sonst sagen? Mir fiel
auch bei längerem Nachdenken absolut keine andere Erklärung ein.
Viertens: Wäre es denn so schlimm, wenn er sauer wäre? Oder musste ich mir fünftens Gedanken darüber machen, ob er mich wegen
Behinderung einer laufenden Ermittlung belangen würde? Herrje, jetzt hatte ich mich so darauf konzentriert, was ich NICHT
sagen durfte, dass ich bestimmt gleich als Erstes mit der Beichte über Millies wahre Identität herausplatzen würde. Also:
Konzentration.
Ich atmete tief durch und wählte seine Festnetznummer. »Schatz?«, sagte eine junge Frauenstimme.
»Äh, nein, tut mir leid, …«, stammelte ich verwirrt.
Die Stimme stieß einen leisen Seufzer aus. »Entschuldigung, ich dachte, der Anruf wäre intern. Also: Landeskriminalamt, Sie
sprechen mit Kommissarin Daniela Schatz, was kann ich für Sie tun?«
»Ach so. Hi, ich wollte Herrn Stahl sprechen.«
»Der ist zurzeit nicht im Haus. Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich habe eine Nachricht bezüglich Werner Funk. Kann ich Herrn Stahl auf dem Handy erreichen?«
»Wie war doch gleich Ihr Name?«
Ich zögerte.
»Ich nehme auch gern Ihre Nachricht entgegen. Ich bin Kommissar Stahls Kollegin und ebenfalls mit dem Fall befasst.«
»Wissen Sie, ich versuche es auf seinem Handy.«
»Ach, Sie haben die Nummer, Frau …?«
»Ja, danke.«
Ich legte schnell auf und holte tief Luft. Ich hatte einfach keine Lust, der Kommissarin zu erklären, wer ich war, wieso ich
in der Wohnung von Sabine Winterberg wohnte, die leider in Patagonien nicht erreichbar war, dass ich wirklich keine Ahnung
hatte, wer die Bloggerin sei (gleiche Lüge, neuer Empfänger), und alle weiteren Details, nach denen diese Frau mit der klirrend
frostigen Stimme bestimmt fragen würde. Zum Beispiel, woher ich die Information über Funks Aufenthalt hatte. Wenn ich mir
schon unsicher war, wie Stahl meine Einmischung werten würde, wollte ich über die Reaktion der Eisprinzessin gar nicht erst
nachdenken.
Ich tippte Stahls Handynummer.
»Ja?«
»Kommissar Stahl?«
»Ja.«
Seine Stimme klang genervt, soweit ich das beurteilen konnte.
»Lulu Martin. Ich bin die …«
»Ich weiß, wer Sie sind.« Die Stimme hatte einen etwas freundlicheren Tonfall angenommen. Oder bildete ich mir das nur ein?
»Hat Frau Winterberg sich gemeldet?« Jetzt schwang eindeutig Hoffnung mit.
»Nein, leider nicht.«
»Schade.«
Eine Pause entstand. Seine Frage hatte mich aus dem Konzept gebracht, ich
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