Blow Out (German Edition)
interessiert sich für uns.«
Emma blickte rundum. Die einzelnen Tische standen weit genug auseinander, und die Mütter, die an ihnen saßen, hatten ohnehin nur Augen für ihre spielenden Sprösslinge. »Meinetwegen.«
Sie nahm den Ordner aus dem Aktenkoffer und schob ihn über den Tisch. Nick schlug ihn auf und begann, Seite für Seite zu überfliegen. Nach einer Weile tippte er mit dem Finger auf eines der Dokumente. Ohne aufzusehen, fragte er: »Der Name deines Bosses ist Leland Franklin, richtig?«
»Ja.«
»Bist du dir sicher, dass er und der Franklin, von dem hier die Rede ist, ein und derselbe sind?«
»Hundertprozentig.«
»Hat er dir jemals zuvor von dieser Sache erzählt?«
»Spinnst du?«
»Ich meine natürlich nicht die Morde. Hat er dir gegenüber nie erwähnt, dass er seinerzeit auf der Independence war?«
»Wieso sollte er?«
»Ihr verbringt viel Zeit miteinander, während ihr von einer Veranstaltung zur nächsten fahrt.« Nick sah auf. »Sprecht ihr da nie über persönliche Dinge?«
»Du meine Güte, Nick, wir reden hier vom amerikanischen Botschafter! Franklin ist 64 Jahre alt, verheiratet und mein Vorgesetzter. Wir verstehen, ich meine, verstanden uns gut, aber stets auf rein geschäftlicher Ebene. Darüber hinaus trennen uns aber Welten. Um also deine Frage zu beantworten: Nein, ich weiß praktisch weder etwas über seine Vergangenheit, noch kenne ich den Menschen Franklin.« Sie lachte bitter auf. »Was mir neuerdings schmerzhaft bewusst wird.«
»Aha.« Er vertiefte sich wieder in die Akte.
Nach einer Weile blickte er auf. »Mein Englisch ist zwar gut, so gut aber auch nicht. Warum gehen wir diese Dokumente nicht gemeinsam durch?«
Sie lächelte und setzte sich neben ihn.
39
»Dies ist ein Abhörprotokoll der NSA , der Nationalen Sicherheitsbehörde der Vereinigten Staaten«, erklärte Emma, »von der viele scherzhaft behaupten, die Abkürzung NSA stehe für ›No Such Agency‹ – eine solche Behörde gibt es nicht.«
»Sogar ich weiß, dass es die gibt«, entgegnete Nick.
»Sieh mal. Die zu den Telefonanschlüssen gehörenden Namen sagen mir nicht das Geringste, aber die Rufnummern sind äußerst seltsam.«
»Inwiefern?«
»Eine amerikanische Rufnummer besteht aus sieben Ziffern, zusätzlich einem dreistelligen Area-Code, vergleichbar einer deutschen Vorwahl. Die Area-Codes auf dieser Liste jedoch besitzen durchweg vier Stellen.« Sie schüttelte den Kopf. »Es gibt keine vierstelligen Area-Codes.«
»Anscheinend doch«, kommentierte Nick. Er zog einen Notizblock mitsamt Kugelschreiber aus seinem Rucksack und machte sich eine Notiz.
Emma heftete das Dokument ab und nahm den Bericht eines Navy-Offiziers namens Marcus Brooks, gerichtet an das CIA -Hauptquartier in Langley, zur Hand. »Dieser Bericht handelt von technischen Problemen an Bord der Independence.«
»Lass mal sehen«, forderte Nick und nahm Emma das Papier aus der Hand. Er überflog die Seite und sagte: »Offenbar sind im Rahmen von Projekt Morgenröte Messinstrumente ausgefallen und haben falsche Daten geliefert. Soll-Ist-Werte diverser Messkurven wichen voneinander ab und dergleichen mehr.« Er blickte auf. »Wer war dieser Brooks?«
»Chief Warrant Officer Marcus Brooks war der verantwortliche Projektleiter.«
Nick schien skeptisch zu sein. »Da Brooks direkt an das CIA -Hauptquartier berichtete, muss er mehr gewesen sein als nur ein einfacher Offizier.« Er blätterte ein wenig in der Akte und fand, was er suchte: »Dies hier ist der Einsatzbericht einer Special-Operations-Forces-Einheit namens PM 9. Er handelt von Beweissicherungen und davon, dass man Druck auf die anwesenden Wissenschaftler ausübte. Kein Navy-Offizier geht so weit ohne entsprechende Instruktionen von höherer Stelle.«
»Richtig.« Emma überlegte. »Offenbar hat man versucht, nicht näher bezeichnete Gutachten dieser Wissenschaftler in entscheidenden Passagen ändern zu lassen.«
Nick runzelte die Stirn. »Gutachten welcher Art?«
»Ich hatte gehofft, dass du mir bei diesem Thema behilflich sein könntest.«
Er kratzte sich am Kopf und kritzelte eine weitere Notiz in seinen Block. »Wir werden sehen. Wir sollten zunächst herausfinden, worum es bei Projekt Morgenröte eigentlich genau ging.«
Emma nickte.
Sie kamen zu der Stelle, an der Brooks über die Ermordung von vier Menschen berichtete. Während Emma für Nick übersetzte, stockte sie mehrmals. Die Art und Weise, wie Marcus Brooks jeden einzelnen Tathergang ausführlich
Weitere Kostenlose Bücher