Blood Sun
rechts, krachte mit der Schulter gegen einen Felsen und verlor das Gleichgewicht. Doch er war fast da. Max lief geradeaus in das offene Gelände, wo der Mann ihn trotz des verdeckten Mondes sehen musste.
Wie eine in die Enge getriebene Ratte drehte er sich zu seinem Verfolger um.
»Wer sind Sie? Was wollen Sie?«, schrie er außer Atem. Es machte den Anschein, als wäre er völlig hilflos und würde sich dem Feind ergeben, der nur noch wenige Meter von ihm entfernt war und ihn mit ausdruckslosen Augen anstarrte.
Max hatte das Gelände bei Tageslicht oft genug gesehen, er hatte es im Kopf wie eine Landkarte, über die er nur mit dem Finger fahren musste, um sich zu orientieren und die gefährlichen Stellen zu umgehen.
Als sich die Wolken vor den Mond schoben, griff Stanton nach dem Nachtsichtgerät. Einer der Schemen war stehen geblieben. Der andere, eine silbrige Erscheinung, rannte darauf zu. Plötzlich geriet er ins Stolpern und dann war er nur noch zur Hälfte zu sehen.
Drew war erledigt.
Stanton drehte den Zündschlüssel.
Max wartete ab, bis sich seine Atmung beruhigte. Dabei beobachtete er, wie der Mann in dem stinkenden Sumpfwasser um sich schlug. Die Krater waren tief, über einige wurde sogar gesagt, sie seien bodenlos. Dieser hier trug den Namen Blacksnake-Sumpf, war vor Urzeiten entstanden und von trügerischer Vegetation überwuchert.
Der Mann kämpfte verzweifelt um sein Leben, kam aber nicht von der Stelle. Die dicke Brühe war wie Treibsand.
»Sie werden sterben. Ohne Hilfe kommt niemand aus diesen Sümpfen heraus«, sagte Max sachlich und staunte selbst darüber. Der Tod war Teil der Natur und dieser Jäger hatte sein stinkendes Grab gefunden.
Drew spuckte eine Menge Schlamm aus und gab dann einen Schwall wüster Beschimpfungen von sich.
»Warum waren Sie hinter mir her? Reden Sie!«, sagte Max.
Drew schwieg, überzeugt davon, dass er genug Kraft besaß, um sich selbst aus dieser Situation zu befreien. Aber der Morast zog ihn erbarmungslos nach unten. Vielleicht würde er es doch nicht schaffen.
»Max Gordon! Hol mich hier raus, Junge!«
Max war verblüfft, dass der Mann seinen Namen kannte. »Reden Sie!«, schrie er.
Das Brummen eines starken Motors drang aus der Ferne zu ihm herüber. Das war bestimmt kein Bauer. Deren alte Traktoren konnten nur noch husten und stottern. Hier steckte richtig Power dahinter. Wie bei einem Range Rover. Und genau so ein Fahrzeug hatte Sayid beinahe überfahren. Diese Männer trieben sich also immer noch in der Gegend herum.
Drew war fast bis zu den Schultern eingesunken, er konnte nicht mehr machen, als die Arme auszubreiten, um das Unausweichliche ein wenig hinauszuzögern.
»Ich weiß nicht, Junge. Dein Freund, Danny Maguire, hat irgendwas rausgefunde n …«
»Was denn?«, fragte Max verzweifelt. Das Motorengeräusch kam immer näher, der Wagen musste bereits hinter dem nächsten Hügel sein.
»Keine Ahnung! Mach! Wirf mir irgendwas zu! Schnell, verdammt!«
»Was hat er herausgefunden?«
Ein Lichtstrahl durchschnitt den Nachthimmel. Der Fahrer hatte nicht die normalen Autoscheinwerfer eingeschaltet, sondern benutzte einen starken Suchscheinwerfer, wie sie auch bei der Fuchsjagd verwendet werden.
Drew hätte nie gedacht, dass er einmal so sterben würde: in Dartmoor bei der Verfolgung eines Kindes von einem Sumpf verschluckt zu werden.
»So was sagt man mir nicht! Keine Details! Verstehst du, Max? Bitte hilf mir!« Drew hatte schon mehrmals Männer um ihr Leben betteln gehört, aber nie damit gerechnet, dass er dies eines Tages selbst tun würde.
Der Lichtstrahl sauste wie ein Schwert über ihre Köpfe hinweg. Max schwang sich auf das Mountainbike.
»Ihr Kumpel wird Sie rausziehen!«, rief er in der Hoffnung, dass ihm die Rettungsaktion einen guten Vorsprung einbringen würde. Als er in die Nacht entschwand, schrie Drew verzweifelt hinter ihm her.
»Nein! Das wird er nicht! Er wird mir nicht helfen!« Max war jedoch schon längst außer Hörweite.
Sekunden später hielt der Range Rover an. Stanton ließ das Licht des Suchscheinwerfers über die Landschaft gleiten. Keine Spur von Max Gordon. Er richtete den Strahl auf das gefährliche Gelände. Näher konnte er sich mit dem Fahrzeug nicht heranwagen, aber er konnte Drew ein Seil zuwerfen und ihn herausziehen.
Drew war inzwischen schon bis zum Hals eingesunken und schnappte panisch nach Luft.
»Riga, mach schon! Hol mich hier raus!« Er würgte heftig, als der Schlamm sein Kinn erreichte,
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