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Blow Out (German Edition)

Blow Out (German Edition)

Titel: Blow Out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Laub
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vorüber.« Sie stockte. Es war offensichtlich, wie schwer es ihr fiel, über all das zu reden.
    »Es war eine furchtbare Zeit für uns. Selbst als die Ärzte meinem Vater neue Stimmbänder einsetzten, sprach er kaum ein Wort. Er weigerte sich schlichtweg. Nun wandten sich auch diejenigen Menschen enttäuscht von ihm ab, die ihn all die Jahre über mehr oder weniger regelmäßig besucht hatten. Ihm war es vollkommen gleich. Einmal, wenige Tage nach der Stimmbandoperation, bat er mich um eine Zyankalikapsel.« Nervös zupfte sie an ihrer Bluse herum. »Stellen Sie sich vor, er bat mich, seine eigene Tochter, ihn umzubringen. Ich rannte weinend aus dem Zimmer und habe ihn einen Monat lang nicht besucht. Er hat mich nie wieder darum gebeten. Als es nicht anders ging, habe ich meine Arbeit aufgegeben, und seitdem kümmere ich mich um ihn. Die ersten Jahre waren hart. Nichts konnte ich ihm recht machen, ständig beschimpfte er mich. Aber ich hielt durch, und irgendwann akzeptierte er mich und meine Hilfe. Ich war, nein ich bin die einzige Person, die zu ihm durchdringt.« Sie suchte Blickkontakt mit Emma.
    »Was ist mit Ihrer Mutter?«, fragte Emma.
    »Was meinen Sie?« Die Frage schien sie aus dem Konzept zu bringen.
    »Nun, Sie widmen Ihr Leben der Pflege Ihres Vaters. Damals wie heute. Welche Rolle spielte Ihre Mutter dabei? Sie haben sie nicht erwähnt.«
    Corinne Leuthard trank einen Schluck Tee. »Meine Mutter ist mit dieser Situation nicht fertig geworden. Sie hat uns vier Jahre nach dem Unfall verlassen und einen anderen Mann geheiratet. Wir haben seit über dreißig Jahren keinen Kontakt mehr zu ihr.«
    »Nicht jeder kann sein Leben einem anderen unterordnen«, bemerkte Nick. »Ich bewundere Ihr Durchhaltevermögen. Leider hatte meine Mutter mit mir nicht so viel Glück wie Ihr Vater mit Ihnen.«
    »Mr Cox, die Frage, ob ich durchhalten würde oder nicht, stellte sich niemals. Ich hatte schlichtweg keine andere Wahl.«
    »Man hat immer die Wahl.«
    »Nicht, wenn man liebt«, entgegnete Corinne Leuthard leise und starrte in ihre Tasse.
    »Was erwarten Sie von uns Ms Leuthard?« Allmählich wurde Emma ungeduldig. »Obwohl Sie davon ausgehen müssen, dass Ihr Vater nicht mit uns reden wird, bitten Sie uns zu sich. Weshalb?«
    Corinne Leuthard sah abwechselnd von einem zum anderen. »Sie sind die Ersten, die mit handfesten Beweisen im Gepäck anreisen.«
    »Und Sie denken, das reicht aus, damit Ihr Vater sein Schweigen bricht?«, hakte Nick nach.
    »Ich weiß es nicht, aber ein besserer Augenblick wird nicht kommen. Er wird bald 93, habe ich das erwähnt?«
    Emma war skeptisch. »Das ist nicht der einzige Grund, weswegen wir heute hier zusammensitzen. Raus damit.«
    Einmal mehr zögerte Corinne Leuthard, bevor sie leise zwei Worte sprach. »River Maddox.«
    »Maddox? Der Taucher?«, fragte Emma vollkommen überrascht.
    Corinne Leuthard nickte.
    »Was hat River Maddox damit zu tun?«
    »Alles. Einfach alles.«
    73
    River Maddox.
    Während sich Corinne Leuthard aufmachte, um ihren Vater zu holen, dachte Nick an den Taucher. Er war einer der Männer gewesen, die man in jener Nacht getötet hatte, doch darüber hinaus hatte sich in all ihren Recherchen nie eine schlüssige Verbindung von Maddox zu den IPCC -Wissenschaftlern ergeben. Bisher waren er und Emma stets davon ausgegangen, River Maddox sei lediglich ein zufälliger Zeuge der Morde gewesen, weswegen er ebenfalls eliminiert werden musste. Wie es nun schien, spielte Maddox in dieser Angelegenheit doch eine bedeutendere Rolle.
    »Kannst du dir einen Reim darauf machen?«, fragte er Emma.
    »Nein. Wir müssen Leuthard unbedingt zum Reden bringen. Nur überlass das bitte vorerst mir. Nimm das nicht persönlich, aber ich glaube, ich kann das besser als du.«
    »Aber natürlich.« Ein spöttisches Grinsen umspielte seine Mundwinkel. »Darf ich dich daran erinnern, dass es mein Job ist, Leute zu interviewen?«
    »Siehst du, da fängt es schon an. Das hier wird keines deiner Interviews. Wir müssen behutsam vorgehen.«
    Nick wollte protestieren, aber bevor er dazu kam, glitt die Wohnzimmertür zur Seite.
    Ein Mann in einem vorsintflutlichen Rollstuhl fuhr herein, gefolgt von Corinne Leuthard, die einen Infusionsständer hinter ihm herschob.
    Die Haare an Nicks Armen und Beinen stellten sich auf. Dieser Mann hatte nichts mit dem rustikalen Roman Leuthard gemein, dessen Bild sich in der Akte befand. Vor ihnen kauerte ein ausgemergelter Greis in seinem Rollstuhl. Die

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