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Bloody Mary.

Bloody Mary.

Titel: Bloody Mary. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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eingelöst wurden, um England moralisch in die Knie zu zwingen. Und Männer wie Hartang ganz nach oben zu katapultieren. Der Praelector würde sein Leben geben, um zu verhindern, daß Hartang und seinesgleichen Porterhouse und die romantischen Tugenden zerstörten, die es verkörperte. Und doch mußte er lächeln. Engländer waren schon immer schlau gewesen, und er war auch kein Narr. Er ließ nur andere in dem Glauben, er sei einer.
    Der Dekan näherte sich dem Rektorenhaus mit größerer Beklommenheit, als er erwartet hatte. Sein Mut hatte ihn nicht verlassen, doch er hatte in den letzten paar Tagen so viele Schrecken und Demütigungen ertragen müssen, daß sein Selbstvertrauen schwer angeschlagen war. Außerdem hatten ihn die Gewalt und die ekelhaften Bilder in Kudzuvines Sprache auf den Tonbändern ernsthaft verstört. Selbst während seines Militärdienstes bei der Marine hatte er nichts derart Schmutziges und Brutales gehört wie die Ausdrucksweise, derer sich Kudzuvine bediente. Und nicht nur die Ausdrucksweise dieser Kreatur, mehr noch die gefühllose Hinnahme einer sinn- und bedeutungslosen Welt hatte ihn schockiert, schockiert und beunruhigt. Ausnahmsweise einmal empfand er ein gewisses Mitgefühl für den Schatzmeister und verstand, warum der in einer Nervenklinik gelandet war, auch wenn sein Mitgefühl damit endete. Der Mann mußte schon vorher verrückt gewesen sein, um sich überhaupt mit Kreaturen wie Kudzuvine und dem noch widerwärtigeren Hartang einzulassen. Als er sich die Bänder anhörte, war der Dekan mit der Hölle auf Erden konfrontiert worden, und er wollte keinen ihrer Stammgäste kennenlernen. Doch es war unumgänglich, also drückte er seinen kurzen Rücken durch und überquerte eiligen Schrittes den Rasen. Zu seiner Verblüffung stellte er fest, daß die Terrassentüren verriegelt waren. Er mußte zur Seitentür gehen und klingeln.
    Die Tür wurde bei vorgelegter Kette von Arthur geöffnet. Hinter ihm stand Henry, der Unterpförtner. »Ach, Sie sind es, Sir«, sagte Arthur. »Bitte warten Sie kurz, ich mache die Kette ab.«
    »Warum haben Sie die Kette überhaupt vorgelegt?« wollte der Dekan wissen. »Es wird schon niemand einbrechen. Viel zu stehlen gibt es ja nicht.«
    »Es liegt an dem amerikanischen Gentleman da oben, obwohl ich ihn persönlich keineswegs für einen Gentleman halte, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    »Und ob«, sagte der Dekan, »und ob ich das weiß, Arthur, und ich bin ganz Ihrer Meinung. Wo ist der Rektor?« »Mr. Skullion ist bei ihm auf dem Zimmer, Sir. Er verbringt die meiste Zeit da drinnen, auch wenn ich mir nicht denken kann, was er an dieser schauderhaften Sprache findet, Sir. Doch so haben wir den Amerikaner unter Kontrolle. Frißt dem Rektor praktisch aus der Hand.«
    Der Dekan stieg die Treppe nach oben, wo er der Schwester begegnete. »Sehr unangenehme Sache das, Schwester«, sagte er. »Tut mir leid, daß wir Sie dieser gräßlichen Tortur unterziehen müssen. Unendlich leid.«
    »Für mich ist es keine Tortur«, erwiderte die Schwester, »überhaupt nicht. Ich finde, es ist eine angenehme Abwechslung nach all der Husterei, den Erkältungen und so weiter. Das hier ist viel interessanter, ich habe so viele verrückte Geschichten gehört, und ich muß gestehen, daß ich meinen Wortschatz erweitert habe.«
    »Tja«, sagte der Dekan skeptisch. Er hatte nicht die Absicht, in Porterhouse eine Krankenschwester zu beschäftigen, deren Wortschatz mehr Gossenausdrücke enthielt, als erträglich war. »Tja, das glaube ich wohl. Und dem Rektor geht es gesundheitlich gut?«
    »Ich wüßte nicht, wann er je besser ausgesehen hätte, Sir. Glücklicher und wieder mehr der alte, verstehen Sie.« »Ausgezeichnet«, sagte der Dekan. »Nun, ich möchte Sie nicht von Ihren Pflichten abhalten, Schwester.« Er öffnete die Schlafzimmertür und hielt verblüfft inne. Vor Skullions Rollstuhl kniete ein nackter Mann auf dem Boden, die Hände flehentlich erhoben. »Sie müssen mir helfen, Rektor. Sie müssen einfach. Wenn Sie mich hier wegschicken, werd ich verrecken. Er hat mich zum Tode verurteilt. Großer Gott, Scheiße verdammte, was hab ich gemacht, Mann, und Zeit wird er sich mit mir nehmen, wie ein langsames Schmoren auf dem Holzkohlengrill, mit so was kennen Sie sich doch aus, Rektor, wenn sich einer damit auskennt, dann Sie. Bitte, bitte, Sie müssen jetzt sagen, daß Sie dem alten Kudzuvine helfen. Ich tu alles, was Sie sagen, Rektor, echt alles. Sie brauchen’s

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