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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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anzutragen.« Er hielt inne und betrachtete Hartang so feierlich,
    wie er nur konnte. Hartang glotzte ihn durch leicht getönte Brillengläser an – die dunkelblauen waren den Weg der weißen Socken und der Mokassins gegangen –, und aus seinem Blick sprachen Ungläubigkeit und tiefes Mißtrauen. Der Praelector genoß sein Erstaunen einen Augenblick lang, dann fuhr er fort. »Ich bezwecke mit dieser Entscheidung zweierlei, erstens ist sie zum Wohle des Colleges und zweitens, wie ich meine, sehr zum Wohle Ihres Ansehens als bedeutender Finanzier und große Persönlichkeit. Lassen Sie mich darauf hinweisen, daß die Vergabe des Rektorpostens in Porterhouse ein Vorrecht der Krone darstellt, und daß die Krone oder genauer gesagt: die amtierende Regierung, mit anderen Worten der Premierminister – bereit ist, ihre Autorität in diesen Fragen an den Collegerat abzutreten. Sie hat dies im vorliegenden Falle aus Gründen getan, auf die wir hier nicht näher einzugehen brauchen und die darzulegen mir ohnehin nicht gestattet ist. Es genügt wohl, wenn ich sage, daß besagte Gründe mit dem nationalen Interesse zusammenhängen. Vertraglichen Verpflichtungen mit gewissen Ländern müßte man durch Ihre Zusage nicht nachkommen, während gleichzeitig Ihre anerkannte Sachkenntnis in finanziellen Dingen unangetastet bliebe.« Wieder hielt der Praelector inne, und diesmal setzte er eine äußert bedeutsame Miene auf, um die Ernsthaftigkeit zu unterstreichen, mit der er gesprochen hatte. Er hatte nicht umsonst als Knabe Forellen gekitzelt und wußte, wann man besonders vorsichtig sein mußte. Edgar Hartang, der am anderen Ende des grünen Sofas saß, hatte kaum geatmet. »Selbstverständlich werden Sie diesen Vorschlag in Ruhe durchdenken und mit Ihren Beratern erörtern wollen, ehe Sie uns antworten. Seien Sie jedoch versichert, daß das Amt eines Rektors keineswegs leichtfertig oder einer Laune folgend vergeben wird. Auch ist es lediglich mit formalen Pflichten verbunden. Ihr Amtssitz wäre das Rektorenhaus, und die Collegebediensteten stünden ebenso zu Ihrer Verfügung wie jeglicher Komfort, den Sie zu Ihrer Bequemlichkeit und Sicherheit wünschen. Zugleich wäre Ihre gesellschaftliche Stellung gesichert. Porterhouse ist eines der ältesten Colleges in Cambridge, und, falls mir eine offene Bemerkung gestattet ist, Ihre Leistungen auf dem Gebiet der elektronischen Kommunikation wären für uns unbezahlbar, von Ihrer Sachkenntnis auf dem Gebiet der Finanzen ganz zu schweigen. Ich werde Sie jetzt verlassen. Die kommenden drei Tage wohne ich im Hotel Goring und erwarte dort Ihre Antwort.« Der Praelector erhob sich und verabschiedete sich mit einer kaum merklichen diplomatischen Verbeugung. Als sich die Fahrstuhltüren geschlossen hatten, lockerte Hartang seinen Kragen, nahm wieder Platz und versuchte, sich einen Reim zu machen auf die ungewöhnliche Mixtur aus Drohungen und Versprechungen, die ihm soeben zu Ohren gekommen war. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie etwas auch nur annähernd Vergleichbares erlebt. Eine Stunde lang suchte er im Angebot des Praelectors nach einem Haken, fand aber keinen. Vielleicht kam ja Schnabel dahinter. Er nahm den Hörer ab und tippte die Privatnummer des Anwalts.
    Es war ein anderer Hartang, der sich an diesem Abend zu einer Besprechung mit Schnabel, Feuchtwangler und Bolsover einfand. Die Erkenntnis, daß etwas Fundamentales in seinem Leben geschehen war, hatte Edgar Hartang im Umgang mit seinen Rechtsanwälten zurückhaltender werden lassen. »Halten Sie es für koscher, daß man den alten Sack ermächtigt hat, Verhandlungen zu führen, als ob er ’n Botschafter wär oder so was?« fragte er sie.
    »Durchaus«, sagte Schnabel.
    »Es ist eine sehr große Ehre«, ergänzte Bolsover. »Und bietet höllisch gute Protektion«, lautete Feuchtwanglers Kommentar. »Ich hab noch nie gehört, daß sie einen Collegepräsidenten ausgeliefert hätten.«
    Hartang kaute auf einem Fingerknöchel herum. Das mit den vertraglichen Verpflichtungen hatte ihm gar nicht gefallen. Und ein Patensohn in der Downing Street? Und was zum Teufel hatte der alte Knilch mit dem Typ zu schaffen, der im britischen Innenministerium beschäftigt war, und mit Bischöfen und dergleichen?
    »So haben es die Tommys immer gehalten«, erläuterte Feuchtwangler. »Erst wickeln sie einen nach Strich und Faden ein, und dann sagen sie: ›Mach bei uns mit, alter Knabe.‹ Welche andere Option Ihnen bleibt, muß ich nicht erwähnen,

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