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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Erfahrungen mit der Wahl eines Premierministers machen können, und die waren katastrophal.«
    In Erinnerung an den verstorbenen Sir Godber Evans murmelten die Fellows zustimmend.
    »Daher ist es im Interesse des Colleges von großer Wichtigkeit, Einmütigkeit an den Tag zu legen und zugleich die unwiderlegbare Tatsache zu akzeptieren, daß Porterhouse in einer beispiellosen und katastrophalen finanziellen Krise steckt. Ich will mich nicht über die Ursachen auslassen. Statt zurückzublicken möchte ich Sie bitten, in die Zukunft zu schauen. Wir sind jetzt in der Lage sicherzustellen, daß aus Porterhouse, dem derzeit ärmsten College in Cambridge, das kurz vor dem völligen Bankrott steht, eines der reichsten Häuser werden kann.«
    Ein Raunen der Verblüffung lief um den Tisch. Der Praelector wartete, bis die Anwesenden ihm wieder ungeteilte Aufmerksamkeit schenkten. »Das müssen Sie mir leider unbesehen glauben. Ich bin seit vielen Jahren Fellow von Porterhouse, und ich kann wohl behaupten, daß mir die Interessen des Colleges am Herzen liegen.« Weitere zwanzig Minuten lang trug der Praelector Zahlen und Fakten aus dem Büro des Schatzmeisters vor, um die Verschuldung des Colleges zu verdeutlichen und klarzustellen, daß von der Schadensersatzzahlung durch Transworld Television eine vorübergehende Erleichterung zu erwarten war. Und die ganze Zeit über saßen die Fellows da, von seiner unerwarteten Autorität wie gebannt. Jahrelang hatte sich der Praelector leise und unauffällig um seine Angelegenheiten gekümmert, ohne als maßgebliche Instanz im College beachtet zu werden. Doch nun, in einem dritten Frühling des Intellekts, dominierte er sie alle. Und als der Praelector sie schließlich um ihre ungeteilte Zustimmung bat, Verhandlungen mit einem Kandidaten seiner Wahl aufnehmen zu dürfen, ohne daß Fragen gestellt würden, verabschiedete der Rat diesen Antrag ohne eine einzige Gegenstimme. Dann marschierten die Fellows von Porterhouse in die Frühlingssonne hinaus, und es herrschte unter ihnen eine neue Zuversicht. Sie hatten ihre Autorität an einen Mann abgetreten, dem sie vertrauen konnten, und das gab ihnen ein Gefühl von Freiheit.
    Was man von Skullion nicht behaupten konnte. Er saß in seinem Rollstuhl im Krankenwagen und wußte, daß man ihn wieder hereingelegt hatte. Er kam nicht nach Coft Castle, wie der General versprochen hatte. Dafür waren sie schon zu lange unterwegs, und sie fuhren zu schnell. Sie befanden sich auf der Autobahn in Richtung Porterhouse Park, und er konnte rein gar nichts dagegen tun. Wieder einmal hatte man ihn für dumm verkauft. Und wie sie ihn aus Porterhouse geschafft hatten, war auch clever gewesen; erst hatten sie Arthur zur Apotheke geschickt, damit er ihm seine Blutdrucktabletten holte, und kaum war das Rektorenhaus leer, waren sie ohne auch nur anzuklopfen hereinspaziert, hatten ihn in Null Komma nichts in den Krankenwagen verfrachtet, und ab ging’s. Na ja, er war verdammt noch mal selber schuld. Er hätte sich eben nicht besaufen und dem Dekan drohen dürfen. Und er hätte nicht auf diesen verfluchten Sir Cathcart D’Eath hören dürfen. Er hätte wissen müssen, daß diese Mistkerle zusammenhielten. So war’s schon immer gewesen, und so würde es immer bleiben, wenn es darum ging, daß sie ihre Haut retteten. Was sie aber nicht davon abhielt, sich gegenseitig die Kehlen aufzuschlitzen, wenn es sein mußte. Und wo er jetzt weg war, würden sie behaupten, er habe wieder einen Porterhouse Blue bekommen, und Smutje und die anderen wußten es nicht besser. Sie wußten nicht, daß man ihn nach Porterhouse Park gebracht hatte, und falls doch, würde es nichts nützen. Dorthin kamen nie Besucher. Dort wurden die Leute einfach hinverfrachtet, wenn sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hatten, wie der alte Dr. Vertel und auch Mr. Manners, der die Herren in Verlegenheit gebracht hatte mit seiner Inkontinenz und seiner unangenehmen Angewohnheit, unvermittelt mit dem Schirm auf Studenten loszugehen, weil er dachte, daß sie ihn hinter seinem Rücken auslachten. Und jetzt war er an der Reihe, und zweifellos hatte dort irgendein beinhartes altes Weib das Sagen, das ihn mit Tabletten vollstopfte, ihn herumkommandierte und in die Badewanne steckte. Und an sonnigen Tagen würden sie ihn ins Freie schieben, damit er die Landschaft anglotzen und den anderen alten Irren zuhören konnte, wie sie vor sich hin brabbelten. Er würde mit ihnen essen müssen, und sie würden ihn mit

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