Blood Romance 03 - Bittersuesse Erinnerung
für Dustin wären nur Einbildung. Das waren genau deine Worte. May.«
»Ja, aber ...» May merkte, wie die Verzweiflung in ihr immer größer wurde. »Aber jetzt liegen die Dinge doch völlig anders, Jonathan. Ich dachte, Dustin wäre eine mörderische Bestie und ich müsste Sarah vor ihm beschützen, aber nun weiß ich, dass er unschuldig ist und du ... Ich meine, dass Emilia Simon getötet hat. Und nun ist sie auch hinter Sarah her, oder etwa nicht? Sie will ihr etwas antun, weil sie weiß, dass es nichts Schlimmeres für Dustin gäbe, als sie leiden zu sehen.«
Jonathan fixierte May aus zusammengekniffenen Augen. »Du glaubst nicht an mich, was? Du denkst, ich wüsste nicht, wie skrupellos Emilia mittlerweile ist. Aber ich bin nicht blöd, May. Ich werde dafür sorgen, dass Sarah nichts geschieht - wie ich es schon die ganze Zeit über getan habe. Warum, glaubst du, musste Anna sterben? Und warum habe ich Sarah wohl hier im Wohnheim versteckt?«
May starrte Jonathan entsetzt an. »Anna? Du meinst doch nicht ...« Ihr blieben die Worte im Hals stecken.
»Emilia dachte, Anna sei Dustins Freundin, seine neue Liebe, die ihn vielleicht erlösen würde«, erklärte Jonathan. »Als Anna Dustin am Abend der Wohnheimparty im Wald gesucht hat, ist sie Emilia direkt in die Arme gerannt. Emilia hat sie getötet und dachte, nun würde Dustin vor Gram ewig leiden und sie hätte ihm endlich eins auswischen können. Aber dann hat sie von Dustins Gefühlen für Sarah erfahren. Er hat sich selbst verraten und damit auch Sarah in Gefahr gebracht, dieser Idiot. Mit seinem dämlichen Brief.«
Jonathan schüttelte den Kopf und fuhr dann fort.
»Aber Sarah wird nichts geschehen. Emilia weiß nach wie vor nicht, wo sie steckt. Nur Dustin wird ihren Hass zu spüren bekommen. Noch heute Nacht wird er sein blaues Wunder erleben. Wenn Emilia ihn erst einmal in ihrer Gewalt hat und ihr Hunger nach Rache gestillt ist, wird sie zufrieden sein. Sarah wird sie dann ganz von allein vergessen. Und auch mich wird Emilia dann nicht mehr benötigen. Ich habe ihr lange genug gedient, meine Mission ist zu Ende. Sarah und ich sind frei, sobald Dustin erledigt ist. Dann können wir endlich ganz von vorne beginnen, ohne jegliche Gefahr. Und ich werde ihr die nötige Zeit geben, sich ihrer Liebe für mich bewusst zu werden. Ich werde sie nicht drängen.«
May blickte Jonathan atemlos an. Er war eindeutig verrückt und komplett von Sarah und der Vorstellung besessen, mit ihr glücklich zu werden. Und er hatte irgendetwas gegen Dustin in der Hand. Was hatte er gesagt? Noch heute Nacht wird er sein blaues Wunder erleben ...
»Jonathan ... was wolltest du vorhin andeuten?« Ihr Puls raste. Was hast du mit Dustin vor?« Jonathan lächelte messerscharf und sein Blick war seltsam entrückt. »Emilia wird ihm in Kürze einen netten kleinen Besuch abstatten«, säuselte er. »Und das Schönste ist: Im Moment hat er noch keinen blassen Schimmer davon.«
Dustins Sorge um Sarah wurde immer größer. Was passierte nur mit ihr. was brachte sie derart aus der Fassung, dass sein eigenes Herz kaum noch spürbar war und seine Kraft nicht mehr ausreichte, um sich zu neuen Schlägen durchzuringen? Er war verzweifelt. Ihm war, als kämpfte er gegen Sarah an, indem er versuchte, sich krampfhaft aufrecht zu halten. Aber ... war das überhaupt sinnvoll?
Was, wenn sich Sarah so sehr in Gefahr befand, dass sie alle Energie und Kraft benötigte, um sich zu wehren oder zu befreien?
Dustin ließ sich zu Boden sinken und lehnte sich erschöpft an die Tür, deren heller Lack bereits an vielen Stellen abgesplittert war. Er schloss die Augen und vergrub das Gesicht in beiden Händen. Er stellte sich Sarahs sanfte braune Augen vor, ihr Lächeln, ihre warme Stimme ...
Hoffentlich sahen sie sich unversehrt wieder, hoffentlich war ihr noch nichts geschehen und ihre gemeinsame Kraft würde genügen, um sie vor - was oder wem auch immer - zu beschützen. »Pass auf dich auf, Sarah«, flüsterte er. »Bitte, pass auf dich auf. Ich bin in Gedanken bei dir, mehr kann ich im Moment nicht für dich tun.«
Italien , 1893
Emilias Blick schweifte in die Ferne, als sie zu erzählen begann, und Dustin war, als entführte ihn ihre Stimme durch eine geheime Tür und trage ihn als Auserwählten in eine Welt, die allen anderen für immer vorenthalten bleiben würde.
»Meine Mutter und ich waren allein zu Hause, als mein Vater vor etwa zwölf Jahren auf eine Geschäftsreise ins Ausland musste.
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