Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Gratton, T: Blood Magic - Weiß wie Mondlicht, rot wie Blut - Blood Magic # 1
meine Hände tief in die Jackentaschen. Mit der linken Hand tastete ich nach den Salzkörnern, die wir mit noch mehr Heidekraut gemörsert hatten. In der rechten Jackentasche war mein Taschenmesser. Wenn sie es fänden, würden sie mich von der Schule werfen, aber es kam überhaupt nicht infrage, dass wir an diesem Morgen das Haus verließen, ohne uns verteidigen zu können. Reese
und ich hatten zu unserem Schutz mit Markierstift Runen über unsere Herzen gezeichnet und sie mit Blut nachgezeichnet. Wenn es nicht alle merken würden, hätten wir uns auch Runen auf die Stirn und die Hände gemalt. Als Nick vor der Schule anrief, damit wir unsere Geschichten anglichen, hatte ich ihm geraten, dasselbe zu tun.
Also, ich war bereit, für den Fall, dass Josephine hier war. Ich verbanne dich aus diesem Körper , hatte Nick gesagt. Blut und Salz würden ihr den Rest geben.
Ich atmete zischend aus und hoffte, dass es Wendy gut ging.
Dann holte ich mein Handy heraus, das sofort anfing zu vibrieren, nachdem ich es eingeschaltet hatte.
Wendy hatte mir drei SMS geschickt. Melissa eine und Eric auch eine. Wendy hatte mir direkt vor und nach meinem Anrufversuch von Nicks Handy aus gesimst. Der Text war knapp: »Ruf mich an.« Melissa hatte geschrieben: »Was soll der Scheiß, S?« Und Eric beschimpfte mich, weil ich Wendy erschreckt hatte. Darüber musste ich dann doch ein bisschen lächeln. Schön, dass er sich Sorgen um sie machte.
Ich wartete in Mr Stokes’ Klassenzimmer, bis ich gerade noch genug Zeit hatte, an mein Schließfach und von dort zum Unterricht zu gehen. Um 7:56 Uhr holte ich tief Luft, zog meine meergrüne Maske über und ging hinaus in den Flur.
Draußen rannten Schüler schreiend und lachend durch die Gänge. Andere knallten ihre Schließfächer zu. Jede Menge Leute warfen mir aus den Augenwinkeln neugierige Blicke zu. Sie zogen die Augenbrauen hoch, runzelten die Stirn oder sahen mich spöttisch an. Das hätte ich wirklich nicht erwartet. Ich dachte, man würde mir Fragen stellen, und die Leute, die damit zu hatten, wären vielleicht aufgebracht. Damit meinte ich Wendy und möglicherweise die Macbeth -Truppe. Aber
gleich die ganze Schule? Was tuschelten sie? Ich duckte mich und rannte zum Schließfach. Ich musste so tun, als wäre alles in Ordnung. Als würde ich nicht darauf warten, dass mich jeden Augenblick der Klabautermann ansprang – in welcher Form auch immer. Ich musste ihnen was vormachen. Theater spielen . Das konnte ich. Ich war Schauspielerin. Ich brauchte eine strahlende Maske.
Eine lächelnde pinkfarbene Glitzermaske mit Perlen und Blumen an den Seiten.
Als die Maske fest an Ort und Stelle saß, musste ich mich erst wieder an meinen Stundenplan erinnern. Dann war auf einmal Wendy da, nahm meine Hand und zog mich herum.
»Silla.« Ihr Mund war verzerrt.
Mein Körper verkrampfte sich vor Schreck. Ich musste die andere Hand an mein Bein drücken, sonst hätte ich nach dem Salz gegriffen.
»Komm mit.« Sie zog mich durch die Menge zum Schrank des Hausmeisters.
Ich drückte den Rücken an die Besen und wartete. Ich konnte nicht den ersten Schritt tun, solange ich mir nicht sicher war, ob mich nicht Josephine anstarrte und ich hier in der Falle saß, während dieses Ungeheuer im Körper meiner Freundin wütete. Wie sollte ich das rausfinden, ohne mich zu verraten?
Wendy sah mich in dem trüben gelblichen Licht an. Dann öffnete sie ihr Täschchen und holte eine Tube mit glänzendem dunkelrotem Gloss heraus und verteilte ihn auf ihren Lippen. Ich musste lachen, so erleichtert war ich, und Wendy zog die Augenbrauen hoch und bot mir den Gloss an. Ich schüttelte den Kopf.
Als sie die Tube wieder wegsteckte, sagte sie: »Wir haben
nur ganz wenig Zeit, bevor es schellt. Gestern Abend konnte ich nicht reden und ich konnte dir auch nicht richtig simsen und so. Nach dem Gespräch mit Mrs Tripp dachten sie erst an Drogen – meine Eltern, meine ich. Das war der einzige Grund, warum ich mich ihrer Meinung nach komisch verhalten konnte. Außerdem ist mein Vater ohnehin der Meinung, dass du an allem schuld bist. Deshalb ging’s nicht per Telefon und auch nicht per Handy.« Sie schnitt eine Grimasse. »Paul hat gesehen, dass ich aus dem Gebäude gerannt bin, du hinter mir her, und dann hätte ich Nick geschlagen. Geht’s ihm gut?«
Ich nickte.
»Wenigstens etwas. Ich hatte überlegt, ihn anzurufen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich das tun sollte und ob er das überhaupt gut fände und was
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