Blood Target: Thriller (German Edition)
zu verlieren. Vom hinteren Dachrand führte eine Steintreppe nach unten. Kooi hastete darauf zu. Victor war ihm jetzt so dicht auf den Fersen, dass er das Keuchen des Holländers hören konnte.
Die Treppe führte auf einen kleinen Platz mit einem reich verzierten, gekachelten Brunnen in der Mitte. Etliche Leute aus der Nachbarschaft holten dort gerade Trinkwasser. Kooi packte einen Jungen, der einen Eimer in jeder Hand hielt, und schubste ihn Victor vor die Füße. Victor wich dem Jungen aus, aber den Wassereimern entkam er nicht. Er rutschte aus, konnte sich zwar mit viel Mühe auf den Beinen halten, verlor aber trotzdem eine Sekunde auf Kooi, der über eine niedrige Mauer setzte und eine weitere Gasse entlangrannte.
Victor ließ sich nicht abschütteln. Er fing den Aufprall mit federnden Knien ab und sah Kooi gerade noch um die nächste Ecke flitzen. Wenige Augenblicke später war Victor an derselben Ecke. Er sprintete die nächste Gasse entlang, sprang über Körbe, die Kooi umgestoßen hatte, an einem Schuppen mit einer roten Tür vorbei und landete in einer kleinen Seitenstraße. Er blickte nach links: eine lange Straße, die Kooi unmöglich bis ganz zum Ende gelaufen sein konnte, keine Restaurants, keine Geschäfte, keine Abzweigungen. Victor blickte nach rechts: Sackgasse. Hier konnte Kooi auch nicht sein. Victor spulte die Ereignisse langsam zurück. Die rote Tür. Keine Holzsplitter am Schloss oder den Angeln, die auf gewaltsames Eindringen schließen ließen, aber trotzdem hatte sie einen Spalt weit offen gestanden. Er wirbelte herum und sah …
… Kooi, der aus der Tür gestürmt kam. In seiner Hand glitzerte eine stählerne Klinge. Sie war eigentlich für Victors Rücken gedacht gewesen. Aber jetzt zielte sie direkt auf sein Herz.
Kapitel 3
Einen halben Meter von Victor entfernt blieb Kooi stehen. Die Spitze seines Messers verharrte wenige Zentimeter vor Victors Brustkorb. Es war eine zierliche Waffe, schwarz lackiert, mit einer dreieckigen Spitze und einer geschwungenen Klinge. Eine schöne Waffe – viel besser als Victors – aus gefaltetem Karbonstahl, unglaublich scharf und stabil genug, um Knochen zu durchstoßen, aber vollkommen harmlos, solange sie nur durch die Luft stieß.
Er war kaum älter als Victor, aber die Verfolgungsjagd hatte ihn erheblich mehr angestrengt. Kooi war ungefähr gleich groß und ähnlich gebaut wie Victor, lange Gliedmaßen, athletisch und muskulös, aber gleichzeitig kompakt und schlank. Dicke Schweißtropfen liefen ihm über das Gesicht und färbten die Vorderseite seines Unterhemds dunkel. Kooi strauchelte, bewegte sich aber keinen Zentimeter weiter. Er öffnete den Mund, sagte jedoch keinen Ton. Er starrte Victor an, doch sein Blick war auf einen Punkt weit hinter ihm gerichtet.
Dann stieß er pfeifend den Atem aus. Das schwarze Messer fiel ihm aus den zitternden Fingern und landete mit lautem Klappern auf dem Kopfsteinpflaster vor Victors Füßen.
Der Holländer zwinkerte, seine Augen tränten, und dann stützte er sich mit beiden Händen auf Victors rechten Arm. Er wandte den Blick nach unten, auf seine Magengrube. Dort sah er Victors Faust, die gegen sein weißes Unterhemd presste.
Jetzt färbte sich das weiße Unterhemd rund um Victors Faust rot.
»Nein«, sagte Kooi, als könnte er durch seinen trotzigen Widerstand die Klinge aus seiner Bauchgegend entfernen und das Loch stopfen, das sie hinterlassen würde.
Victor ließ den Messergriff los. Er ragte knapp unterhalb von Koois Brustbein hervor. Die Klinge steckte, aufwärts gerichtet, in seiner Brust und durchbohrte mit der Spitze die Unterseite seines Herzens. Kooi hustete und rang nach Luft, während das Blut aus der verletzten linken Herzkammer in die Brusthöhle sickerte, sodass die Lunge sich nicht mit Luft füllen konnte. Als Koois Beine nachgaben, ließ Victor ihn sanft zu Boden gleiten.
»Nein«, sagte Kooi noch einmal, dieses Mal leiser.
Er sackte gegen die Wand, die Beine auf dem Kopfsteinpflaster ausgestreckt, die Arme leblos zu beiden Seiten. Er versuchte nicht, das Messer herauszuziehen. Er musste wissen, dass es sinnlos gewesen wäre, selbst wenn er die Kraft gehabt hätte, gegen den Unterdruck anzukommen. Aber er hätte dadurch nur sein Sterben beschleunigt. Victor überlegte, was er an seiner Stelle getan hätte – ob es besser war, ein paar Extra-Sekunden voll Schmerz und Furcht zu erleben oder so schnell wie möglich das Ende herbeizuführen.
Victor klopfte Koois Oberschenkel und
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