Blondine ehrenhalber
tauchte eine Woche später im Moonburst auf«, erzählte Benji weiter. »Nach zirka fünf Minuten hatte er herausgefunden, dass ich keine besondere Stellung im Moonburst-Imperium innehatte. Ich war bereit, alle Lügen zuzugeben, aber Chick meinte: >Wenn ich jetzt schon einmal hier bin und ein Pfund von den Bohnen dabeihabe, können wir doch einen Versuch machen.< Ich hatte Verbindungen zu einem regionalen Einzelhandelsdirektor in Seattle. Allmählich begeisterte ich mich für die Idee. Um unseren neuen Pakt zu begießen, brühten Chick und ich eine Kanne von dem Pfund gerösteter Bohnen auf, die er geschmuggelt hatte — er hatte auch einige rohe Bohnen für, wie er sagte, seinen persönlichen Gebrauch dabei — , und setzten uns zusammen, um eine Strategie auszuarbeiten. Ich nippte einmal von dem Gebräu und kippte fast um, so raste mein Herz und so schoss das Blut durch meine Adern aufgrund des Koffeingehalts. Außerdem schmeckte er furchtbar. Unter keinen Umständen würde das Moonburst Kaffee verkaufen, der so miserabel schmeckte.«
»Da bin ich aber anderer Ansicht«, schaltete sich Frank ein.
»Du hast diesen Kaffee noch nicht probiert«, gab Benji zurück. »Ich sagte zu Chick, dass wir das Kaffee-Projekt begraben müssten. Und weil ich ein schlechtes Gewissen wegen der ganzen Angelegenheit hatte, bot ich ihm an, dass er bei mir wohnen könnte. Er war ein höflicher Gast, aber nach einigen Tagen wollte ich meine Privatsphäre wiederhaben. Außerdem ging er mir auf die Nerven. Er hing im Moonburst herum und erzählte meinen Gästen von seinen Wunderbohnen. Immer wieder kam er hinter die Theke und nahm sich Kostproben von Kaffee und Gebäck, bis meine Geduld am Ende war und ich ihn bat zu verschwinden. Anscheinend ist er dann vor eurer Tür gelandet.«
»Wo ist das Pfund geröstete Bohnen?«, fragte Frank. Den Vorrat an ungerösteten Kaffeebohnen musste Chick selbst aufgegessen und so eine Überdosis erwischt haben, abzüglich der Bohnen, die Matt Frank gegeben hatte.
»Chick hat das meiste davon behalten. Zirka ein Viertelpfund ließ er mir als Probe da, für den Fall, dass ich meine Meinung änderte. Ich sperrte es in den Safe, Chick wollte es nie zurück. Ich nehme an, es liegt immer noch da.«
»Gibst du es uns?«, bat Frank. Sie war neugierig, wie das Gebräu schmeckte.
»Leider befinden sich die Safeschlüssel zurzeit irgendwo im Abwassersystem von New York City«, erklärte Benji.
Amanda kicherte. »Tut mir Leid.«
Frank hatte keine Ahnung, wovon sie sprachen. Aber es war ihr eigentlich auch egal. »Wir können den Safe jederzeit knacken«, sagte sie laut zu sich selbst.
»Erzähl mir mehr von Chick«, sagte Amanda. »Als er bei dir wohnte, hat er da lang geschlafen? Ist er bei Tagesanbruch aus dem Bett gesprungen? Kochte er sich etwas oder aß er Zerealien aus der Schachtel? Hat er gelesen, bevor er ins Bett ging? War er ein ordentlicher Mensch?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Benji.
»Wieso weißt du das nicht? Ihr habt doch einige Tage zusammen gewohnt?«
»Ja, aber in der Zeit bekam ich ihn hier kaum zu Gesicht. Ich verlasse gegen 6 Uhr das Haus, um den Laden aufzumachen, und da war er noch nicht wach. Er hat meine Lebensmittel gegessen, Pasta, Hühnchenreste, Obst, Getreide, Eier — aber ich weiß nicht, ob er es aus dem Topf oder von einem Teller aß. Normalerweise räumte er seine Sachen auf. Und ob er las, bevor er ins Bett ging, weiß ich nicht, denn ich liege um 22 Uhr in der Falle.«
»Hast du in deinem Zimmer geschlafen?«
»Da vorne. Ich bin gekommen, habe meine Tür zugemacht, und das war’s dann für die Nacht.«
»Wo hat Chick geschlafen?«, wollte Amanda wissen.
»Auf der Couch.«
»Auf dieser Couch? Das ist doch eher ein s-förmiges Sofa. Wie hat er das denn gemacht? Er war gut über einen Meter achtzig groß.«
»Ich weiß es nicht«, sagte Benji. »Darüber habe ich nie nachgedacht.«
»Zuerst schlief er auf einer äußerst unbequemen Couch und dann bei uns auf dem Kellerboden. Seine letzten Nächte müssen qualvoll und unruhig gewesen sein. Er suchte sich Essen zusammen, wo er konnte, war hungrig, verzweifelt und sehnte sich nach menschlicher Wärme. Er jagte seinen Träumen hinterher, die sich nie realisieren lassen würden.«
»Du tauchst ihn in ein zu romantisches Licht«, unterbrach Frank ihre Schwester.
»Warum sagst du das?«
»Ich bekomme allmählich ein anderes Bild von Chick.«
»Welches?«
»Er war ein Schmarotzer.«
Amanda rang nach Atem. »Er war
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