Blogging Queen - Profijt, J: Blogging Queen
die Polizei«, sagte ich.
Sein bisher vollkommen entspanntes Lächeln fiel in sich zusammen. Er runzelte die Stirn und blickte mich aus seinen irritierend
grünen Augen unter den dunklen Augenbrauen grimmig an. Geschätzte hundertdreißig Kilo Ärger. Ich fühlte mich unbehaglich und
zog einen Umzug in meine eigene Wohnung nun doch ernsthaft in Erwägung. Auf keinen Fall wollte ich dabei sein, wenn er wirklich
wütend wurde.
»Warum sollte die Polizei dir eher glauben, dass du ein Anrecht auf diese Wohnung hast, als mir?«, fragte er nach einer Weile.
»Weil ich schon seit einigen Wochen hier wohne und …«
Ich hatte sagen wollen, dass das sogar ein Kommissar des Landeskriminalamtes bezeugen konnte, aber das stimmte so natürlich
nicht. Stahl hatte mich zwar hier angetroffen, aber über die Rechtmäßigkeit meines Aufenthaltes wusste er nichts. Und wenn
irgendjemand genauer untersuchen wollte, wer ich war und was ich in dieser Wohnung tat, kam vermutlich recht schnell heraus,
dass ich Millies Blog führte, dessen Betreiberin Stahl unbedingt sprechen wollte. Dann würde mein ganzes Lügengebäude in sich
zusammenfallen, und Stahl würde mich wegen Behinderung der Justiz verklagen. Mindestens. Das wollte ich auf gar keinen Fall.
»Ich jedenfalls habe eine SMS von Sabine, die mir erlaubt, hier zu wohnen. Und der Hausmeister aus dem Erdgeschoss kennt mich
seit Jahren und weiß, dass ich einen Schlüssel habe.«
Ich ließ mich auf die Couch fallen und schloss die Augen. »Im Gästezimmer wohne ich.«
Der Riese grinste. »Kein Problem, Sabines Bett ist schön groß, da passe ich wenigstens rein.«
Ich stand auf und verabschiedete mich von SergeantPepper. Bevor ich im Gästezimmer verschwand, drehte ich mich noch einmal um. »Wenn du Seilchenhüpfen willst, nur zu. Mich
stört das nicht.«
Sein Grinsen wurde noch etwas breiter.
»Übrigens: Wie heißt du eigentlich?«
»Stefan.«
»Lulu.«
»Sehr angenehm.« Sein Lachen zeigte ebenmäßige, weiße Zähne, die Augen blitzten, und die Stimme kam durch das Zimmer geschwebt
wie ein träge im Luftzug wehender Seidenschal, der sich um meine Schultern legte und mich hauchzart einhüllte …
Ich schüttelte den Kopf, um diese lächerliche Fantasie loszuwerden, und schlich ins Gästezimmer. Immerhin hatte ich mein eigenes
Bad.
Ich schlief schlecht, träumte wirres Zeug von Stefan, der mich mit seiner samtigen Stimme wie ein Schlangenbeschwörer auf
einem Springseil tanzen ließ, von Thomas, der in einem See aus bunten Cocktails auf mich zuwatete und zu ertrinken drohte,
von Kommissar Stahl und einer Eisprinzessin, die auf einem Eisbären neben Stahl einherritt und von ihm mit »Schatz« angeredet
wurde. Dazwischen mischten sich die Gesichter von Funk, der hinter jeder Ecke lauerte, um dann wieder weg zu sein, und Jasmin,
die statt Funk hinter all diesen Ecken auftauchte – in inniger Knutscherei mit Jake.
Erholsam war das alles nicht, und so war ich morgens gegen acht Uhr in nicht viel besserer Verfassung als am Abend zuvor.
Ich zog mich an, machte mir einen Kaffee, schnappte mir Sergeant Peppers Leine und ging zwei Stunden mit ihm am Rhein entlang.
Erst dann hatte ich den Eindruck, wieder einigermaßen klar denken zu können,und traute mich zurück nach Hause – wo ich sehnsüchtig erwartet wurde.
»Hast du Brötchen mitgebracht?«, empfing mich die Samtstimme schon, als ich die Tür aufschloss.
Heute trug Stefan Jeans und – ich traute meinen Augen kaum – einen rosaroten Zopfpullover aus Baumwolle. Der Pullover spannte
etwas über seiner breiten Brust und an den Oberarmen. Er war barfuß (ich würde aus Angst vor Fußpilz keinen einzigen nackten
Fuß mehr auf den Boden dieser Wohnung setzen) und hockte mit angezogenen Beinen im Ledersessel. In der linken Hand hielt er
eine Espressotasse, in der rechten das Buch, das Jasmin mir geschenkt hatte. Den Frauenratgeber.
»Nein.«
»Hast du schon gefrühstückt?«
»Nein.«
»Was hattest du denn zum Frühstück geplant?«
»Nichts.«
»Frühstückst du mit mir, wenn ich etwas besorgen gehe?«
Ich erstarrte bei dem, was ich gerade tat. Das gefiel Sergeant Pepper gar nicht, denn ich trocknete gerade seine vom Regenschauer
nassen und schmutzigen Pfoten ab. Er hüpfte auf drei Beinen hin und her und versuchte, mir das vierte zu entziehen.
»Es regnet«, informierte ich ihn.
»Ich weiß. Also, würdest du?«
»An was hattest du denn gedacht?«, fragte
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