Blue (Horror / Mystery / Okkult) (Jake Sloburn Horrorthriller) (German Edition)
Fliegengitter hinter ihm aufschwang. Seine Mutter sah ihn aus verheulten Augen an. Ricky bemerkte nicht, dass die Angst in ihrem Blick zum Teil auch ihm galt, denn für einen Moment hatte Azula López gemeint, die Pupillen ihres Sohnes wären blau gewesen, als er sich zu ihr umdrehte. Von einem stechenden, alles durchdringenden Blau. Und sie meinte, Mordlust in diesen Augen gesehen zu haben.
Doch dann verschwand dieser Eindruck und in Rickys nunmehr wieder dunkelbraunen Augen war nur noch der Ausdruck ohnmächtiger Wut zu lesen. Azula López legte die Arme um ihren Sohn und drückte ihn an sich. Ricky ließ es für eine Weile geschehen, aber er erwiderte die Umarmung nicht. Schließlich löste er sich von seiner Mutter und starrte sie an, sein Gesicht noch immer ein Ausdruck unverfälschten Zorns. Erste Regentropfen klatschten vernehmlich auf das Vordach über der Veranda.
»Warum, Ma?« fragte Ricky flüsternd, »warum hast du dich von diesem Typen ...«
Azula senkte das Gesicht. »Das Geld, Ricky. Wenn wir nicht bezahlen, dann nehmen sie uns alles weg. Das Haus und ...«
»Na und?« brüllte Ricky, nun selbst den Tränen nahe. »Dann sollen sie das beschissene Haus doch haben! Ist mir doch egal!«
Er stieß seine Mutter fort. »Immer noch besser als die Hure von so einem ... « Die Ohrfeige, die sie ihm verpasste, bemerkte er überhaupt nicht. Dazu war seine Wut einfach zu groß. Seine Mutter starrte ihn aus aufgerissenen Augen an, dann streckte sie die Hand nach ihm aus und murmelte:
»Es tut mir leid, Enrique, ich...«
Ricky ging ein paar Schritte rückwärts. Sie hielt ihre Hand noch immer nach ihm ausgestreckt, aber er wich noch weiter an den Rand der Veranda zurück.
»Dad hätte das nie zugelassen...« flüsterte Ricky.
Die zusammengekrümmte Gestalt seiner Mutter, die jetzt auf der Veranda kniete, wirkte unendlich einsam. Umflattert von den Schößen ihres Morgenmantels erinnerte sie Ricky an ein trauriges Gespenst, das niemand haben wollte. Stumm streckte sie die Arme nach ihrem Sohn aus. Aber Ricky hatte die Stufen zur Veranda bereits erreicht, drehte sich um und lief sie hinab. Unten angekommen, blieb er stehen und sagte leise:
»Dad hätte sich niemals auf Geschäfte mit denen eingelassen. Dad hätte es in den Griff gekriegt. «
Keine Reaktion von seiner Mutter. Nur diese stummen, aufgerissenen Augen voller Tränen.
»Von jetzt an werde ich die Dinge in die Hand nehmen, hörst du, Mama?« Und damit ging Ricky davon. Es waren die letzten Worte, die er in diesem Leben an seine Mutter richten würde.
Himmelblauer Bläuling (Lysandra bellargus)
E ine kleine Schar auffallend schöner Schmetterlinge flatterte unter die Veranda, wahrscheinlich suchten sie Schutz vor dem einsetzenden Regen. Zwei von ihnen ließen sich behutsam auf Azula López' pechschwarzem Haar nieder wie ein Paar entzückender, blauer Schleifen.
Sie bemerkte es nicht.
Als sie kraftlos zurück in ihr kleines Häuschen schlurfte, waren die Schmetterlinge alle wieder verschwunden.
Begegnungen
W ie ich also bei der halb fertigen Siedlung oben am Hill ankomme, wird es bereits dunkel. Daran merke ich, wie lange ich ohne Bewusstsein in der Gasse gelegen haben muss. Der Typ, dessen Mantel ich jetzt trage, hat anscheinend wirklich mehr als genug Zeit gehabt, mir mein Zeug abzunehmen. Von dem Verlust meines Mantels mal ganz abgesehen, hätte ich auch gern auf den seltsamen Traum verzichtet, der sich da mitten am Tag in meinem Kopf abgespielt hat. Vielleicht sucht sich mein armes, altes Hirn jetzt schon einen Ersatz für den Schrott, den sich andere Leute im Kino reinziehen. Was es so gruselig gemacht hat, war, dass es so real wirkte, als ob ich wirklich da gewesen wäre. Aber die eigentliche Krönung des Ganzen war der Typ mit
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