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Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen

Titel: Blood Lily Chronicles 02 - Zerrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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gezogen wurde. Auch als ich die Rituale und die Kerzen und die Symbole der Finsternis sah. Als ich erfuhr, dass sie ihr Geschäft mit Blutgeld gestartet hatte und dass sie erst vor wenigen Tagen völlig ausgerastet war und randaliert und ihre Wohnungseinrichtung demoliert hatte, obwohl sie lieber ihr Innerstes verwüstet hätte. Sie hatte es aufgegeben, wie sie gesagt hatte, fühlte sich aber immer noch davon gefangen. Gefangen, verängstigt, verloren.
    Und nun wollte sie fliehen.
    Ein dumpfes Geräusch unterbrach die Verbindung. Ich wich zurück und spürte das scharfe Brennen, das ihre Hand auf meiner Wange hinterlassen hatte. »Verflucht, Alice! Tu das nicht. Nie wieder! Hast du mich verstanden?«
    Ich nickte und hatte nicht vor, noch irgendwas zu sagen. Aber die Worte, die aus mir heraussprudelten, überraschten mich so sehr wie sie: »Ich hin nicht Alice. In Wirklichkeit bin ich gar nicht deine Schwester.«

18
    »Was zum Teufel soll das heißen?« Rachel starrte mich an, als hätte ich völlig den Verstand verloren. Eine Reaktion, die mich nicht sonderlich überraschte.
    »Sie haben sie umgebracht«, erklärte ich. »Egan hat sie an die Dämonen verkauft, und die haben sie umgebracht.«
    »Sie.« Rachel sah mich an, als sei ich verrückt geworden. Ich sah sie im Geiste schon den Notruf wählen, um ihre Schwester abholen zu lassen.
    »Ich bin nicht Alice«, wiederholte ich. Aber noch während ich sprach, fragte ich mich, wieso ich mir überhaupt die Mühe machte. Doch das hier war Alice’ Schwester. Die Frau, die sie geliebt hatte und den Kräften der Finsternis entreißen wollte. Auf ihre Art kämpfte auch sie gegen die Dämonen.
    Vielleicht redete ich mir mein Verhalten auch nur schön. Vielleicht wollte ich einfach nur, dass jemand die Wahrheit kannte.
    Sie wich einen Schritt zurück. »Das ist nicht lustig, Alice! Wenn du glaubst, mit so einer hanebüchenen Geschichte kannst du mich davon abhalten, das Pub zu verkaufen ...«
    »Nein, mir geht es nicht ums Pub. Rachel, bitte! Es ist wahr. Ich heiße Lily Carlyle.« Ich hielt kurz inne. »Mich haben sie auch umgebracht.«
    Sie starrte mich an, und einen Moment lang - einen ganz kurzen Moment lang - dachte ich schon, sie würde mir glauben. Doch dann verfinsterte sich ihr Blick. Sie hielt mir den Finger genau vor die Nase. »Hör sofort auf damit, Alice! Ich habe keine Ahnung, auf was für eine abartige Scheiße du dich da eingelassen hast, aber hör sofort damit auf!«
    Sie riss sich die Schürze vom Leib und schleuderte sie zu Boden. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und stürmte aus dem Lagerraum. Ich atmete tief durch. So viel zu meiner Jungfernfahrt ins Land der bitteren Wahrheiten.
    »Was ist denn Rachel über die Leber gelaufen?«, fragte Gracie, als ich wieder oben war. Ich schüttelte nur den Kopf, zu niedergeschlagen, um mir noch eine plausible Lüge einfallen zu lassen. Sie schüttelte ebenfalls den Kopf, allerdings über meine trübselige Stimmung. »Brian freut sich schon, dich wiederzusehen.«
    Mühsam quälte ich mir ein Lächeln ab. »Toll. Ich kann es gar nicht mehr erwarten.« Aber sie sah mir an, dass ich log. Deshalb erstaunte mich auch ihre offenkundige Enttäuschung nicht, als Sperrstunde war und ich ihr sagte, sie solle schon vorausgehen, ich würde nachkommen.
    »Mensch, Alice ...«
    »Ich muss hier nur noch zusammenräumen. In fünf Minuten bin ich da. Ich schwör s.«
    »Wirklich?«
    »Versprochen! Ich brauche dringend einen freien Abend«, sagte ich, und das stimmte auch. Einen Abend, an dem ich normal sein konnte. Einen Abend, an dem ich mich nicht nach Kampf und Töten sehnte.
    An dem ich nicht hoffte, einem Dämon über den Weg zu laufen, damit ich seine Essenz aufsaugen und mir einen hübschen kleinen Kick von der dunklen Seite holen konnte.
    Ja, ich fuhr total auf den freien Abend ab.
    Selbstverständlich war meine Fünf-Minuten-Schätzung bald hinfällig, denn nachdem ich den Müll rausgebracht hatte, musste ich feststellen, dass nicht alle Gäste das Pub verlassen hatten. Fettsack und Dickwanst waren noch da, genauer gesagt standen sie nebeneinander vor dem Tresen.
    »Sperrstunde, Jungs!«
    »Das hören wir gern«, sagte Fettsack, und noch ehe ich reagieren konnte, hatte er schon ein Messer gezückt und nach mir geworfen. Ich rollte mich seitlich ab, aber zu spät. Es erwischte mich am nackten Arm. Nackt deshalb, weil ich ein Bloody-Tongue-Tanktop trug. Der Geruch meines Bluts regte meine Sinne an und stachelte mich auf.

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