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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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ohne Einschränkung teilt, und ich bin beauftragt, Ihnen mitzuteilen, daß er das Thema gern mit Ihnen besprechen würde, und zwar, wenn es Ihnen recht ist, am Mittwoch, dem zwölften, um zwölf Uhr fünfundvierzig beim Essen.« Und noch ehe der verblüffte Schatzmeister darlegen konnte, daß er nicht nur kein Wort über die Verwendung von Spenden oder privaten Einfluß gesagt hatte, sondern auch kein Professor sei, hatte der sonderbare Amerikaner seine Hand ergriffen und geschüttelt, hatte betont, ihn kennengelernt zu haben, sei ihm eine große Ehre, und war aus dem Foyer geeilt. Der Schatzmeister sah ihn in ein riesiges Auto steigen, das dunkle Fensterscheiben und auf dem Dach eine Art Satellitenschüssel hatte. Als der Wagen davonbrauste, las der Schatzmeister auf seiner Seite noch die Worte »Transworld Television.«
    Dieser Anblick elektrisierte ihn. Er wußte nicht recht, ob er wußte, wer Mr. Edgar Hartang war, aber offensichtlich handelte es sich um einen Mann, der genug Geld hatte, um sich riesige Autos zu leisten. Der Schatzmeister ging ans andere Ende des Foyers zu dem Finanzexperten von Porterhouse, der sich gerade mit mehreren Rektoren technischer Fachhochschulen stritt, für die der Gedanke, Privatleute könnten sich in bildungspolitische Belange einmischen, etwas zutiefst Abstoßendes hatte. »Verzeihen Sie«, sagte der Schatzmeister so gewinnend wie möglich, »verzeihen Sie, aber könnten Sie mir wohl einmal rasch Ihr Vortragsmanuskript leihen? Was Sie zu sagen hatten, hat meiner Meinung nach den Nagel auf den Kopf getroffen.« »Diese Ansicht teilen wohl nicht alle Anwesenden«, sagte der Referent mit einem bösen Blick auf die Rücken der abziehenden Rektoren. »Sie können den ganzen Vortrag haben. Ich hab ihn auf Festplatte und kann ihn jederzeit ausdrucken.« Der Schatzmeister ging auf sein Hotelzimmer und las den Vortrag sehr sorgfältig durch. Das finanzielle Fachchinesisch verstand er zwar nicht durchgehend, doch soweit er es mitbekam, behauptete der Mann, wer für die finanziellen Grundlagen von Institutionen sorgte, habe auch das Recht, deren Bildungspolitik zu bestimmen. Der Vortrag hätte demnach genausogut die Überschrift tragen können: »Wer die Musiker bezahlt, darf die Musik aussuchen!« – eine Doktrin, die des Schatzmeisters Zustimmung fand.
    Auf der Zugfahrt zurück nach Cambridge las er den Vortrag noch mehrmals durch und lernte die zentralen Stellen auswendig. Am nächsten Tag im Büro änderte er zwei Buchstaben eines Wortes auf der Titelseite, entfernte den Namen des Autors und kopierte das Ganze mehrmals. Am folgenden Mittwoch, genau um 12 Uhr 30, betrat er die Zentrale der Transworld Television Productions in der Nähe von St. Katherine’s Dock, wo er sich zu seiner Überraschung Mr. Kudzuvine gegenübersah. Der Mann stand hinter dem Empfangstisch und hatte sich offenbar einen Pferdeschwanz wachsen lassen. Außerdem hatte er augenscheinlich ein Paar ansehnliche Brüste bekommen. Andererseits trug er die gleiche Sonnenbrille mit dunkelblauen Gläsern, den hellbraunen Rollkragenpulli und den schwarzen Blazer mit chromglänzenden Knöpfen. Noch beunruhigender war der Anblick zwei weiterer Kudzuvines, diesmal ohne Pferdeschwänze und Brüste, die durch einen Metallrahmen auf ihn zukamen, der genauso aussah wie ein Metalldetektor in einem Flughafen.
    »Ich habe einen Termin bei Mr. Hartang«, teilte der Schatzmeister der Person – die, wie er jetzt sah, eindeutig weiblichen Geschlechts war – hinter dem Tresen mit. Sie warf einen Blick auf den Computerbildschirm und reichte ihm eine Plastikkarte. »Folgen Sie einfach den Brüdern«, sagte sie. Als sich der Schatzmeister umdrehte, standen die beiden massigen Männer direkt hinter ihm. Im nächsten Augenblick leerte er sämtliche metallenen Gegenstände aus den Taschen, und seine Aktentasche war in einem Röntgengerät verschwunden. Keiner der beiden sagte ein Wort, und erst als er durch den Metalldetektor gegangen war und seine Taschen wieder füllte, tauchte Karl Kudzuvine auf. Auch er trug eine Sonnenbrille, einen braunen Rollkragenpulli, weiße Strümpfe und Mokassins. »Ich muß mich entschuldigen, Mr. Professor, Sir«, sagte er, während der Schatzmeister in eine winzige Fotokammer komplimentiert und mit einer Polaroidkamera fotografiert wurde, »aber wir kriegen Unmengen Drohungen von Terroristen, weil ... einige unserer Serien waren über die Regenwälder und Wale und Oktopusbabys. Sie wissen schon.« Das tat der

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