Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
May?« Jonathan beugte sich zu ihr herunter, sodass ihre Gesichter nur noch ein paar Zentimeter voneinander entfernt waren. »Ich würde es bedauern, wenn ich dir wehtun müsste, also rede. Sonst hast du bald nie wieder die Chance, es zu tun. Was hast du vorhin bei Sarah angedeutet? Hast du mich belauscht? Bist du mir irgendwohin gefolgt?«
May sah Jonathan kopfschüttelnd an. Tränen der Wut und der Hilflosigkeit stiegen ihr in die Augen. »Ich habe dich zusammen mit Emilia gesehen. Im Wald. Wie konntest du nur, Jonathan? Was ist bloß in dich gefahren? Was ... hast du dabei empfunden?« May presste die Worte mühsam hervor. Ihre Stimme war heiser und ihre Kehle trocken, sodass das Reden sie anstrengte und schmerzte.
»Was meinst du?«, fragte Jonathan kalt.
»Simon ...«, krächzte May. Ich habe gehört, worüber ihr euch unterhalten habt. Du hast Simon auf dem Gewissen. Meinen Freund, denjenigen, der mich geliebt und erlöst hat. Wusstest du das? Wusstest du, dass auch ich zuvor eine Unsterbliche war, Jonathan?« May schluckte ihre Tränen herunter. »Dustin hatte mich vor vielen Jahren zu einer gemacht. Wir beide hatten damals unsere Gefühle füreinander überschätzt. Aber Simon ... Er war meine wahrhaftige Liebe. Er hat mich zurückgeholt, hat mir mein Leben wiedergegeben und meinem Dasein einen Sinn. Sag es mir, wusstest du davon?«
Jonathan wandte sich von May ab. »Nein, damals wusste ich das alles nicht«, erwiderte er tonlos. »Noch nicht. Ich wusste nur, dass du und Dustin ein Paar wart, denn ich habe euch vor Jahren in Florenz zusammen gesehen und verfolgt. Auch ich bin ... kein Mensch mehr, May. Auch ich bin unsterblich.«
May senkte den Blick. Jonathan machte eine kurze Pause, bevor er wieder ansetzte.
»Danach hatte ich Dustins und deine Spur eine Zeit lang verloren. Aber in Chicago habe ich euch wieder getroffen - dachte ich zumindest. Simon hatte große Ähnlichkeit mit Dustin, das musst du zugeben. Ich musste davon ausgehen, dass ihr nach wie vor zusammen glücklich seid.«
Jonathan drehte sich wieder zu May um, die ihn nun fassungslos anstarrte.
»Und wenn es so gewesen wäre, Jonathan - du hättest uns unser Glück nicht gegönnt?«
Jonathan zuckte mit den Schultern. »Ihm nicht und du ... Um ehrlich zu sein, du warst mir damals ziemlich egal. Dass ich Emilia den Falschen ausgeliefert habe, habe ich erst gemerkt, als er schon tot und blutleer war und Emilia mir ihre Vorwürfe an den Kopf geknallt hat. Es war ein blöder Unfall, ein Missverständnis.«
»Was? Was sagst du da, Jonathan? Ein ... Missverständnis?« May rang nach Worten. »Aber ... eben hast du doch angegeben, dass ich dir egal war. Warum hast du dann trotzdem meine Nähe gesucht, nachdem du mir das angetan hast? Ich verstehe das einfach nicht, Jonathan.« In Mays Kopf drehte sich alles.
»Du hast mir irgendwie ... leidgetan, das war alles. Ich wusste, was es heißt, einen geliebten Menschen zu verlieren. Ich hatte selbst vor einiger Zeit eine ähnlich schmerzliche Erfahrung gemacht. Und ich habe mitbekommen. wie sehr du unter Simons Tod gelitten hast. Mir war bewusst, dass ich an deinem Unglück nicht ganz unschuldig war. Deshalb habe ich Kontakt zu dir gesucht.«
»Du hast dich also mit mir abgegeben, weil du ein schlechtes Gewissen hattest?«
»Auch. Und, weil ich mir insgeheim dachte, du könntest mir irgendwann bei meiner Suche nach Dustin helfen. Ich wusste schließlich, dass ihr euch kennt. Und ich habe gespürt, dass er tatsächlich in Chicago war, auch wenn Emilia zunächst den Falschen getötet hatte. Nachdem dann die Sache mit diesem Mädchen, Clara, passiert ist und die Bilder von der Leiche gezeigt wurden, war mir klar, wer hinter dem Mord steckte und dass ich recht mit meiner Annahme haben musste. Und ... dass du nach der Sache glauben würdest, Dustin sei für Simons Tod verantwortlich - eigentlich ganz praktisch. Ich habe dir nichts davon erzählt, aber ich bin letztes Schuljahr oft von Rapids nach Chicago gefahren, um immer wieder nach Dustin zu suchen. Und als ich schon dachte, ich hätte seine Fährte verloren, da stand er plötzlich in der Aula der Canyon High vor mir auf der Bühne.« Jonathan klatschte in die Hände und lachte wie ein kleines Kind. May zuckte zusammen. Es klang beinahe manisch. »Ich konnte mein Glück kaum fassen«, fuhr Jonathan fort. »Da war er also - wurde mir sozusagen auf dem Silbertablett serviert.«
»Warum?«, flüsterte May. »Warum hasst du ihn dermaßen, Jonathan? Was
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