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Blood Sun

Blood Sun

Titel: Blood Sun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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Verschiedene Knoten hätten verschiedene Bedeutungen, auch die auf die Knoten geträufelten Farben seien wichtig.
    Na los! Sagen Sie es mir endlich!, hätte Max ihm am liebsten ins Gesicht geschleudert, doch er gab sich betont ruhig, um sich seine Gereiztheit nicht anmerken zu lassen.
    Kunstvolle Schleifen und Schlaufen, verschlungene Knoten und Nebenschnüre, das alles zusammen bildete ein faszinierendes, komplexes Ganzes. Diese Verschlüsselungstechnik war vor Jahrhunderten von Menschen erfunden worden, die man lange Zeit für Analphabeten gehalten hatte. Heute wisse man es besser, sagte Professor Miller. Dann seufzte er tief, als wäre ihm erst jetzt bewusst geworden, was er in den Fingern hielt. Er schob seine Brille hoch und als er Max ansah, bemerkte er endlich, wie ungeduldig der Junge war.
    »Entschuldige bitte. Ich habe zu viel geredet, stimmt’s? Natürlich bist du nicht an einem anthropologischen Vortrag über die Ursprünge des Quipu interessiert. Für dich ist nur von Belang, was das hier zu bedeuten hat. Also schau her, diese Knoten sind rot gefärbt. Es geht also um Soldaten, Bewaffnete. Die Arithmetik ist einfach. Traditionsgemäß steht ein Knoten für die Zahl Zehn. Verbundene Knoten wie diese drei bedeuten dreißig. Das hier sind also dreißig Bewaffnete.« Er zeigte auf weitere Knoten. »Ein Tempel. Und diese Knoten sind Männer und Frauen. Und die hier Kinder. So würde ich es zumindest deuten. Aber man kann sich nie sicher sein. Quipus geben ihr Wissen nicht so leicht preis.«
    Max versuchte die Botschaft zu enträtseln. In der Nähe eines Tempels waren also an die dreißig Bewaffnete, doch auch Frauen und Kinder. Dabei schienen die Kinder nicht direkt bei ihren Müttern zu sein. Was hatte das mit seiner Mum zu tun?
    »Danny wollte mir etwas über meine Mutter mitteilen. Aber sie war nicht in Peru, wo Danny studiert hat. Sie war in Mittelamerika.«
    »Es geht hier um deine Mutter?«
    »Ja, das hoffe ich.«
    »Wo ist sie jetzt?«
    »Sie ist tot.«
    Professor Miller räusperte sich. »Oh, verstehe.«
    Max nahm die Fotos aus der Tasche, die seine Mutter im Regenwald zeigten. »Das sind die einzigen Hinweise, die ich habe.«
    Der Professor rückte seine Brille zurecht, sah die Bilder rasch durch und gab sie Max zurück. »Gut. Komm mit, ich will dir etwas zeigen.«
    Er führte Max in den Flur, die Treppe hinauf und durch das Zimmer vierundzwanzig. Hier war es jetzt dunkel und Max konnte nur die Silhouetten der Ausstellungsstücke erkennen.
    Die vielen Türen zwischen den einzelnen Galerien brachten ihn ganz durcheinander. Bald hatte er völlig die Orientierung verloren. Während er dem Professor folgte, der mit großen Schritten vorausging, hatte er das Gefühl, in ein Labyrinth einzutauchen. Vielleicht hätte er ihm doch nicht trauen dürfen. Er ärgerte sich darüber, dass er keinen der Museumspläne mitgenommen hatte, die am Eingang auslagen.
    Begib dich niemals blindlings an einen gefährlichen Ort. Verschaff dir, wenn irgend möglich, immer genaue Ortskenntniss e – das hatte sein Vater einmal gesagt, als er auf einer Landkarte eine komplizierte Route studiert hatte. Dafür sind Landkarten da. Aber als sein Dad seine sterbende Frau alleingelassen hatte und einfach weggelaufen war, hatte er keine Landkarte gebraucht!
    Professor Miller blieb stehen. Außer Atem klopfte er sich auf den Bauch. »Habe mir den Magen verdorben. Zu viel Kuchen gegessen«, sagte er und klapperte mit einem kleinen Schlüsselbund.
    Eine schwere Kette mit Vorhängeschloss versperrte die Tür zum nächsten Raum. Max hörte hinter sich ein Geräusch, als der alte Mann die rasselnde Kette aus der Halterung zog. Ein Lichtstrahl erfasste sie. Max musste unweigerlich an Tiere denken, die nachts auf einer Landstraße geblendet werden.
    »Hey!«, rief eine Stimme. »Was zum Teufel machen Sie hier?« Die Taschenlampe schwankte ein wenig hin und her, als die Gestalt sich auf sie zubewegte.
    Der Professor hob die Hand und klapperte mit seinem Schlüsselbund.
    »Ich bin’s. M r Miller. Ich muss mal kurz in Saal siebenundzwanzig. Entschuldigen Sie die Störung.«
    Der Nachtwächter stand jetzt direkt neben ihnen, senkte die Taschenlampe aber erst, als er die Identität des Kurators zweifelsfrei festgestellt hatte.
    »Sie sollten uns vorher Bescheid sagen, wenn Sie so spät noch arbeiten müssen, mein Herr«, sagte der Mann belehrend. »Ich muss das ins Dienstprotokoll schreiben.«
    »Selbstverständlich. So soll es sein. Keine

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