Blow Out (German Edition)
in sämtlichen grausigen Einzelheiten schilderte, widerte sie an.
»Also, was haben wir«, fasste Nick zusammen, als sie mit dem Bericht durch waren. »Drei der Opfer waren Wissenschaftler. Dieselben, die sich laut vorigem Bericht gegen die Abänderung und Zensierung ihrer Gutachten gewehrt hatten.«
»Ja.«
Er tippte mit dem Finger auf eine Textpassage. »Wir müssen unbedingt mehr über diese Gutachten herausfinden. Aus dem vierten Opfer, River Maddox, werde ich nicht schlau. Maddox war Berufstaucher und zuständig für die unterseeischen Kontrollen und Reparaturen an Bohrinsel und Pipelines.«
»Was hat ein Taucher mit Geo-Physikern zu schaffen?«
»Keine Ahnung. Maddox passt nicht ins Bild.« Er zwinkerte ihr zu. »Noch nicht.«
Gemeinsam beugten sie sich wieder über die Akte.
»Hier steht«, sagte Emma, »dass bereits im Vorfeld der Aktion die Anweisung bestand, alle vier Morde als Unglücksfälle darzustellen. Der Hurrikan kam den Verantwortlichen sehr gelegen. Aufgrund der besonderen Umstände von Projekt Morgenröte war sich die CIA im Klaren darüber, dass die Todesfälle zwangsläufig vor einem unabhängigen Untersuchungsausschuss des Kongresses landen würden. Dementsprechend sorgfältig hatte man die Morde arrangiert. Bei den Opfern handelte es sich, laut offizieller Version, um Personen, die leichtsinnigerweise ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten, indem sie während eines Hurrikans die Ausgangssperre missachteten.«
Nick lehnte sich zurück und fasste sich mit einer Hand ans Ohrläppchen. »Unter dem Strich lautete das Fazit deiner Regierung also: Selber schuld, Jungs.«
»Kaum zu glauben, dass sie damit durchkamen.«
»In Bezug auf politische Intrigen wundert mich schon lange nichts mehr.«
Emma erwiderte nichts.
Nick blätterte vor, bis er auf eine Reihe von Fotos stieß. »Das hier sind die Opfer.« Nach und nach betrachtete er die Gesichter der Männer, bevor er die Fotos an Emma weiterreichte.
Der erste Schnapschuss zeigte einen hageren, braungebrannten Südländer, mit wallendem Haar und stechendem Blick. Das Kurzprofil unter dem Bild wies ihn als Professor Xavier Rochas aus. Auf einem weiteren Foto grinste ein dicker Mann unbeholfen in die Kamera. Dr. Claude Chevallier. Auch unter seinem Bild sowie unter dem des Dritten im Bunde, einem Schweizer namens Dr. Roman Leuthard, fanden sich entsprechende Kurzprofile. Mit seinem weißen Bart und der Halbglatze erinnerte Leuthard an einen Franziskanermönch. Das letzte Foto zeigte River Maddox in voller Montur, kurz vor einem Tauchgang. Ein attraktiver Mittzwanziger, braungebrannt, mit Lachfältchen um die Augen. Ein echter Sonnyboy.
Nachdenklich legte Nick die Fotos nebeneinander auf den Tisch. »Weshalb waren diese Männer auf der Independence? Mal abgesehen von River Maddox. Seine Aufgabe dürfte klar sein.«
»Ich weiß es nicht.« Emma schüttelte den Kopf. »Unvorstellbar. Man hat sie nur umgebracht, weil sie eine Zensur ihrer Forschungsergebnisse und Gutachten ablehnten.«
»Das können wir noch nicht mit Bestimmtheit sagen«, warf Nick ein, »aber man hat Menschen schon wegen weit weniger getötet.«
»Auch wieder wahr.«
In den Affengehegen, unweit der Parkanlage, ging auf einmal die Post ab. Zwei Affen stritten sich lautstark, ihre Kumpane fielen in das Gebrüll mit ein, und für eine Minute war außer dem Affentheater nichts weiter zu hören. Emma und Nick sahen sich an und mussten beide grinsen. Emma lag ein Kommentar auf der Zunge, und wie sie Nick kannte, erging es ihm nicht anders. Das Gebrüll ebbte so schnell ab, wie es aufgebrandet war, und sie konzentrierten sich wieder auf ihr Gespräch.
Nick nahm eines der Fotos in die Hand. »Wir müssen mehr über diese Männer erfahren.«
»Die Independence war ein Gemeinschaftsprojekt der US- Regierung und dem Energiekonzern Mettrack International«, überlegte Emma laut. »Mettrack hatte sich damals als erstes privates Unternehmen auf die Erschließung von Methanhydratvorkommen spezialisiert.«
Nick stimmte ihr zu. »Nach dem Super- GAU von Fukushima in 2011 war Atomkraft verpönt. In vielen Ländern wurden nach und nach die Atomkraftwerke abgeschaltet. Neue, sichere Energiequellen mussten her.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Was die Förderung von Methanhydraten angeht, meldete man damals größte Bedenken an.« Er tippte auf die Akte. »Deswegen entschied man, unabhängige Beobachter an Bord zu nehmen. Diese sollten das Projekt überwachen und die Ergebnisse an das IPCC
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