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Blow Out (German Edition)

Blow Out (German Edition)

Titel: Blow Out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Laub
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Fäkaliengestank. Vor ihnen lag eine pechschwarze Wasserfläche, die vom geheimnisvollen Schimmer des Vollmonds beschienen wurde und deren Wellengang sich hob und senkte. Irgendwo dort draußen lag ihr Ziel. Emma schloss die Augen und drückte sich enger an die schützenden Schläuche des Bootes.
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    Emma erwachte schreiend. Ihr Herz schlug schnell, und sie schwitzte. Es dauerte einige Sekunden, bevor sie realisierte, dass sie einen Alptraum gehabt hatte. Ein gesichtsloser Killer hatte eine Waffe auf sie gerichtet und abgedrückt. Es war unglaublich real gewesen, letzten Endes aber doch nur ein Traum. Emma zwang sich dazu, ruhig zu atmen, dann sah sie sich um.
    Im ersten Moment hatte sie keine Ahnung, wo sie sich befand. Durch ein Fenster einfallende Lichtstrahlen blendeten sie. Es war heiß und stickig und roch nach Moder, durchmischt mit einem weiteren Geruch, auf den sie jedoch nicht kam. Sie kniff die Augen zusammen und setzte sich auf. Das Bett unter ihr quietschte und knarzte. Die fleckige Schaumstoffmatratze war durchgeschwitzt. Sie war nicht bezogen, genauso wenig wie Kissen und Decke. Während ihre Augen sich langsam an die Helligkeit gewöhnten, verdrängte der Anblick des altmodischen Schlafzimmers allmählich den Alptraum, und sie erinnerte sich daran, wo sie war.
    Sie quälte ihre Beine, die ihr wie zwei schwere Eisenstangen vorkamen, über den Bettrand und tapste barfuß über die knarrenden Holzdielen ans Fenster. Ihre Füße glichen geschwollenen Teigklumpen. Wie viele Kilometer hatte sie gestern insgesamt zu Fuß zurückgelegt? Sie wusste es nicht. Außerdem schmerzte der kleine Riss an ihrer Wange, den sie sich gestern auf dem Segway zugezogen hatte, als sie gegen Nicks Rucksack geknallt war.
    Durch dreckige Fensterscheiben blickte sie nach draußen. Wie schon seit Wochen brannte die Sonne auch heute gnadenlos herunter. Mit der rechten Hand schirmte Emma ihre Augen ab, bevor sie das Fenster öffnete. Schwüle Luft strömte ins Zimmer. Emma schmeckte Salz und identifizierte endlich den zweiten Geruch. Meeresluft . Irgendwo schrien Möwen. So weit ihre Augen reichten, erstreckte sich eine schmutzig braune Brühe, aus der vereinzelt ausgebleichte Baumkronen ragten. Linker Hand reihten sich zerfallene Bauernhäuser aneinander, gefangen in einer Nordsee, die mehr einem Morast glich als einem Meer. Keine Menschenseele war zu sehen, weder auf den überfluteten Straßen noch in den Fenstern der Häuser. Eine schwache Brise fächelte warmen Wind auf ihre Haut. Wellen plätscherten gegen das Haus. Willkommen am Ende der Welt.
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    Sie fand Nick in der Küche. Ein verrosteter Gasherd, eine offensichtlich defekte Mikrowelle und ein leerer Kühlschrank dominierten den Raum, dazwischen stapelten sich dreckige Töpfe und Pfannen auf den Ablageflächen. Die darin eingetrockneten Essensreste standen kurz davor, ein Eigenleben zu entwickeln. Schimmel überzog die Wände. Das Schlimmste aber war der Schlamm auf dem Boden. Eine zentimeterdicke Schicht davon überzog das gesamte Erdgeschoss. Ein Überbleibsel der Sturmflut der vergangenen Tage. Im gesamten Erdgeschoss konnte man keinen Schritt tun, ohne von einem schmatzenden Geräusch begleitet zu werden. Zu allem Überfluss stank der Schlamm nach faulen Eiern.
    Nick saß in der Mitte des Raums auf einem einfachen Stuhl an einem Holztisch. Unübersehbar hatte auch er in den Klamotten geschlafen. Seine Locken standen in alle Richtungen vom Kopf ab. Auf dem Tisch hatte er leere Konservendosen kunstvoll zu einer Art Halterung gestapelt, gegen die er seinen ausrollbaren Monitor gelehnt hatte. Daneben lag der Rucksack sowie ein alter Laptop, auf dessen Tastatur er wie wild herumhackte.
    »Wie spät ist es?«, fragte sie.
    Er sah auf und grinste süffisant.
    »Was ist?«
    »Ich hatte ganz vergessen, wie du morgens aussiehst.« Er grinste bis über beide Ohren.
    »Nick?«
    »Ja?«
    »Halt die Klappe. Wo ist das Bad?«
    »Nebenan.« Er widmete sich wieder seinem Monitor.
    Sie schlurfte einen Raum weiter, um sich kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen und den schalen Geschmack im Mund loszuwerden.
    Sie öffnete die Tür und hielt mitten in der Vorwärtsbewegung inne. Gegen diesen Raum mutete die Küche geradezu heimelig an. Wand- und Bodenfliesen starrten vor Dreck. Schimmel, wohin sie blickte. Die Toilettenschüssel war bis zum Rand mit Urin gefüllt. Offenbar funktionierte der Abfluss nicht, einen Deckel zum Zuklappen gab es nicht. Beißender Uringestank brannte ihr in der

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