Blood Lily Chronicles 03 - Versuchung
das wichtig?«, fragte Deacon. »Die Gründe ändern nichts an den Gegebenheiten. Du bist es nun mal, und das lässt sich auch nicht ändern.«
»Ich weiß. Es ist nur, dass ich ...« Ich unterbrach mich, als mir auffiel, wie Rachel Rose anblickte. Es war der typische Blick der großen Schwester, den ich nur zu gut kannte, und ich fragte mich, wieso sie nicht mich so anschaute, sondern sie. »Gibt es irgendwas, das ihr uns mitteilen möchtet?«
Urplötzlich verspannte sich Rose am ganzen Körper. Sie drehte sich um, sodass sie gerade nach vorn blickte, und legte die Hände auf die Knie. »Nein. Nichts. Alles bestens.«
Rachel nahm sie bei der Hand. »Sag es ihr.«
»Ist nicht wichtig ...«
»Mir hast du es auch erzählt«, beharrte Rachel. »Und sie muss es ebenfalls erfahren.«
»Jetzt aber raus mit der Sprache!« Langsam wurde ich ungeduldig. »Egal, um was es sich handelt.« Und warum wusste es Rachel und ich nicht? Immerhin war Rose meine Schwester.
»Ja, also, ich weiß Bescheid. Warum es ausgerechnet dich getroffen hat. Warum die Dämonen dich benutzt haben.«
»Ach.« Keine Ahnung, was ich erwartet hatte, aber das bestimmt nicht. »Woher willst du das wissen?« Während ich noch die Frage stellte, kam Deacon leise wie eine Katze quer durchs Zimmer zu mir. Seine Gegenwart hätte mich eigentlich beruhigen sollen, machte mich aber nur umso misstrauischer.
»Von ... damals.« Rose zog die Beine an und schlang die Arme um die Knie. Sie trug immer noch das viel zu große T-Shirt, in dem sie sich hingelegt hatte. Sie wirkte klein, zerbrechlich und völlig elend. »Als er in mir war.«
»Ach.« Das Er bezog sich natürlich auf Lucas Johnson. Dieser Er, der unser beider Leben so gründlich versaut hatte. »Und was genau hast du da mitbekommen?« Ich fragte, obwohl ich gar nicht sicher war, ob ich die Antwort überhaupt hören wollte.
Noch einmal warf Rose Rachel einen flehenden Blick zu. »Na los, Schätzchen«, ermunterte Rachel sie. »Sie hat ein Recht darauf, es zu erfahren.«
Rose befeuchtete ihre Lippen, dann nickte sie. »Ich war da drin ... du weißt schon, mit ihm. Ich ... keine Ahnung ... schwebte die meiste Zeit irgendwie umher ... wie im Halbschlaf.«
»Na schön.« Was das alles mit mir zu tun hatte, blieb mir vorerst schleierhaft.
»Aber manchmal hat er seinen Schutzschirm fallen lassen, und ich erhaschte einen kurzen Blick in sein Inneres.« Sie schloss die Augen und atmete durch die Nase aus. »Das wollte ich gar nicht. Es war ... grausam. Und schrecklich. Und ...«
»Aber du hast etwas gesehen?«
»Er hat dich gemacht - nicht nur Alice. Auch Lily.« Sie packte Rachels Hand und drückte sie. »Er hat dich gemacht, und als Kokbiel und er dann die Möglichkeit sahen, dich als die Frau aus der Prophezeiung einzusetzen, ergriffen sie die Gelegenheit beim Schopf. Ich war nur der Lockvogel, um an dich ranzukommen. Damit du stirbst und die Dinge ihren Lauf nehmen konnten.«
»Noch mal zurück!« Plötzlich hatte ich große Angst. »Wovon redest du da? Was meinst du damit, er hat mich gemacht?«
»Mom«, flüsterte sie, und eine Träne stahl sich aus ihrem Auge. »Er hat mit Mom geschlafen.«
»Nein.« Ich schüttelte den Kopf und wich zurück. Deacon legte einen Arm fest um mich. »Nein! Unmöglich! Er kann nicht...«
»Doch«, sagte sie. »Lucas Johnson ist dein Vater.«
13
»Nein!« Ekel stieg in mir hoch. »Das kann nicht sein! Er ist nicht mein Vater. Dieser Bastard hat nichts mit mir zu tun.«
»Ist doch egal.« Rachel beugte sich zu mir. »Ich habe so meine Erfahrungen mit einer Familie, die mit den dunklen Mächten anbandelt, und es ist wirklich egal. Du bestimmst selbst, wer du bist. Nicht dein Vater oder deine Mutter oder dein Arschloch von Onkel.«
Aber ich hörte schon nicht mehr zu, sondern rannte im Zimmer auf und ab. Meine Gedanken schlugen Kapriolen, in meinem Körper herrschte plötzlich eine Hitze, wie sie nur die Angst hervorbringt, wenn schlagartig die gesamte Existenz in Frage gestellt wird. Ein wenig kenne ich mich ja damit aus - wie es ist, wenn man in einen anderen Körper verfrachtet wird und so -, aber das hier war ein anderes Kaliber. Damals wusste ich wenigstens, wer ich dem Wesen nach war, selbst wenn sich die Verpackung geändert hatte. Jetzt war ich mir dessen nicht mehr so sicher.
»Ich bin kein Dämon!«, rief ich. »Ich bin nicht einmal teilweise ein Dämon. Unmöglich.«
Deacon nickte. »Bist du auch nicht. Um mit deiner Mutter zusammenzukommen, hat er
Weitere Kostenlose Bücher