Blond und gefährlich
betrat. Mein Gemüt krampfte sich sofort zusammen, stöhnend und sich
hilflos windend unter der von den optischen Nerven übermittelten Botschaft. Liz
trug einen mit horizontalen, vielfarbigen Streifen versehenen eng anliegenden
Hausanzug, der aus irgendeinem Stretchstoff gemacht sein mußte. Wenn sie
wippte, wippte der Anzug mit; wenn sie wackelte, wackelte der Anzug mit. Der
Gesamteindruck war weniger psychedelisch als ganz schlicht sexy.
Sie stellte das Tablett mit den
Gläsern auf das Kaffeetischchen und blickte sich dann um. »Was ist aus Gil
geworden?«
»Er ist gegangen«, sagte ich.
»Er hat irgendwas davon gemurmelt, er müsse den alten Hillbrand mit zwei
Callgirls für die Nacht versorgen.«
Ihre volle Unterlippe wölbte
sich langsam nach außen. »Der Meisterdetektiv hat sich geradewegs an die Arbeit
gemacht! Der durchsichtige Scherz, der die Verdächtige warnen soll, daß das Argusauge
bereits eine wahre Goldgrube brisanter Informationen aufgedeckt hat und die
Verdächtige gut daran tut, sich eine saubere Weste zu besorgen, da sie sonst
noch vor Anbruch des Morgens in der Gaskammer landen wird!«
»Welches ist mein Glas?« fragte
ich.
Sie nahm zwei Gläser vom
Tablett und brachte sie zur Couch herüber. Die vielfarbigen Streifen wippten
und wackelten, als sie sich neben mir niederließ und mir meinen Drink gab.
»Haben Sie Gil gesagt, wer Sie
sind? Ist er deshalb gegangen?«
»Nein«, sagte ich
wahrheitsgemäß. »Er glaubte, ich müsse der verheimlichte Mann in Ihrem Leben
sein, von dem Sie nie erzählt haben. Und ich riet ihm, seine Nase nicht in
unser gemeinsames Privatleben zu stecken. Daraufhin wurde er aus irgendeinem
Grund wild und verschwand.« Sie lachte kehlig. »Er wird den Rest der Woche
nicht mehr mit mir sprechen. Er ist immer so sicher gewesen, daß es zwischen
uns niemals Geheimnisse geben könne.«
»Ist er schwul?« fragte ich
geradeheraus.
Ihr Gesicht wurde nüchtern.
»Das habe ich mich selber schon gefragt. Eher bisexuell, würde ich meinen. Er
ist mir nie zu nahegetreten, solange ich ihn kenne, aber das kann ebensogut bedeuten, daß er einfach nichts von der
Vermischung von Geschäft mit Vergnügen hält.«
»Der Hausanzug macht mich
einfach verrückt«, erklärte ich ihr.
»Spielen Sie immer so den
Konversations-Hüpffrosch wie jetzt?« Sie lächelte hinterhältig. »Wie dem auch
sei, ich freue mich, daß Sie zu erkennen beginnen, was für eine Gelegenheit Sie
sich gestern abend entgehen ließen.«
»Vielleicht sollte ich meine
Erinnerung auffrischen.« Ich nahm die Fotos aus der Tasche, legte ihr Bild
obenauf und betrachtete es dann intensiv.
»Glauben Sie, man könnte auf
gerechtfertigten Totschlag plädieren, wenn ich Ihnen jetzt sofort den Schädel
einschlüge?« fragte sie mit unheildrohender Stimme.
»Plädieren Sie auf
Gedächtnisverlust«, sagte ich. »Sie können genügend Beweise dafür beibringen.«
»Gehört das zu den mehr
finsteren Andeutungen des Meisterdetektivs?«
»Sie vergaßen völlig, mir von
dem Glenn-Thorpe-Gemälde zu berichten, das Sie im letzten Februar um den
Schleuderpreis von zweitausend Dollar erworben haben«, sagte ich.
»Und damit bin ich eine
Mörderin?« fragte sie mit spöttischer Stimme.
»Ich werde mit Ihnen einen
Gedächtnistest anstellen.« Ich entfächerte die Fotos
wie ein Kartenspiel und zeigte auf das erste. »Wer ist das?«
»Ich hoffe, es läßt sie das,
was Sie gestern nacht abgelehnt haben, noch besser
würdigen.«
»Und das hier?«
»Iris Mercer.« Sie kicherte.
»Ich habe bisher gar nicht gewußt, daß eine Bohnenstange sexy aussehen kann.«
»Wie steht’s mit Nummer drei?«
Ich zeigte ihr das Bild von der rundlichen, langhaarigen kleinen Blonden.
Sie betrachtete das Bild ein
paar Sekunden lang eingehend und schüttelte dann den Kopf.
»Völlig fremd. Sie sieht aus,
als amüsiere sie sich schon genügend, ohne auch noch einen Partner nötig zu
haben.« Ich zeigte ihr das letzte Foto, und der Atem stockte ihr ein paar
Sekunden lang. »Wie wär’s mit einem Namen?« schlug ich vor.
»Natalie Lloyd!« Sie schüttelte
schnell den Kopf. »Ich kann’s nicht glauben, selbst wenn ich’s sehe!«
»Sie haben das Ganze ein
bißchen überzogen.« Ich steckte die Fotos wieder in die Tasche und nahm mein
Glas vom Boden auf. »Sie hätten erstaunt — aber nicht so erstaunt sein
sollen!«
»Ich verstehe Sie schon wieder
nicht«, sagte sie mit spröder Stimme. »Wie wär’s, wenn Sie mir das Ganze nett
und einfach
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