Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen
zurückbekam.
»Wirklich nicht?«, hakte ich nach, da Zane noch nicht geantwortet hatte.
»Gehst du heute Nacht auf die Jagd?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ins Pub, und danach mit Gracie was trinken.« Ich senkte den Blick. Plötzlich war es mir peinlich, als ob es blöd wäre, wenn einer Superkillerbraut solche Sachen wichtig sind. Clarence wäre bestimmt dieser Meinung. Zane hingegen ...
Zane lächelte nur und trat auf mich zu. Die Luft zwischen uns begann zu knistern. Er nahm meine Hand, und beinahe hätte ich in seinen Kopf geschaut, um ein bisschen tiefer vorzudringen als das vorherige Mal.
Damals hatte ich nur Traurigkeit gesehen, aber ich hatte den Ausflug schnell abgeblasen aus Angst, er könnte mich bemerken. Jetzt wusste ich, dass diese Traurigkeit vom Gewicht der Unendlichkeit herrührte, das auf ihm lastete. Ein Gewicht, das ich schließlich ebenfalls kennenlernen sollte, das mir damals jedoch als unwirklich erschienen war.
Für Zane jedoch war es mehr als wirklich - ewig zu leben, noch dazu beschränkt auf dieses kleine Kellerloch. Er hatte eine Abmachung getroffen, wie er mir verraten hatte: Wenn er Krieger ausbildete, würde er seine Sterblichkeit zurückerhalten. Irgendwann würde man ihm erlauben zu sterben.
Die wahre Hölle, die er durchlitt, war jedoch der innere Zwiespalt, in dem er sich befand: Nachdem er nun so lange gelebt hatte, versetzte ihn die Aussicht zu sterben ebenfalls in Angst und Schrecken. Er saß in der Falle, gefangen zwischen dem Wunsch, seine Verweildauer auf Erden zu beenden, und der Furcht vor dem, was danach auf ihn zukommen würde.
Meine Ängste im Zusammenhang mit der Unsterblichkeit waren eher praktischer Natur. Mich erschreckte die Vorstellung, wie Zane auf ewig in einem Käfig gefangen zu sein. In einem aufgemotzten Souterrain mit Fernsehen und Internet würde ich das noch überstehen, doch was ich wirklich fürchtete, war, zerstückelt in einer engen Holzkiste zu landen. Keine Arme mehr. Keine Beine mehr. Nur ich und meine Gedanken. Bis ans Ende der Zeit.
Mich überlief ein Schauder.
Falls Zane mein Unbehagen auffiel, so sagte er nichts. »Schön, dass du mit deinen Freunden ausgehst, ma chere.« Er strich mir leicht über die Wange. Die bloße Berührung ließ all meine Sinne entflammen. Zane war die personifizierte Sexualität, ein unsterblicher Inkubus, dessen Essenz ich in mich aufgesaugt hatte. Und dieses Verlangen machte mich ganz kribblig. Mir wurde ganz heiß. Ich begehrte ihn. Seine Küsse, seine Berührungen. Und doch begehrte ich ihn nicht, denn ich wusste, das war alles nicht wirklich. Es war die Ausstrahlung des Inkubus, diese Gefühlswolke, die ich den Männern über den Verstand stülpte, an deren Körper ich mich in den Klubs schmiegte. Es war falsche Lust, vorgetäuschte Betörung.
Aber ich wollte nicht so tun, als ob. Ich wollte echte Gefühle. Meine Gedanken galten nicht Zane, sondern Deacon. Einem Mann, dem ich immer noch nicht vertraute, der meinen Körper aber dennoch zum Dahinschmelzen brachte. Vielleicht war es töricht, ihn so sehr zu begehren, doch meinen Gefühlen hatte ich nichts entgegenzusetzen.
»Zane...«
»Ich weiß, ma petite! Er lässt dich immer noch nicht los, dieser andere Mann, dessen Namen du nicht nennen willst.«
Ich benetzte meine Lippen. Ich wollte es ihm sagen. Alles. Und abwarten, ob der Eindruck, den ich von ihm allmählich gewann, richtig war - dass er Clarence gegenüber nicht mehr Loyalität empfand als ich. Dass er mich, wenn er von meinem wahren Kampf erfuhr, noch stärker unterstützen würde.
Doch ich brachte es nicht über mich und lächelte stattdessen nur. »Mit ihm gehe ich heute Nacht nicht aus. Nur mit Gracie. Und ein paar Freunden.«
»Und ich wiederhole: Schön für dich.« Er zwirbelte eine meiner Haarsträhnen zwischen den Fingern. Die Traurigkeit, die ihm ins Gesicht geschrieben stand, brach mir fast das Herz.
»Ich wünschte, du könntest mitkommen«, sagte ich.
»Ach, cherie, ich auch. Ich auch, sehr sogar.«
Ich überließ ihn seiner Melancholie, wusste aber, dass er über Rose wachen würde. Und ich war zuversichtlich, dass Johnson sich in Zanes Anwesenheit ruhig verhalten würde. Doch als ich den Flur zur Tür entlanglief, die auf die dunkle Seitenstraße führte, von der aus man in Zanes Kellergeschoss gelangte, da wurde mir klar, dass ich keine große Lust hatte, mit Freunden auszugehen. Ich hatte viel mehr Lust zu töten. Das Dunkel und die Traurigkeit zu füttern, die in mir
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