Blow Out (German Edition)
fest.
Leuthards kehliges Lachen hallte durch die Küche. »Als ich Harris sah, wusste ich, dass ich an diesem Tag endgültig sterben würde. Ich meine, ich wusste es wirklich , verstehen Sie?«
Emma nickte.
»Das Erstaunliche daran ist«, fuhr er fort, »ich war bereit dazu. Ehrlich gesagt, ich wünschte mir zu diesem Zeitpunkt nichts sehnlicher, als endlich zu sterben. Und so paradox es klingt, was das betraf, war ich froh, Harris zu sehen. Er war der einzige Mensch auf der Welt, der meinen Wunsch erfüllen konnte. Ich bat Harris lediglich, es kurz zu machen. Er lachte nur und eröffnete mir voller Stolz, dass er jetzt für die CIA arbeitete und man beschlossen hatte, mich unter einer Bedingung am Leben zu lassen.«
»Kein Wort über Projekt Morgenröte und die Independence.«
»Harris hat es zwar etwas anders formuliert, aber unter dem Strich trifft das den Kern.«
»Aber warum hat man Sie am Leben gelassen?«, hakte Nick nach. »Für die CIA waren Sie ein potenzielles Risiko. Wäre es für Donovan nicht einfacher gewesen, zu beenden, was er auf der Independence begonnen hatte?«
»Sicher. Nur war man in den Chefetagen der CIA offenbar der Meinung, dass der Independence, vor allem aber meiner Person, bereits viel zu viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die offizielle Version um die Vorgänge während des Hurrikans war mit Zufällen bereits mehr als gespickt. Man wollte weitere unangenehme Schlagzeilen und neugierige Reporter vermeiden.«
»Klingt einleuchtend«, sagte Emma.
»Wie lautete der Deal?«, wollte Nick wissen.
Leuthard seufzte leise. »Harris packte mich an der einzigen Sache, die mir noch etwas bedeutete. Corinne. Er drohte damit, ihr etwas anzutun, sollte ich reden.«
Zum ersten Mal, seit Nick Leuthard kennengelernt hatte, zeigte er so etwas wie Gefühle. Seine verhärmten Gesichtszüge glätteten sich, seine Stimme klang einen Tick sanfter. »Die Dinge, die er mit meiner Tochter anstellen wollte, für den Fall, dass ich rede, waren unbeschreiblich. Während Harris alles aufzählte, was ihm an Grausamkeiten nur so einfiel, hatte ich das Gefühl, meine nicht mehr vorhandenen Eier würden in einem Schraubstock zerquetscht. Mein Leben war mir gleich, Corinnes jedoch keineswegs.«
»Du lieber Himmel«, rief Emma aus. »Sie müssen sich dafür doch nicht entschuldigen. Sie ist Ihre Tochter.«
Nick legte den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. »Die Frage, Dr. Leuthard, die mich seit einigen Tagen andauernd beschäftigt, lautet: Wie können wir das alles beweisen? Sicher, wir haben die Akte, aber ohne weitere Beweise wird man uns in der Luft zerreißen.«
»Mehr als das«, entgegnete Leuthard seelenruhig. »Man wird Sie beide eliminieren.«
Nick überging seinen Hinweis und sagte: »Wir brauchen etwas Handfestes.«
»Etwas Handfestes?« Leuthards Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Nun, da gäbe es etwas.«
»Was?«
»Ich kann Ihnen tatsächlich einen handfesten Beweis liefern. Aber er wird Ihnen nicht gefallen.«
86
Leuthards Ankündigung, einen Beweis für den Independence-Betrug zu haben, versetzte Emma in Aufregung. Durch das geöffnete Fenster drang der Straßenlärm von Hopetown herein, und irgendwo jaulte eine Polizeisirene. Wie elektrisiert stand Nick auf und stellte sich neben Emma ans Fenster. Gespannt blickte er auf Leuthard. »Was genau haben Sie uns anzubieten?«, wollte er wissen. »Befindet sich dieser Beweis hier in Ihrer Wohnung?«
»Oh, ich fürchte, Sie haben mich missverstanden, junger Freund. Ich bin weder im Besitz eines Beweises, noch kann ich Ihnen diesen liefern. Ich kann Ihnen nur sagen, wie Sie an ihn gelangen können. Den Rest müssen Sie schon selber erledigen. Aber wie gesagt, er wird Ihnen nicht gefallen.«
»Alles ist besser, als darauf zu warten, dass der SCS uns erwischt«, erwiderte Emma, »und das wird über kurz oder lang der Fall sein. Also?«
»Sie erinnern sich daran, wie ich Ihnen erzählte, dass Harris meinen Kollegen Claude mit einem Schraubenschlüssel erschlug?« Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr er fort. »Danach ließ Harris dieses Ungetüm fallen. Mitten hinein in Xaviers und Claudes Blut. Bevor ich floh, schnappte ich mir diesen Schraubenschlüssel. Fragen Sie mich nicht, weshalb. Ich denke, ich hatte vor, mich damit zu verteidigen. Leider kam ich nicht dazu, weil mir dieses verdammte Teil aus der Hand rutschte und in einen Lüftungsschlitz fiel.« Leuthard leckte sich über die Lippen. »Ich habe mich oft gefragt, wie
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