Blood - Ein Alex-Cross-Roman
Kanone.«
Anschließend verließ er den Schlachterladen, und von da an war er der Schlachter von Sligo. In seinem achtzehnten Lebensjahr, drei Tage vor Weihnachten, kam er zurück und brachte seinen Vater um. Nicht mit einer Pistole, wie versprochen. Mit einem Schlachtermesser des Alten, als Andenken machte er ein paar Polaroidfotos.
58
Draußen in Maryland, wo er heutzutage lebte, schulterte Michael Sullivan einen Baseballschläger. Aber nicht irgendeinen Schläger, sondern einen Louisville Slugger, mit dem die Yankees 1986 ein Spiel bestritten hatten. Trotzdem … scheiß auf den Sammlerwert. Dieses harte Stück Eschenholz wollte benutzt werden.
»Alles klar«, rief Sullivan in Richtung Wurfmal. »Dann wollen wir mal sehen, was du bringst, mein Großer. Mir zittern schon die Knie. Los, zeig, was du draufhast.«
Kaum zu glauben, dass Mike Junior in seinem Alter schon eine so flüssige und gute Wurfbewegung hatte, aber so war es. Und sein Changeup, also ein besonders langsam geworfener Ball, war ein kleines Kunstwerk. Sullivan erkannte ihn nur deshalb, weil er dem Jungen diesen Wurf persönlich beigebracht hatte.
Trotzdem war er nicht bereit, irgendwelche Almosen an seinen ältesten Sohn zu verteilen. Das wäre eine Beleidigung für den Jungen gewesen. Er ließ dem Wurf also genau die zusätzlichen Sekundenbruchteile, die er brauchte, setzte den Schwung an und traf den Ball mit einem zufriedenstellenden Krachen. Er stellte sich vor, der Ball sei der Kopf von John Maggione Jr.
»Und weg ist er!«, rief er. Dann lief er um der Show willen die Schlagmale ab, während Seamus, sein Jüngster, über den Maschendrahtzaun des Sportplatzes kletterte und den Home-Run-Ball wieder einsammelte. »Gut gemacht, Dad!«, schrie er und reckte den abgewetzten Ball an der Stelle in die Höhe, wo er gelandet war.
»Dad, wir müssen gehen.« Sein mittlerer Sohn Jimmy hatte bereits den Fanghandschuh und die Maske ausgezogen. »Wir müssen um halb sieben los. Weißt du noch, Dad?«
Jimmy war, was den heutigen Abend betraf, fast genau so aufgeregt wie Sullivan selbst. Er hatte Eintrittskarten für U2 besorgt, die auf ihrer Vertigo-Tournee in der 1st Mariner Arena in Baltimore spielten. Das würde ein schöner Abend, ein Familienausflug, den er ertragen konnte.
Auf der Fahrt zum Konzert begleitete Sullivan das Autoradio mit seinem Gesang, so lange, bis die Jungen anfingen zu stöhnen und sich auf der Rückbank über ihn lustig machten.
»Ihr müsst wissen, Jungs«, sagte Caitlin, »euer Vater hält sich für den zweiten Bono. Dabei klingt er eher nach … Ringo Starr?«
»Eure Mutter ist bloß neidisch«, lachte Sullivan. »Ihr Jungs und ich, wir haben gehaltvolles, irisches Blut in den Adern und sie bloß sizilianisches.«
»Ja, genau. Eine Frage: Was schmeckt euch besser: italienisch oder irisch? Fall erledigt.«
Die Jungen johlten und klatschten sich gegenseitig ab. Ein Punkt für ihre Mutter.
»Hey, was ist denn das, Mom?«, meldete sich Seamus zu Wort.
Caitlin wandte den Kopf und zog ein schmales, silbernes Klapp-Handy unter dem Beifahrersitz hervor. Sullivan sah es und spürte sofort ein Ziehen im Magen.
Das war Benny Fontanas Handy. Sullivan hatte es an dem Abend, als er bei ihm war, mitgenommen und hatte es seither überall gesucht. So viel zum Thema Fehler.
Fehler werden dein Tod sein.
Er hielt seine Miene vollkommen unter Kontrolle. »Ich wette, das gehört Steve Bowen«, log er.
»Wem?«, wollte Caitlin wissen.
»Steve Bowen. Einer meiner Klienten. Ich habe ihn kürzlich mal zum Flughafen gefahren.«
Caitlin machte ein verwirrtes Gesicht. »Und warum hat er nicht danach gesucht?«
Weil er gar nicht existiert.
»Wahrscheinlich, weil er in London ist.« Sullivan improvisierte weiter. »Leg es einfach ins Handschuhfach.«
Jetzt, wo er das Handy hatte, wusste er genau, was er damit anstellen wollte. Um ehrlich zu sein, er konnte es kaum erwarten. Er brachte seine Familie so dicht wie möglich vor die Halle und hielt am Straßenrand an.
»Bitteschön, bis vor den Eingang. Das nenne ich Service. Unschlagbar. Ich suche schnell noch einen Parkplatz, dann treffen wir uns drinnen.«
Es dauerte nicht lange, bis er ein Parkhaus mit freien Stellplätzen gefunden hatte. Er fuhr bis hinauf auf das oberste Deck, um ein bisschen mehr Privatsphäre und ein verlässliches Handysignal zu bekommen. Die Nummer, die er brauchte, war im Adressbuch des Telefons verzeichnet. Er drückte die entsprechenden Tasten. Das wird gut.
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