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Blood Sun

Blood Sun

Titel: Blood Sun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gilman
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Max. Ein älterer Mann mit wirren Haaren öffnete die Tür. Über seiner schlabberigen Strickjacke trug er ein verschlissenes Jackett.
    »Guten Abend, Freddie«, sagte er zu dem Wachmann. »Mein Fehler. Ich bin schuld. Ich habe diesen jungen Mann erwartet.« Er lächelte und gab dem Mann mit einem Wink zu verstehen, dass er sie ruhig allein lassen konnte.
    Als er Max in die Bibliothek führte, bemerkte er, dass seine Jacke voller Krümel war; einige hatten sich in der Brille verfangen, die ihm an einer Kette um den Hals hing.
    »Ich habe mich mit Sandkuchen und Tee gestärkt, um ein extrem langweiliges, unveröffentlichtes Manuskript über die lang gezogenen Schädel der Maya durcharbeiten zu können. Der Verfasser meint, derart deformierte Köpfe wiesen darauf hin, dass die Maya ursprünglich Außerirdische gewesen seien. Dabei weiß jeder Idiot, dass sie die Köpfe ihrer Kinder mit Bandagen absichtlich in diese eigenartige Form gebracht haben.« Er wischte sich einen Krümel aus dem Mundwinkel. »Wir waren doch verabredet, oder?«
    »Ja, Sir. Mein Name ist Max Gordon und ich wollte mit Ihnen über Danny Maguire reden.«
    Der alte Mann richtete sich kerzengerade auf und ließ die Maske des schussligen Professors fallen.
    »Und du hast das Quipu mitgebracht?«, fragte er gespannt.
    Charlie Morgan sah zu, wie Professor Blacker sich umständlich einen Stapel Manuskripte und Papiere unter den Arm klemmte. Er knipste das Licht in der Bibliothek aus und kam zu der Tür, wo sie wartete.
    »Ich denke, Sie vergeuden Ihre Zeit«, sagte Professor Blacker, als er die Tür ins Schloss zog. »Ich bezweifle, dass der Junge, den Sie suchen, hierherkommen wird. Zumindest nicht heute Abend.«
    »Und er hat nicht mit Ihnen Kontakt aufgenommen?«, fragte Charlie.
    »Nein. Ich halte diese Aktion für ziemlich sinnlos. Na ja, ich geh dann mal. Muss für morgen noch einige Aufsätze benoten. Guten Abend.«
    Charlie nagte an ihrer Lippe. Max Gordon hätte schon längst hier sein müssen.
    »Er hat uns reingelegt«, murmelte sie vor sich hin. »Er hat uns auf eine falsche Fährte gelockt. Doch wo könnte er jetzt stecken?«
    Sie rief Professor Blacker nach: »Entschuldigen Sie, gibt es noch einen anderen Wissenschaftler, der sich mit Quipus auskennt?«
    London stöhnte und ächzte unter den Millionen von Menschen, die dort lebten, arbeiteten und zu Besuch waren. Unzählige Sprachen drangen aus den Seitengasse n – die Leute riefen nach ihren Freunden, brüllten im Streit oder versprachen einander die ewige Liebe.
    Aber in der Anthropologischen Bibliothek des British Museum war alles still. Das Museum hatte geschlossen und die Lichter waren erloschen.
    Sayid hatte genau das getan, worum Max ihn gebeten hatte. Er hatte sich in den Hauptrechner der Schule gehackt und den Mann gefunden, der Danny Maguire einen zweijährigen Aufenthalt in Südamerika finanziert hatte: Prof. Dr . Raymond Miller, Kurator der Abteilung Südamerikanische Ethnografie im British Museum.
    Als Charlie Morgan in der Dartmoor High Max’ Dateien akribisch durchgegangen war, hatte sie den Namen des Kurators nirgends entdeckt. Den hatte Sayid, der sich nur zu gern an ihr rächte, in einem virtuellen Tresor versteckt.
    »Quipus sind verdammt schwer zu dechiffrieren«, sagte Professor Miller, während er die Knotenschnüre betastete. »Manche sind riesengroß. Die Hauptschnur kann fünf bis sechs Meter lang sein. Fachleute haben Jahrzehnte gebraucht, um einige der alten Quipus zu entschlüsseln. Aber dieses hie r …«, seine schlanken Finger zogen das Geflecht auseinander, »ist viel einfacher. Es ist nicht echt, sondern wurd e – da bin ich mir siche r – von deinem Freund Danny Maguire angefertigt.«
    »Dann wollte er mir damit tatsächlich etwas mitteilen«, sagte Max.
    »Das Quipu ist dilettantisch gemacht, aber das soll keine Kritik sein. Es ist nur eine Feststellung. Mehr kann man von einem so jungen Menschen auch kaum erwarten, doch er hat sein Bestes getan. Maguire muss gewusst haben, dass es Leute gibt, die sich für diese Informationen brennend interessieren. Der arme Junge. Ich habe ihn wirklich gerngehabt.«
    Max konnte seine Ungeduld kaum noch verbergen. Der alte Mann kam einfach nicht zum Punkt, aber Max wollte ihn nicht drängen. Er konnte nur hoffen, dass der Experte ihm letztlich weiterhelfen würde.
    Professor Miller fuhr mit seinen weitschweifigen Erklärungen fort: Die Hauptschnur eines Quipus sei immer dicker als die daran geknüpften Stränge.

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