Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
können. Beim ersten Bild war die Haut roh und rot, als hätte jemand ein Brandeisen daraufgepresst.
»Wow!« Kiera war sichtlich beeindruckt. »Davon hat er mir auch erzählt. Er versucht, die Brücke zu finden, nicht wahr? Versucht, trotz der Schutzmaßnahmen eine Brücke zu bauen?«
Ich nickte und zwang mich, die Zähne zusammenzubeißen. »Das hat er gesagt. Vielleicht bedeutet das, dass er sie gefunden hat.« Ich ballte die Hände zu Fäusten und versuchte verzweifelt, den Schmerz auszublenden, der so intensiv war, dass mir schon ganz schwarz vor Augen wurde.
»Und nun?«, fragte Kiera.
»Jetzt verschwinde ich.« So sehr mir dieses Beam mich rauf, Scotty auch missfiel, so praktisch war es andererseits. Als Doppelagentin eine Partnerin aufs Auge gedrückt zu bekommen war ziemlich lästig, aber glücklicherweise steckte sie nicht mit in meiner Haut. Sie würde nicht mit über die Brücke kommen können. Egal, welche Aufgabe mich auf der anderen Seite erwartete - ich konnte sie ohne Aufpasser erledigen.
Wenigstens eine Zeit lang brauchte ich nicht auf der Hut zu sein. Ich Superglückspilz.
»Du musst mich festhalten, bis ich drüben bin«, erklärte ich. »Auf diese Art finde ich wieder zurück.«
Sie sah mich ein wenig besorgt an, und ich muss zugeben, ich war kleinlich genug, mich an ihrem Unbehagen zu weiden. Immerhin war sie bis jetzt in unserem dynamischen Duo eindeutig die Coolere gewesen. Nun war es an mir zu beweisen, wie super ich meine Superbraut-Routine abspulen konnte.
Sie nahm meine Hand, und Rose packte mich hinten am T-Shirt. »Mach dir keine Sorgen«, bat ich sie.
»Komm ja wieder zurück!«, fuhr sie mich an.
Im ersten Moment dachte ich, das sei eine Warnung von Johnson, aber da sprach nur meine kleine Schwester, die mich unbedingt wiederhaben wollte. Ich lächelte. »Ich schwör’s dir! Ich bin schneller wieder da, als du bis zehn zählen kannst.«
Das stimmte natürlich nicht ganz. Die Brücke überwand Raum, nicht Zeit, und wenn ich eine Weile brauchte, bis ich das Relikt gefunden hatte, würden die beiden einfach rumstehen und Babysitter für einen glühenden Wirbel spielen. Vermutlich sollten wir uns einen etwas abgeschiedeneren Ort suchen.
»Toilette«, murmelte ich. Wir bahnten uns einen Weg und drängten uns gemeinsam in die Behindertenkabine, ohne auf die neugierigen Blicke der Mädchen zu achten, die vor dem Spiegel Kleider und Röcke zurechtzupften.
»Jetzt zisch schon ab!«, drängte Kiera. Ich war mir nicht sicher, ob sie darauf brannte, mich meine Show abziehen zu sehen, oder ob sie nur aus der engen Kabine rauswollte.
Ich presste die Hand auf das noch immer schmerzende Mal, holte tief Luft und wartete auf das Reißen an meiner Taille und das Gefühl, an der Nabelschnur in eine andere Welt geschleudert zu werden.
Aber es kam nicht.
»Nichts.« Ich hob die Hand und presste die Handfläche nochmals auf das Symbol. »Verdammt! Da passiert nichts.«
Kiera seufzte. »Dann komm!«, sagte sie in einem Tonfall, als sei sie mit einer unverbesserlichen Verliererin geschlagen. »Fahren wir zu Clarence.«
13
Zanes Kellergeschoss sah aus wie immer. Der Trainingsring in der Mitte. Die grauen Schränke voller ungewöhnlicher und tödlicher Waffen. Der Mann selbst, dunkel und groß, mit der Anmut einer Katze und einer beeindruckenden Sinnlichkeit.
Der einzige Unterschied - abgesehen von Rose’ und Kieras Anwesenheit - war der große rote Kreis auf dem Boden.
»Das ist nur Farbe, oder?« Im Grunde genommen war es eine blöde Frage. Wenn es Blut gewesen wäre, hätte ich es gerochen. Wenn es Blut gewesen wäre, hätte mich schon längst die Gier gepackt.
Ich sah zu Clarence, der gerade um ihn herumging und irgendwas vor sich hin murmelte. »Und was genau ist das jetzt?«
»Die Brücke, ma chere«, erklärte Zane, »ist der Pfad zu deinem Ziel.«
Hinter ihm kauerte Rose auf einer Bank, den Kopf hatte sie auf die Knie gelegt. Bei seinen Worten schaute sie allerdings hoch. Ihr stechender Blick erinnerte mich an einen Wolf. An ein Raubtier. Und der Wolf hatte irgendetwas erspäht.
»Ich dachte, ich sei die Brücke«, wunderte ich mich. »Ich dachte, ich sei durch das Portal auf den Tätowierungen gereist.«
»Die Schutzvorkehrungen«, erwiderte Clarence. »Durch dich kommen wir nicht mehr hin. Jetzt bist du das Navigationssystem, nicht mehr der Zug.«
»Aber ich hab es doch schon einmal geschafft«, beschwerte ich mich. »Ich bin durch meinen Arm abgetaucht und habe diese
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