Bloody Mary.
Cathcart, während er und der Praelector dem Dekan zu einem Stuhl verhalfen. »Nicht der Hundeschnauzenmann«, winselte er. Sir Cathcart beugte sich besorgt über ihn. »Der Hundeschnauzenmann?«
»Pimpole. Das kann nicht sein. Nicht Pimpole.« »Anscheinend geht es ihm nicht sehr gut«, sagte der Praelector. »Vielleicht war die Belastung zu groß für ihn. Ich würde ihm keinen Brandy mehr geben.«
Doch Sir Cathcart war selbst fix und fertig. »Das hab ich auch gar nicht vor«, blaffte er. »Ich brauche selber einen. Ich komme her zu diesem schauderhaften Dinner und stelle fest, daß sich der Laden in einen menschlichen Schlachthof verwandelt hat. Und kaum gelingt es mir, den Mörder zu überreden, von hier zu verschwinden ... Verflucht, was ist denn so schlimm an Lord Pimpole? Kannte seinen Vater. Reizende Familie. Und stinkreich obendrein. Genau der Richtige.« »Nein, ist er nicht«, stöhnte der Dekan. »Er ist ein völlig anderer Mensch geworden. Ein heruntergekommener Schluckspecht. Pimpole Hall und das Landgut wurden verkauft, damit er seine Schulden begleichen konnte. Er hat ein Vermögen versoffen. Er wäscht sich nicht mal mehr. Pimpole wohnt samt seinem bissigen Köter in einem baufälligen Häuschen und trinkt Hundeschnauzen.« Er hielt inne und starrte die zwei Männer wild an. »Haben Sie schon mal eine Hundeschnauze getrunken?« Beide schüttelten die Köpfe. »Hab davon gehört«, sagte Sir Cathcart, »aber ...« »Dann lassen Sie’s bleiben«, fuhr der Dekan fort. »Nie nicht! Falls Sie Wert auf ihre geistige Gesundheit legen. Pimpole kippt eine nach der anderen. Sieben Unzen Gin auf dreizehn Unzen Bier.«
»Ach du Scheiße«, sagte Sir Cathcart, »der Arsch ist wohl wahnsinnig geworden.«
»Und ob, Cathcart. Ja, mehr noch ... nein, ich kann Ihnen nicht erzählen, wie verkommen Pimpole ist. Es ist zu abscheulich.«
»Versuchen Sie’s, alter Knabe«, ermunterte ihn Sir Cathcart. »Versuchen Sie, es uns zu sagen. Bis jetzt schlagen Sie sich wacker.«
»Ich glaube, mehr brauchen wir nicht zu hören«, sagte der Praelector. »Sieben Unzen Gin ...« Er verstummte vor Ekel und Ungläubigkeit. Aber Sir Cathcart war begierig, von Pimpoles Verderbtheit zu hören.
Der Dekan erzählte. Und Sir Cathcart verstand. »Schafe?« sagte er langsam. »Schafe und Hunde? Tja, das läßt die Angelegenheit in einem ganz neuen Licht erscheinen.« Er goß sich noch etwas vom Cognac des Dekans ein und nahm Platz. Der Praelector ergriff als erster wieder das Wort. »Es läßt auch Skullions scheinbare Bereitschaft, aufs Altenteil zu gehen, in einem ganz neuen Licht erscheinen. Er hat uns, um die Sprache des Schachspiels zu benutzen, matt gesetzt.« Im Zimmer herrschte Stille, während sie das verdauten. Wieder ertönte von irgendwo im College heiseres Gelächter. Das brachte Sir Cathcart auf den Obertutor. »Ich weiß, warum der Obertutor ...« Er zögerte kurz und wählte seine Worte mit Bedacht. »Ich weiß, warum der Obertutor zu diesem äußersten Mittel griff. Skullion hatte Dr. Osbert erzählt, daß er Sir Godber ermordet hatte. Offensichtlich wurde dem Obertutor klar, daß er umgehend handeln mußte. Dennoch hat dieser zweite Mord die Lage entsetzlich verkompliziert. Aber wenn die Leiche in der Gruft liegt, bleibt uns vermutlich noch etwas Zeit .« Diesmal waren Dekan und Praelector offensichtlich beunruhigt. Sie sahen einander an und wandten sich wieder Sir Cathcart zu. »Cathcart, alter Junge«, sagte der Praelector, »haben Sie schon mal allergisch auf Ente reagiert? Genauer gesagt, hat der Verzehr von konzentriertem Fett jemals Ihr Wahrnehmungsvermögen beeinträchtigt?«
Sir Cathcart D’Eaths Augen quollen aus seinem lila angelaufenen Gesicht. »Ob ich was habe?« brüllte er. »Auf Ente allergisch reagiert? Sind Sie noch ganz bei Trost? Da liegen überall in dem verfluchten College Leichen herum, und Sie wollen wissen, ob der Verzehr eingestampfter Enten meine Wahrnehmung beeinträchtigt. Nun, allerdings ...« »Pst, mein Lieber, sprechen Sie doch leise«, griff der Dekan ein.
Das tat Sir Cathcart. »Nun, allerdings hat sich meine Wahrnehmung verändert«, sagte er mit heiserer Stimme. »Ich nehme wahr, daß das College kollektiv nicht mehr alle Tassen im Schrank hat. Wir haben nicht nur einen ehemaligen Chefpförtner als Rektor, der außerdem zugibt, seinen Vorgänger umgebracht zu haben, sondern auch einen Obertutor, der einen anderen Fellow totgeschlagen und dessen Leiche in die Gruft gezerrt hat,
Weitere Kostenlose Bücher