Blow Out (German Edition)
Damit war sie aus dem Schneider. Der alte Mann würde nie erfahren, dass eine digitale Kopie der Akte existierte. Zuvor aber musste sie eine Sache unbedingt noch erledigen. Hoffentlich konnte man ihr dabei in dem kleinen Elektrofachgeschäft unweit des Hauptbahnhofs weiterhelfen. Sie hängte sich ihre Handtasche um, schnappte sich den USB -Stick und verließ ihr Büro.
17
Jason Collins schob die schwarze Baseballkappe mit dem Emblem des Sicherheitsdienstes in den Nacken. Nervös strich er sich über die Koteletten, die im Lichtschein der Monitore genauso kupferrot leuchteten wie seine kurzgeschorenen Haare. Verflucht, die Sache lief aus dem Ruder, und er hatte keinen Plan, wie er weiter vorgehen sollte.
Vor wenigen Wochen erst zum neuen Sicherheitschef der Amerikanischen Botschaft ernannt, drohte Collins gleich bei seiner ersten echten Bewährungsprobe ein Fiasko. Wütend hieb er mit der Faust auf die Lehne seines Bürostuhls. Mit seinen 34 Jahren war Jason Collins der jüngste Sicherheitschef einer Amerikanischen Botschaft aller Zeiten, und bei Gott, er würde die Sache nicht versauen!
Collins saß im abgedunkelten Rund des mit elektronischem Hightech vollgestopften Kontrollzentrums der Botschaft vor einer breiten Wand mit insgesamt 24 Monitoren. Jeder einzelne zeigte den Bildausschnitt einer der 96 Videokameras, die eine lückenlose Überwachung des Botschaftsgebäudes und -geländes ermöglichten. In diesen Minuten jedoch interessierte sich Collins nur für die Ereignisse auf Monitor 17. Aus der Vogelperspektive, gestochen scharf und in Farbe, verfolgte er angespannt das Geschehen, das sich drei Stockwerke über ihm abspielte.
Emma Fisher verließ ihr Büro in Richtung der Aufzüge. Sie machte einen nervösen Eindruck. In ihrer Faust hielt sie einen kleinen Gegenstand umklammert. Sie erreichte den Aufzug, drückte den Rufknopf und ließ den Gegenstand in ihrer Hand rotieren.
»Da!«, rief Collins und deutete mit dem Finger darauf. »Siehst du, Rusty, ich hatte recht. Sie hat den Stick bei sich.«
Neben dem hochgewachsenen schlaksigen Collins wirkte Rusty Simmons mit seinem athletischen Körperbau und dem vorspringendem Kinn deutlich kompakter.
Er murmelte etwas, das sich nach »Ich seh’s« anhörte.
»Heranzoomen«, befahl Collins, ohne den Blick vom Monitor abzuwenden.
»Was?«
»Den Stick. Vielleicht erkennen wir die Seriennummer. Könnte für eine Rückverfolgung wichtig sein.«
»Geht klar.«
Simmons’ linke Hand fuhr über den Touchscreen. Geschickt bediente er mit dem Daumen und Zeigefinger der rechten Hand den Joystick, der die Kamera manövrierte.
Die Hand der Frau schloss sich um den Stick.
»Scheiße«, fluchte Collins, während Simmons zurück auf die Totale schaltete. Sie sahen gerade noch, wie die Frau ihre leere Hand aus der Handtasche zog.
»Der Stick ist in ihrer Tasche«, bemerkte Simmons.
»Was du nicht sagst.«
»Kennst du die Kleine eigentlich persönlich?«
Collins schüttelte den Kopf. »Nein, aber sie war dabei, als Franklin mir meine Ernennungsurkunde überreicht hat. Sie hat mir gratuliert. Franklin hält große Stücke auf sie.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Zumindest bis gestern. Da hat er nämlich bemerkt, dass die Schlampe ihn bestiehlt.«
»Sie bestiehlt den Botschafter?« Aus Simmons sprachen zeitgleich Verachtung und Bewunderung. »Traut man der Kleinen gar nicht zu. Sie sieht eigentlich ganz niedlich aus.«
»Halt die Klappe. Ich muss nachdenken.«
Die Zielperson verließ den Aufzug und bewegte sich auf den Ausgang zu. Allmählich wurde die Situation brenzlig. Verzweifelt warf Collins einen Blick auf das Display seines Communicators. Ohne neue Instruktionen hing er in der Luft. Emma Fisher wollte mit dem Stick die Kurve kratzen. Was sollte er jetzt unternehmen?
Er kratzte sich hinter dem Ohr. Die ganze Zeit über hatte er sich furchtbar gelangweilt, und jetzt überschlugen sich die Ereignisse. Verflucht noch eins.
Soeben trat die Zielperson vor die Sicherheitsschranke. Collins blieben geschätzte drei Minuten, bevor sie das Botschaftsgelände verließ und somit seinen Machtbereich. Nervös trommelte er mit den Fingern auf die Stuhllehne.
»Verflucht, warum meldet sich der Alte nicht?«
Emma Fisher näherte sich dem Ausgang.
»Was jetzt, Chef?«, fragte Simmons.
»Meine Instruktionen sind eindeutig. Nur beobachten, nicht eingreifen. Franklin will unter keinen Umständen, dass die Kleine die Observierung bemerkt.«
»Aber ich kann nicht
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