Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blood Shot

Blood Shot

Titel: Blood Shot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
Polizei hatte die Umrisse von Nancys Körper mit Steinen markiert. Sie war hier hingeworfen worden und auf ihrer rechten Seite gelandet, der Kopf halb im Wasser. Und war dann in dieser öligen Brühe ertrunken.
    Ich fröstelte in der feuchten Luft. Es gab nichts zu sehen, keine Lebens- und keine Todeszeichen. Langsam ging ich den Pfad zurück, blieb alle paar Schritte stehen, um Gras und Büsche zu inspizieren. Vergeblich. Sherlock Holmes hätte zweifellos die verräterische Zigarettenkippe gefunden oder ein Fetzchen eines vermißten Briefumschlags. Ich sah nur unzählige leere Flaschen, Kartoffelchipstüten, alte Schuhe, Mäntel - was bewies, daß Nancy nur eines von vielen Objekten gewesen war, die man hier achtlos weggeworfen hatte.
    Das Anglerpaar stand noch genauso da wie vorher. Einer plötzlichen Regung folgend, ging ich auf sie zu, um in Erfahrung zu bringen, ob sie auch gestern hier gewesen waren, ob sie irgend etwas bemerkt hatten. Als ich den Pfad verließ, sprang ein ausgemergelter Schäferhund auf die Beine, starrte mich aus wilden roten Augen wütend an und fletschte die Zähne. »Liebes Hündchen«, flüsterte ich und kehrte um. Sollte die Polizei das Paar befragen - im Gegensatz zu mir wurde sie schließlich dafür bezahlt.
    Zurück auf der Straße, suchte ich nach der Stelle, wo die Mörder Nancy über den Zaun gehievt hatten. Schließlich fand ich in drei bis vier Meter Entfernung von meinem Auto ein paar grüne Fäden. Spuren waren erkennbar, wo Füße das dürre Gras niedergetrampelt hatten. Sonst waren keine Spuren zu entdecken - offenbar hatte sich die Polizei nicht die Mühe gemacht, hier nach Hinweisen zu suchen. Sorgfältig durchkämmte ich das Gestrüpp, inspizierte jedes Stück Abfall. Ich zerschnitt mir die Hände an dem toten Gras; mein schwarzes Kleid war schlammverkrustet und Finger und Zehen halb erfroren, als ich endlich einsah, daß ich hier nichts ausrichten würde. Ich wendete den Chevy und fuhr nach Norden, um den Mann zu finden, mit dem Nancy im Büro des Staatsanwalts gesprochen hatte.
    Verdreckt, wie ich war, würde ich vermutlich nicht einmal bei den Beamten des öffentlichen Dienstes einen guten Eindruck hinterlassen. Aber nachdem es fast drei Uhr war, blieb mir keine Zeit mehr, um nach Hause zu fahren und mich umzuziehen.
    Jahre meines Lebens war ich Pflichtverteidigerin gewesen, was nicht nur bedeutete, daß ich grundsätzlich nicht auf der Seite des Staatsanwalts stand, sondern auch, daß mir alle, die für ihn arbeiteten, grundsätzlich suspekt waren. Wir alle arbeiteten am Gericht, aber sie verdienten fünfzig Prozent mehr als wir. Und wenn über einen besonders heißen Fall in den Zeitungen berichtet wurde, wurden sie immer namentlich erwähnt. Wir nie, selbst wenn unsere brillante Verteidigung sie wie elende Statisten aussehen ließ. Natürlich unterhielt ich beste Beziehungen zu einem Teil der Strafverfolger, weil wir Vergleiche und andere Geschäfte ausgehandelt hatten. Aber keiner von Richie Daleys Leuten würde mir Information zukommen lassen, nur um der alten Zeiten willen. Ich würde schon einige Geschütze auffahren müssen.
    Die Wachtmeisterin, die mich am Eingang durchsuchte, erinnerte sich an mich. Sie machte ein paar ironische Bemerkungen über mein Äußeres, stufte mich jedoch nicht als gemeingefährliche Kriminelle ein. Ich legte einen Zwischenstopp in der Damentoilette ein, wo ich den Schlamm von meinen Beinen wusch. Für mein Kleid konnte ich zu diesem Zeitpunkt nichts tun, aber mit etwas Schminke und gekämmtem Haar sah ich zumindest nicht aus, als wäre ich eben aus dem Zuchthaus ausgebrochen. Ich ging in den dritten Stock und sah die Empfangsdame streng an. »Mein Name ist Warshawski, ich bin Detective, ich bearbeite den Cleghorn-Fall. Ist Hugh McInerney zu sprechen?«
    Bevollmächtigte von Polizei und Sheriff gibt es in Gerichten wie Sand am Meer. Sie würden nicht jedesmal, wenn sie jemanden sprechen wollten, die Erkennungsmarke zücken. Warum also sollte ich es tun? Auf meinen Befehlston hin wählte die Dame sofort eine Nummer.
    Staatsanwälte sind junge Männer und Frauen, deren Ziel es ist, in einer der großen Anwaltskanzleien oder in der Politik Karriere zu machen. Auf der Seite der Ankläger findet man keine alten Leute - keine Ahnung, wohin diejenigen verschifft werden, die das natürliche Ziel nicht schaffen. Hugh McInerney war Ende zwanzig, groß, mit dichtem blondem Haar und mit Muskeln, wie man sie nur durch regelmäßiges Squashspielen

Weitere Kostenlose Bücher