Blue liquid (Kommissar Pfeifers erster Fall)
Hauptkommissar beim Dezernat 3 in
Freiburg. Sie kennen meine Kollegen, Beate Scheck und Leander Drub.“
„Ja, Drub. Ein guter Mann. Bei mir hätte er was werden können. Ich
wünschte, mein Sohn wäre etwas mehr wie er.“ Beate und Leander hatten sich
bislang im Hintergrund gehalten. Bei der Erwähnung seines Namens jedoch konnte
Leander keiner mehr aufhalten. Er stürmte nach vorne.
„Monsieur Drub, da sind Sie ja!“ Leclerc schien ehrlich erfreut, ihn
zu sehen. „Sie sind doch ein vernünftiger Mann. Erklären Sie Ihren verbohrten
Vorgesetzten bitte, dass ich nicht zögern werde, diese Frau zu erschießen, wenn
ich das Gebäude nicht unbehelligt verlassen kann.“ Leander drehte sich um und
in diesem Moment schoss Cedric. Leander brach zusammen. Er fiel mit dem Gesicht
voraus auf den Boden. Cedrics Schuss hatte ihn in die rechte Schulter
getroffen. Blut strömte aus der Schusswunde und färbte den frisch geölten und
auf Hochglanz polierten Parkettboden rot. Er krümmte sich vor Schmerzen. Beate
kniete fassungslos neben ihm nieder. Pfeifer fluchte wie ein Rohrspatz und
Henry forderte einen Rettungswagen an. „Sehen Sie, ich meine es ernst. Gehen
Sie mir aus dem Weg!“
„Leute, tut was er sagt. Lasst ihn gehen!“
„Was?“ Beate richtete sich ein wenig auf. Ihre blutverschmierten Hände
drückten noch immer auf die Wunde, um die starke Blutung zu stoppen. Doch sie
wollte nicht glauben, was sie da soeben gehört hatte.
„Beate!“, ermahnte Pfeifer sie. Leander stöhnte und sie widmete ihre
Aufmerksamkeit wieder ihrem jungen Kollegen. „Mensch, was machst du bloß für
Sachen? Halte durch, der Krankenwagen wird gleich hier sein.“
47
Kaum war er bei seinem Auto angekommen, schubste Cedric seine
Sekretärin von sich und raste mit quietschenden Reifen los. Sie wäre ihm
ohnehin nur hinderlich gewesen. Im Rückspiegel konnte er noch die Ankunft des
Rettungswagens verfolgen. Es tat ihm beinahe ein bisschen leid um Leander. Er
hatte ihn gemocht. Aber so war nun mal das Leben. Nur die Starken überlebten.
Wie ein Verrückter raste er durch die Straßen von Nantes. Hinter sich hörte er
die zügig näher kommenden Sirenen der Polizeiwagen. Er musste so schnell wie
möglich hier weg. Er bog in kleine Gässchen ein und kreuzte quer durch die
Stadt, bis er schließlich auf einen Feldweg einbog. Der, das wusste er, würde
ihn Richtung Lorient führen. Dort lag, in Port de Plaisance, einem kleinen
Hafen, seine Yacht. Die Yvonne. Er hatte sie nach seiner Frau benannt. Damals,
als sie noch…
Plötzlich vernahm er in der Ferne ein dumpfes Grollen. Ein Blick zum
Himmel genügte, um zu wissen, dass es innerhalb der nächsten Minuten sehr
unangenehm werden würde. Der Wind hatte sich von einem sanften Lüftchen zu
einem ausgewachsenen Sturm gewandelt. Waren es vorhin noch kleine weiße
Federwolken, hingen jetzt dicke, düstere Kumuluswolken schwer am Himmel und
verfinsterten die Sonne. Cedric überlegte noch, wieso sich das Wetter so
schnell verändert hatte, als auch schon die ersten dicken Regentropfen auf die
Windschutzscheibe klatschten. Er gab weiter Gas und holte aus der Limousine
alles heraus, was sie zu bieten hatte. Die ersten Blitze zuckten grell über den
mittlerweile pechschwarzen Himmel. Das Donnergrollen war jetzt vernehmlich lauter
geworden. Zwei kurz hintereinander zuckende Blitze tauchten die Landschaft in
ein gespenstisches Licht. Deshalb hielt er es zuerst auch für ein Trugbild, als
er plötzlich ein Auto auf sich zurasen sah. Das Blaulicht auf dem Dach blinkte
viel zu hell in der Dunkelheit. Es blendete ihn. Der Regen klatschte jetzt
erbarmungslos gegen die Scheiben seines Wagens. Die Scheibenwischer schafften
es kaum noch, ihm eine freie Sicht zu gewährleisten. Cedric verlangsamte seine
Fahrt etwas. Tatsächlich. Er hatte sich nicht geirrt. Es war die Polizei. Woher
wussten die, wohin er wollte? Er warf einen Blick in den Rückspiegel, um seine
Fluchtmöglichkeiten auszuloten. Aber auch dort blinkten jetzt Blaulichter auf.
Rechts und links von ihm waren Maisfelder. Er würde nur zu Fuß fliehen können,
allerdings war er Realist genug um zu wissen, dass er nicht weit kommen würde.
Er bremste und blieb reglos hinter dem Steuer sitzen. Er wusste, dass er
verloren hatte.
„Monsieur Leclerc, steigen Sie aus dem Wagen! Werfen Sie Ihre Waffe
weg und legen Sie die Hände auf das Dach! Ich werde diese Aufforderung nicht
noch einmal wiederholen! Meine Leute haben Anweisung, bei jeder
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