Blow Out (German Edition)
beobachteten sie das hellhäutige Paar, das zu Fuß und nur unzulänglich durch Baseballkappen vor der brennenden Sonne geschützt zielstrebig den neuen Hafen ansteuerte.
Emma wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. »Diese Hitze ist unerträglich.«
Nick zuckte mit den Achseln. »Letztes Jahr habe ich fünf Tage hier verbracht. An allen fünf war es heißer als heute.«
»Ist es noch weit?«
»Nein.«
Sie bogen in eine lange Straße ein, an deren Ende sich unter dem hellen Blau des Himmels eine hohe Steintreppe abzeichnete. Mit jedem Meter, dem sie sich dem Hafen näherten, schmeckte die Luft salziger.
Emma beobachtete Nick, der ganz in seine eigenen Gedanken versunken war, seit sie Hopetown verlassen hatten. »Willst du mir nicht endlich sagen, was dich bedrückt?«
»Ich bin wütend.«
»Auf Mettrack?«
»Diese Verbrecher! Kohlendioxid in dermaßen großem Umfang und über einen so langen Zeitraum zu verklappen …« Er hielt inne und sah ihr in die Augen. »Emma, ist dir eigentlich klar, was das bedeutet?«
»Kein Wunder, dass die Meere versauert und ganze Ökosysteme abgestorben sind.« Automatisch tastete sie nach Merediths Korallenkette, griff jedoch ins Leere. Ihr Besuch beim Pfandleiher schien ewig weit zurückzuliegen. Tatsächlich war er gerade einmal zwei Tage her.
»Saure Meere sind längst nicht alles«, schnaubte Nick. »Die Durchschnittstemperaturen auf der Erde erhöhen sich von Jahr zu Jahr. Dürreperioden wechseln sich mit verheerenden Stürmen ab, Eis und Gletscher gibt es nur noch in der Ostantarktis. In den letzten dreißig Jahren ist der Meeresspiegel um mehr als elf Meter angestiegen. Zwei Milliarden Menschen befinden sich auf der Flucht vor dem Meer und töten für Trinkwasser und Nahrungsmittel.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Es ist allgemein bekannt, dass der massive Kohlendioxidausstoß die Hauptursache für den Treibhauseffekt ist. Ich habe auf dem Flug recherchiert und einige Berechnungen angestellt …« Er stockte und blickte in Richtung Meer. Schließlich gab er sich einen Ruck. »Ich bin mir inzwischen sicher, dass dieser Prozess aufgrund der gigantischen Kohlendioxid-Verklappung von Mettrack derart dramatisch beschleunigt wurde!«
»Das ist jetzt nicht dein Ernst.«
»Sehe ich so aus, als ob ich Witze mache?«, fuhr er sie an. »Mettrack und deine Regierung wussten über die Risiken von Projekt Morgenröte sehr genau Bescheid, und sie nahmen die Folgen aus reiner Profitgier in Kauf.«
»Mach dich nicht lächerlich, Nick. Den Treibhauseffekt gab es schon in unserer Kindheit. Mettracks illegalen Methoden muss das Handwerk gelegt werden, keine Frage. Aber du willst dem Konzern und meinem Land die Schuld an einem Prozess zuschreiben, der nachweislich bereits im letzten Jahrhundert in Gang geraten ist. Das ist Blödsinn.«
»Blödsinn?«
»Bitte schrei mich nicht so an.«
Er kniff die Augen zusammen. »Weshalb hat sich der Kohlendioxidanteil in der Atmosphäre von ursprünglich ein Prozent inzwischen verdreifacht? Diese Frage beschäftigt die Fachwelt schon lange. Nun, ich denke, wir kennen jetzt den Grund.«
Sie überlegte. »Okay, lächerlich und Blödsinn nehme ich zurück, aber ich bin nach wie vor skeptisch. Mettrack verklappt illegal Kohlendioxid, ja, aber doch nur die Menge, die in der Industrie sowieso anfällt und die man auch ohne Sequestrierung in die Luft geblasen hätte.«
»Das stimmt so nicht. Der weltweite Methanverbrauch ist dank der Technologien von Mettrack unaufhörlich in die Höhe geschossen, und Methan ist dreißig Mal klimaschädlicher als Kohlendioxid.«
Er streckte zwei Finger hoch. »Der zweite Faktor ist die Sequestrierung. Du behauptest, die Industrie würde auch ohne Sequestrierung Kohlendioxid in die Luft blasen.«
»Genau.«
»Das ist falsch. Du vergisst den Zertifikatehandel. Er ermöglicht es Unternehmen und Staaten, ein Vielfaches an Kohlendioxidemissionen zu verursachen und trotzdem unter den jeweiligen Grenzwerten zu bleiben. Natürlich in der Annahme, das an Mettrack gelieferte Kohlendioxid würde fachgerecht und für alle Zeiten unter dem Meer gelagert.« Er ballte die Hände zu Fäusten. Emma spürte förmlich, wie er innerlich vor Wut kochte. »Denk nach, Emma, wir reden hier von gigantischen Mengen über einen Zeitraum von vierzig Jahren! Verflucht, das ist nicht nur bloße Theorie!«
Sie schürzte die Lippen und dachte nach. Sollte Nick mit seiner Behauptung richtigliegen, würde das vieles
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