Blue (Horror / Mystery / Okkult) (Jake Sloburn Horrorthriller) (German Edition)
Erbrochenen lag, ist jetzt nur noch die eklige Pfütze zu sehen, auch die Pulle ist weg. Fantastisch. Wie zum Hohn liegt aber sein abgewetzter und viel zu dünner Mantel da. Jetzt weiß ich auch, wer mich beklaut hat. Nur bringt mich das im Moment nicht sonderlich weiter. Ich schnappe mir also den Mantel, der erbärmlich stinkt, zieh' ihn über und marschiere los. Dabei verfluche ich den Mantel und seinen ehemaligen Besitzer ein paar Mal laut, obwohl ich mich ziemlich schnell an den Geruch gewöhnt habe. Er ist nur einfach furchtbar dünn, der Regen und der Wind ziehen mächtig rein.
Ich muss quer durch die Stadt, und den Hügel ein Stück hinauf, zum Seaside. Dort hin, wo sie vor ein paar Jahren einen Haufen dieser hässlichen kleinen Häuschen hingestellt haben. War ein Programm des Bürgermeisters, um die jungen Leute in der Stadt zu halten. Hat aber nicht funktioniert. Die eine Hälfte der Häuser steht immer noch leer und in der anderen wohnen nur Idioten. Aber vielleicht kann mir das heute etwas nützen.
Mind over Matter
E s war sogar mehr als in Ordnung, fand Ricky, es war ein wundervolles, warmes Gefühl, und es war tief in ihm. Es war das beste, was er je erlebt hatte. Besser noch als der Kuss von Tiffany. Denn dieser Kuss hatte sich als falsch herausgestellt, eine Falle, ein hohles Versprechen. Dieses neue Gefühl in ihm war anders, es war echt. Und es würde wachsen, das spürte er. Und je mehr es wuchs, desto besser würde Ricky lernen, damit umzugehen. Die Dinge so zu beeinflussen, wie er sie haben wollte. Sie in seinen Willen zu zwingen . Wie … ja, wie der Captain . Ricky schloss verzückt die Augen und als er sie wieder öffnete, erschien die Welt um ihn in einem leichten Blauton, so als hätte er eine Brille mit getönten Gläsern aufgesetzt. Nach ein paar Sekunden verblasste der Effekt.
Und dann kam Ricky ein kleiner, grausamer Gedanke.
Es konnte ebenso Zufall sein.
Was, wenn der Italiener namens Franky einfach ein schlechtes Gewissen gehabt hatte, von ganz allein? Was, wenn ihn Geldsorgen oder eine unheilbare Krankheit geplagt hatten und er auf diese Weise eine Lebensversicherung für seine Familie einzulösen versuchte? Was, wenn er während seines Selbstmords noch nicht einmal an den Unfall gedacht hatte? Es war kein tröstlicher Gedanke, aber je mehr sich Ricky damit beschäftigte, desto klarer wurde ihm, dass all diese Möglichkeiten bestanden und dass sie realistisch waren. Er brauchte einen Beweis. Jetzt gleich.
Ricky stellte sich auf den Stahlträger und sah sich um. Vor einem Stapel zusammengequetschter Autokarossen lag ein alter Fahrradrahmen. Das Hinterrad, ein verbeultes Gebilde rostiger Speichen und einer Felge, die an ein Möbiusband erinnerte, steckte noch darin. Ja, das würde gehen. Nur eine klitzekleine, quietschende Bewegung der Lager. Eine wenige Zentimeter andauernde Beeinflussung der Materie durch den Geist. Seinen Geist. Mind over Matter, Ricky. Wie Captain Beyond .
Also streckte Enrique Miguel López seine Arme vor, wie er es vor ein paar Tagen zum ersten Mal getan hatte, als er, aus unzähligen Wunden blutend, mit zerquetschten Eingeweiden und zerbrochenen Knochen auf dem Gehsteig vor Mrs. Schmids Haus gelegen hatte. Er fokussierte den Hinterreifen im Skelett des Rads, bis seine Augen zu schmerzen begannen. Und auch als seine Sicht verschwamm, hielt er an dem Hinterreifen fest. Komm schon, dachte Ricky, beweg' dich endlich! Nur ein kleines Stück. Das ist alles, was du tun musst. Alles, was ich brauche.
Nachdem er fast eine Minute angestrengt auf einen verbeulten Hinterreifen inmitten von Mr. Harris' Schrottplatz gestarrt hatte, passierte – rein gar nichts. Keine Bewegung, keine blauer Schein, kein Gelächter. Enttäuscht ließ Ricky die Arme wieder
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