Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung
die Zunge in den Mund und zog mich an sich. Seine wachsende Erektion legte die Vermutung nahe, dass er für praktisch jeden Vorschlag offen war. Die Autofahrer, die vorbeikamen, wurden bei unserem Anblick sofort langsamer und hupten. Zweifellos würde es im Internet von Fotos dieses Polizistenkusses bald nur so wimmeln. Ich hoffte nur, man würde den Ärmsten nicht feuern. Aber da mein vorrangiges Ziel die Verhinderung der Apokalypse war, konnte meine Hauptsorge nun mal nicht seinen beruflichen Problemen gelten.
Die galt meiner Suche nach Deacon, also stieß ich ihn von mir. »Wie wäre es mit ein bisschen mehr Privatsphäre?«
»Bitte«, flüsterte er. Nichts deutete daraufhin, dass er mit sich rang. Nichts deutete an, dass er meinem Vorschlag nicht bereitwillig folgen würde.
Eine gewisse Bitterkeit schwappte in mir hoch, und ich hätte fast laut aufgelacht. Charakterschwacher Knallkopf! Die Richtung, die meine Gedanken gerade nahmen, gefiel mir gar nicht. Ich nutzte diesen Mann aus und beleidigte ihn dann? Was war bloß los mit mir?
Beinahe hätte ich die Verbindung abgebrochen, aber der gesunde Menschenverstand bewahrte mich davor. »Ein Motel«, fuhr ich fort. »Das Dublin.« So hieß eine Absteige, die ich auf der anderen Seite der Brücke kannte. Es war eine reine Lasterhöhle, in deren schwach beleuchteter Lobby ich allerhand Drogendeals abgewickelt hatte. Vielleicht konnte er dort ja wenigstens jemanden hoppnehmen. Dann würde der Abend für ihn doch noch ein Erfolg.
»Jetzt gleich«, keuchte er verzweifelt.
»Ich fahre Ihnen nach.«
»Hier.« Er zog mich wieder an sich. Dabei bewies er eine Kraft, die ich dem dürren Gestell gar nicht zugetraut hätte. »Jetzt.«
Na schön ...
Vielleicht hatte ich den Zauber einen Tick zu sehr aufgedreht.
»Bald.« Ich versuchte mich loszueisen, ohne die Verbindung zu kappen. »Und mit Privatsphäre.«
»Ich scheiß auf Privatsphäre«, knurrte er, dann fasste er mir zwischen die Beine.
Ich sprang zurück. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Die Verbindung war dahin. »Was zum Teufel treibst du da?«, fragte er. Ich griff zum Messer. Er zur Pistole.
Ich war schneller und drückte ihm die Klinge unters Kinn. »Ganz ruhig! Und keine Bewegung.«
Wut blitzte in seinen Augen auf, und einen Moment lang fragte ich mich, ob er die Begegnung mit der Superbraut Lily Carlyle überleben würde. Denn sein Blick setzte etwas bei mir in Gang. Ich wollte seinen Tod. Ich wollte, dass er starb. Ich wollte sein Blut über den Asphalt verspritzen. Ich wollte den Kopf in den Nacken legen und mich im Geruch seines Bluts suhlen.
Großer Gott...
Ich wich zurück. Mich ekelte vor mir selbst. Im gleichen Moment zog er die Pistole. Mein Körper wappnete sich gegen die Einschläge der Kugeln. Doch die kamen nicht. Stattdessen brüllte er plötzlich vor Schmerz so durchdringend auf, dass ich schon dachte, meine Seele würde Schaden nehmen.
Instinktiv sprang ich weiter zurück und umklammerte mein Messer. Dann sah ich den Grund seiner Schmerzen. Eine scharfe Klinge trat aus seinem Unterleib aus, und bevor ich den Schrecken noch verarbeiten konnte, wurde die Klinge nach oben gerissen und der Officer genau in der Mitte durchtrennt. Die beiden Körperhälften kippten seitlich weg und gaben den Blick frei auf einen drahtigen Dämon, der hinter dem Mann kauerte. Wegen seiner überlangen Zähne konnte er den Mund nicht schließen und erweckte so den Eindruck, er würde andauernd höhnisch grinsen,
»Miststück«, knurrte er. Allerdings konnte ich ihn kaum verstehen, weil allerhand Autos mit quietschenden Reifen nicht weit von uns ineinanderkrachten.
»Ach du Scheiße ...«
»Was ist das denn für ein Ding ...«
»Ich glaube, mir wird schlecht...«
»Den Notruf! Jemand muss den Notruf wählen ...«
Trotz des Stimmengewirrs, das mich umschwirrte, konzentrierte ich mich voll und ganz auf die Kreatur, die mit ihrem langen gefährlichen Schwert nach mir schlug.
»Hübscher Hals auf hübschem Mädchen. Hals durchschneiden. Nehmen, was um Hals hängt. Kopf auch mitbringen.« Zäher grüner Schleim sickerte ihm beim Sprechen aus dem Maul. Und obwohl ich bekanntlich die Superbraut mit Superkräften und Supermut war, schiss ich mir vor Angst fast in die Hose. Der Typ meinte es ernst.
Und was mir die größte Angst einjagte: Der Kerl hatte nichts zu verlieren. Unter dem lichten Pelz auf seinem schlaksigen wolfähnlichen Körper prangte hell leuchtend das Zeichen der Tri-Jal. Eine Schlange,
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