Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung
Aber ich glaube, sie hatte Angst, dort in die Kirche zu gehen, wo sie wohnte.«
»Warum? Wieso hätte sie Angst haben sollen?«
»Was sie in ihrem Leben alles wirklich gesehen hatte, war schlimm genug, aber sie hatte auch noch Visionen. Grässliche Visionen.«
»Wovon?«
»Davon. Von der Pforte. Von den Dämonen, die sie durchquerten. Und sie glaubte ... Oh, wie stark ihr Glaube war!«
»Was hat sie geglaubt?«
»Dass ihr Blut die Pforte versiegeln würde.«
Ich erbleichte. »Ihr Blut? War es Blut - das Blut ihrer Tochter —, das sie versiegeln würde?« Bitte nicht. Bitte, bitte, lieber Gott, mach, dass es noch eine andere gibt.
»Tochter?« Er schüttelte den Kopf, als müsste er die Bedeutung des Worts erst entschlüsseln. »Nein. Nein, es war ein Athame. Ein Dolch.«
»Wo?« Ich überschlug mich fast vor Übereifer. »Wo ist er?«
Aber er antwortete nicht. Er schüttelte nur den Kopf, als wolle er sagen, alles sei verloren. »Er ist ihnen wahrscheinlich in die Hände gefallen, als sie sie erwischt haben. Sie haben sie nämlich umgebracht. Da bin ich mir sicher.«
»Aber Sie haben was von Blut gesagt. Was haben Sie damit gemeint?«
»Sie hatte Angst, dass ihre Linie nicht überleben wird.«
»Ihre Linie? Ich verstehe nicht.«
»Ihre Blutlinie. Es ging um ihre Tochter. Sie glaubte, ihre Tochter würde den Dolch führen und die Pforte schließen.«
Ich konnte spüren, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. »Wie lange ist das schon her?«
Er rechnete im Kopf nach. »Muss wohl so vor zehn, zwölf Jahren gewesen sein.«
»Und wie hieß die Frau?«
»Margaret. Margaret Purdue.«
12
»Sie hat es gewusst.« Ich rannte vor der Couch in Rachels neuer Wohnung auf und ab. »Deine Mom hat es gewusst.«
»Aber was hat sie denn gewusst?«, fragte Rachel. Deacon und ich waren nach meiner Unterhaltung mit dem Monsignore zum Pub zurückgefahren. Rose und Rachel schliefen beide, als wir ankamen. Ich weckte sie auch eine Weile nicht auf, da sie angesichts der bevorstehenden Anstrengungen etwas Erholung sicher gut brauchen konnten. Aber um vier Uhr früh hielt ich es nicht länger aus. Wir hatten nur noch drei Tage, und die Zeit verging immer schneller. Ich hatte die beiden wachgerüttelt, und nach einer Ladung Kaffee und Cola light waren sie so halb bei Bewusstsein und blinzelten mich nur noch leicht verknautscht an.
»Alles. Ist das so schwer zu verstehen? Er hat gesagt, der Schlüssel sei ein Dolch, und das hatte er von Margaret.«
»Dann hatte meine Mom also tatsächlich den Schlüssel?«
»Ich weiß es nicht«, entgegnete ich grüblerisch. »Aber der Monsignore glaubt es offenbar, weil er behauptet hat, sie hätten ihn mitgenommen.« Ich schloss die Augen und versuchte, mich an den genauen Wortlaut zu erinnern. »Er hat gesagt, sie müssen ihn genommen haben, als sie sie umgebracht haben.«
»Ich glaube, da täuscht er sich«, bemerkte Deacon. Er stand am Fenster, immer noch in dem Jackett. Das Licht der Straßenlampen von draußen tauchte ihn in einen unheimlichen Glanz. »Davon hätte ich etwas mitbekommen. In der Welt der Dämonen hätte sich das schnell rumgesprochen, wenn einer der Schlüssel für die Pforten gefunden und zerstört worden wäre.«
»Das heißt dann wohl, dass sie den Dolch nicht hatte«, folgerte Rose.
»Oder dass sie ihn versteckt hat«, warf Rachel ein.
»Das ist genau meine Vermutung.« Ich packte den Ausschnitt des sauberen Tanktops, das ich aus Rachels Wäschekorb gezogen hatte, und zog ihn nach unten. Der Rand meines BHs war zu sehen und das kleine eintätowierte Messer. »Vielleicht ist das Tattoo eine Botschaft? Ein Hinweis für Alice?«
»Alice war doch noch ein kleines Kind, als Mom ihr das Tattoo hat machen lassen.«
»Ich glaube, deine Mom ging auf Nummer sicher. Sie hinterließ Alice einen Anhaltspunkt, falls ihr was zustoßen sollte. Denn sie wusste, dass Alice diejenige war, die die Pforte schließen würde.« Ich schaute zu Deacon, aber der war gedanklich irgendwo anders. »Zumindest wusste sie, dass es jemand war, der wie Alice aussah.«
»Aber das erklärt doch alles!«, sagte Rose. »Ich meine, warum man sie, ausgerechnet sie, umgebracht hat. Das haben wir uns doch immer gefragt - und jetzt haben wir die Antwort: Weil die Dämonen nicht riskieren konnten, dass sie den Dolch finden und die Pforte schließen würde.«
»Genau.« Ich setzte mich auf das Beistelltischchen. »Ich glaube, du hast recht. Aber darum wissen wir immer noch nicht, warum ich.«
»Ist
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