Blue (Horror / Mystery / Okkult) (Jake Sloburn Horrorthriller) (German Edition)
Wasser und die Brüder aus dem Knast raus hielten. Aber mehr als eine, höchstens zwei Raten für die Bank würden dabei nicht herausspringen, und inzwischen war die Bank nicht mehr ihr Hauptproblem. Sicher, sie könnten am Essen sparen, den Kabelanschluss kündigen – aber auch das würde das Problem nicht wirklich lösen. Jetzt nicht mehr.
Wenigstens hatte sie Ricky. Enrique war ein guter Junge. Hatte es nicht leicht in der Schule, weil er so still war. Oder weil er den kräftigen, dunklen Teint seiner Mutter geerbt hatte. Weil er nicht wie ein milchiger Käse aussah. Keine Freunde, öfter mal ein blaues Auge. Vielleicht fehlte ihm auch einfach der Vater, der ihm solche Dinge zeigte. Wie man sich verteidigte, wie man zurück boxte, wenn das Leben einen trat. Aber sein Vater hatte sie viel zu früh verlassen und in ihrem Elend sitzen lassen.
Und nun hätte sie beinahe auch noch Ricky verloren, als dieser Irre ihn auf dem Seaside angefahren hatte. Ihr armer Junge wäre fast gestorben dabei! Aber er hatte sich erholt, ja, und sehr schnell, wie die Ärzte gesagt hatten. Das war gut, aber auch das Krankenhaus würde eine Rechnung schicken.
Und seitdem war der Junge verschwunden, war ihr wieder mal davon gelaufen. Er würde zurück kommen, sicher. Vielleicht würde er bei Ralph, diesem dicken Jungen, zu dem er manchmal ging, übernachtet haben und hoffentlich, hoffentlich würde er noch in die Schule gehen. Musste die Pubertät sein, die dem Jungen so zusetzte, ihn manchmal so unkontrolliert aggressiv werden ließ. Und sie? Seine Mutter hatte einfach nicht die Kraft, etwas dagegen zu tun, allein, wie sie war. »Oh, Miguel.« flüsterte sie in ihren Kaffee und es lag nicht nur Liebe in ihrer Stimme, als sie ihres viel zu früh verstorbenen Ehemanns gedachte. Es lag auch eine Menge Trauer darin, Verzweiflung und Wut. Sie rutschte auf der Couch zusammen und die Tasse entglitt ihren kraftlosen Fingern, als sie erneut zu weinen begann.
Nach ein paar Minuten, die sie leise schluchzend verbracht hatte, fühlte sich Azula López stark genug, aufzustehen und die Sauerei auf dem Teppichboden wegzuwischen. Sie packte ein paar Küchentücher drauf und drückte sie in die kleine Pfütze, bis sie sich mit Kaffee voll gesogen hatten. Um den Kaffee war es nicht schade, es war Rise & Shine , die billigste Sorte in Mr. Winslows Laden, und er schmeckte furchtbar. Sie kippte den Rest in die Spüle und ging in den Flur, um sich ihre Jacke über zu ziehen.
Sie bemerkte den Umschlag erst, als sie drauftrat und erschrak zuerst ein bisschen. Das braune Packpapier knisterte geheimnisvoll unter den Absätzen ihrer Pumps. Als sie ihn aufhob, erwies sich der Umschlag als überraschend schwer. Jemand musste ihn heute morgen durch den Türschlitz gesteckt haben. Sie drehte ihn in den Händen, fühlte sein Gewicht. Auf dem Papier stand nur
AZULA
in großen, ungelenk wirkenden Buchstaben. Kein Absender. Azula öffnete den Umschlag und wäre beinahe in Ohnmacht gefallen, als sie sah, dass er bis zum Rand mit Banknoten gefüllt war, größtenteils Hunderter, einige größere Scheine waren auch dabei. Das mussten insgesamt ein paar Tausend sein, vielleicht mehr. Und als sie den Schock überwunden hatte, kam die Angst. Eine tiefsitzende Angst, in der sich alles irgendwie um Ricky drehte, und wie er gesagt hatte, er werde sich von nun an um die Dinge kümmern . Die Angst verwandelte ihr Herz in einen kleinen, eisigen Klumpen, während sie den großen Umschlag hastig in ihrer Handtasche verstaute und sich mechanisch auf den Weg zu ihrer Arbeit im Ye Olde Shoppe machte.
Natürlich war es ihr den ganzen Tag unmöglich, an irgend etwas anderes als das Geld in ihrer Tasche zu denken. Ihre Gedanken waren bei Ricky, und dem Umschlag, und dem furchtbaren Verdacht, den sie hatte. Sie war
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