Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
Madame Parrish auf. »Und Sie sind wegen mir gekommen.«
Ich legte den Kopf auf die Seite. »Woher wissen Sie das?« Ich hatte einen Geheimnishüter getötet und seine Essenz absorbiert. Eigentlich hätte sie nicht mehr in der Lage sein sollen, meine Gedanken zu lesen.
Sie lachte. »War nur geraten. Keine Bange! Ihre Geheimnisse sind in Sicherheit.« Sie streckte mir die Arme entgegen. »Schön, Sie wiederzusehen, Lily!«
»Wieso wissen Sie über mich Bescheid?« Ich war mir sicher, dass sie Bescheid wusste - dass sie sogar mehr wusste als das, was sie beim ersten Besuch in meinem Kopf gesehen hatte. Und obwohl ich mich vor ihr eigentlich in Acht nehmen sollte, tat ich es nicht. Ich war überzeugt, sie stehe auf meiner Seite, und falls ich mich irrte, wollte ich es nicht wissen. Eine Verbündete zu haben, auch wenn sie schon neunzig war und sich in einem Tätowierungsstudio versteckte, verschaffte mir ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit.
»Ich weiß vieles«, sagte sie nur. Ich bohrte nicht weiter nach. Dann wäre sie womöglich gegangen, und ich hätte nur noch zuschauen können, wie Rose tätowiert wurde. »Sie ist Ihre Schwester?«
Ich nickte. Rose kletterte gerade auf die Liege. »Wegen ihr bin ich hier. Hauptsächlich zumindest.«
»Ich verstehe.« Madame Parrish stand auf. »Die Nacht ist schön, und vor dem Laden steht eine Bank. Sollen wir rausgehen und uns den Sternenhimmel anschauen?«
Ich folgte ihr nach draußen, dankbar, dass sie mein Bedürfnis nach Ungestörtheit verstand. Ich machte mir zwar Sorgen, Johnson könnte sich zeigen und den Künstler erschrecken, andererseits gab es eigentlich keinen Grund, warum er das tun sollte. Meine Sorge war nicht viel mehr als ein kleiner Anfall von Paranoia. Und selbst der verblasste, als wir die Tür erreicht hatten. Rose war auf der Liege eingeschlafen.
»In ihr steckt ein Dämon«, sagte ich leise, als wir uns auf der Bank niedergelassen hatten. »Ich muss einen Weg finden, wie ich ihn beseitigen kann.«
Madame Parrish legte mir eine Hand aufs Knie. »Das tut mir sehr leid. Für Sie und für das Kind. Und noch mehr bedaure ich, was ich Ihnen mitteilen muss.«
»Was?«, fragte ich und unterdrückte mit aller Macht meine Angst.
»Einen Dämon, der nicht vertrieben werden will, kann man nicht vertreiben. Ein zweiter Dämon könnte sich dazugesellen und den ersten vielleicht in einen Kampf verwickeln, aber die Seele Ihrer Schwester ...« Kopfschüttelnd ließ sie die Worte verhallen. »Sie würde solch einen Krieg nicht überleben.«
»Oh.« Ich holte tief Luft, fest entschlossen, nicht in Tränen auszubrechen. »Dann war’s das. Mir bleibt nichts übrig, als auf Johnsons Forderungen einzugehen. Und zu hoffen, dass er sein Versprechen hält.«
»Auf das Wort eines Dämons würde ich nicht viel geben«, erwiderte sie.
»Tu ich auch nicht. Aber das alles hört sich ja nicht so an, als hätte ich eine Wahl.«
»Sie bekommen den Dämon nicht aus Ihrer Schwester heraus, aber vielleicht gibt es eine andere Möglichkeit.«
Ich sah sie an, verwirrt, neugierig, voller Hoffnung. »Welche?«
Sie deutete auf mich.
Ich fuhr zusammen, als ich begriff, was sie da andeutete. »Ich soll Rose einen neuen Körper besorgen? Aber...« Selbst wenn ich wüsste, wie ich einen Austausch bewerkstelligen sollte, ich müsste dafür jemanden töten. Eine andere Seele verjagen, damit Rose eine neue Bleibe fand. »Das könnte ich nicht. Ich ...«
»Ich zähle nur die Möglichkeiten auf, mein Kind. Sie können den Kampf nicht gewinnen, solange Sie nicht alle Regeln kennen.«
»Ich könnte das nicht tun«, wiederholte ich. »Ich könnte niemandem das Leben nehmen. Nicht einmal für Rose.«
Madame Parrish strahlte übers ganze Gesicht. »Die Dunkelheit, die Sie verzehrt«, sagte sie, »die Dunkelheit, die Sie fürchten ... Ich glaube, sie hat Ihr Herz noch nicht abstumpfen lassen.«
»Danke«, flüsterte ich, und obwohl mich ihre Worte freuten, bereiteten sie mir auch Kummer. Denn ich war gekommen in der Hoffnung, Rose retten zu können, und jetzt erkannte ich, dass ich ohne Antworten wieder gehen musste. Mir blieb nur, Johnsons Spiel weiter mitzuspielen.
»Sie sind noch aus einem anderen Grund gekommen«, fuhr Madame Parrish fort und musterte mich.
»Stimmt. Ich brauche Hilfe. Für mich. Wegen meiner Visionen.« Ich wartete auf eine Entgegnung, doch sie sagte nichts, also sprach ich weiter. »Der andere bekommt sie mit. Das möchte ich nicht.«
»Sie möchten sich
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