Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
gemacht«, fuhr Dustin leicht irritiert fort. »Und ich finde, Sarah sollte sich jetzt erst einmal richtig erholen und zu Kräften kommen. Bis dahin lassen wir sie beide in Ruhe und konfrontieren sie nicht mit dem Thema. Außerdem reden wir mit niemandem über unsere Auseinandersetzung und auch nicht darüber, dass Sarah sich nicht wohlfühlt. Sie hat mich selbst darum gebeten. Je weniger Wind um die ganze Sache gemacht wird, desto besser. Schließlich geht es ja auch keinen etwas an. Ich denke dabei besonders an ... an May. Auch ihr sollten wir nichts sagen.« Dustin versuchte ein Lächeln und zog die Augenbrauen verschwörerisch hoch. »Du weißt ja, wie Mädchen sind, da wird alles noch mal bis ins kleinste Detail diskutiert und dadurch werden die Dinge oft nur schlimmer gemacht, als sie eigentlich -«
»Warte«, unterbrach Jonathan ihn plötzlich und sein Blick schnellte zur Tür, als hätte er draußen etwas vernommen. Dustin lauschte ebenfalls angestrengt, aber er hörte nicht das leiseste Geräusch.
»Ich denke, du hast recht«, murmelte Jonathan schließlich gedankenverloren, ohne Dustin anzusehen. »Im Moment ist es wohl besser, Ruhe zu bewahren, und zu hoffen, dass sich Sarah erholt.« Wieder blickte er unruhig zur Tür, öffnete sie dann sogar und starrte den dunklen Gang hinunter, als könnte er dort in der Finsternis irgendetwas erkennen.
»Was ist? Was hast du, Jonathan?«
»Bleib du hier«, flüsterte Jonathan. »Ich muss noch etwas erledigen. Aber du kannst sicher sein, dass ich wiederkomme. Es gibt noch einiges zwischen uns zu klären, wie mir scheint, und ich muss dir unbedingt etwas erzählen, also ... Wie gesagt, ich bin gleich zurück!«
Bevor Dustin nachfragen konnte, was Jonathan vorhatte und was er noch so dringend mit ihm besprechen wollte, war dieser schon aus der Tür verschwunden und warf sie ins Schloss. Dustin runzelte die Stirn. Jonathan war das reinste Mysterium. Was hatte er um diese Zeit noch Wichtiges zu erledigen? Dustin schwirrte der Kopf und besonders vertrauenerweckend war ihm die einseitige Unterhaltung mit Jonathan auch nicht vorgekommen. Er sollte hier keine unnötige Zeit verschwenden, indem er herumsaß und wartete, bis Jonathan zurückkehrte. Lieber versuchte er zwischenzeitlich erneut, Sarah zu wecken. Es ließ ihm keine Ruhe, dass sie immer noch allein in diesem Kellerabteil auf der Matratze lag und schlief. Wer weiß, vielleicht wollte Jonathan auch bei ihr vorbei schauen. Diese Vorstellung ließ Dustin sofort zur Tür eilen. Ihn traf beinahe der Schlag. Sie war abgeschlossen!
»Verdammt!« Dustin hieb mit der Faust dagegen und lief wütend zum Fenster, um es aufzureißen. Erst als er schon zum Sprung ansetzte, fiel ihm wieder ein, dass das keine gute Idee war. Er durfte es nicht wagen zu springen, selbst wenn es von hier nicht besonders hoch war, vielleicht gerade einmal drei Meter. Aber Sarah ... Wenn er sich verletzte, brachte er sie ebenfalls in Gefahr. Dustin ließ sich zu Boden gleiten und schloss für einen Augenblick die Augen. Jonathan würde hoffentlich bald zurückkommen, wie er angekündigt hatte. Bis dahin hatte er keine andere Möglichkeit, als abzuwarten.
Jetzt wünschte sich Dustin, dass Sarah noch schlief, damit niemand durch einen blöden Zufall auf sie aufmerksam werden und in ihr Zimmer gelangen konnte. Wer wusste schon, ob SIE sich nicht bereits wieder hier in der Nähe herumtrieb, um ihre neue Freundin May zu besuchen. May, die noch immer frei herumlief.
Warum bin ich nur so zögerlich und unentschlossen, seit mein Herz wieder schlägt?, fragte sich Dustin. Warum hält es mich permanent davon ab, zu kämpfen, zu verletzen und zu töten?
Er verstand sich selbst nicht mehr. Er hatte May entkommen lassen und sich von Jonathan einsperren lassen. Und wirklich erreicht hatte er noch immer nichts.
Italien 1893
Nach seinem Gespräch mit Emilia lief Dustin zurück zum Hauptgebäude, doch auf der letzten Treppenstufe hielt er inne. Er würde jetzt ohnehin keinen Schlaf finden, er war viel zu aufgewühlt von ihren Worten. Ebenso gut konnte er noch einen Nachtspaziergang unternehmen. Die frische Luft würde ihm guttun und ihm helfen, seine wirren Gedanken zu sortieren.
Dustin lief erst einen breiten Schotterweg entlang, der von Montebello in Richtung der Berge führte, schlug dann jedoch einen kleineren Pfad ein, der von ihm abzweigte und in einiger Entfernung in einem Pinienwald endete. Dustin liebte diesen Ort. Als kleiner Junge war ihm der
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