BLUE - toedliche Magie
Brandt zugesteckt hatte, und hatten das ihre dazu beigetragen, damit nicht allzu sehr nachgeforscht wurde. Die Gefahr für die drei Familien wäre einfach zu groß gewesen. Und dieses kleine Sicherheitsnetz für drei unschuldige Familien funktionierte bis zum heutigen Tag.
Zum Glück hatten sich alle drei Familien für den gleichen Landeswechsel nach Österreich entschieden. Und Wien war gar nicht so schlecht, wenn man bestimmte Bezirke und Lokale mied. Aber die gab es wohl in jeder Stadt und Vanessa und ihre Freundinnen hatten sowieso in erster Linie mit studierenden, jungen Menschen zu tun, die im Normalfall unproblematisch waren. Ihre Eltern hatten zwar viel Geld verloren, aber Annika, Leonie und Vanessa konnten hier dennoch studieren. Vanessa hatte sich für ein kompliziertes Studium in Psychologie mit der Hauptrichtung Pädagogik entschieden, Annika für ein langweiliges BWL-Studium und Leonie für Grafik und Design, weil ihr die Lust auf Mode plötzlich vergangen war. Alle drei mussten zwar in einem ziemlich heruntergekommenen Studentenheim wohnen und sich mit Nebenjobs über Wasser halten, aber sie durften studieren und das wussten sie zu schätzen.
Die drei Frauen glaubten vor zwei Jahren einen schlimmen Virus erwischt zu haben, der sie für Monate ausgeknockt hatte, und ihnen zusätzlich ein paar ordentliche Gedächtnislücken beschert hatte. Aber sie hatten die Zeit der Schwindelanfälle und mancher Blackouts überwunden und aus reinem Selbsterhaltungstrieb zu studieren angefangen. Manches aus dieser Zeit war für immer in den Untiefen ihres Unterbewusstseins verschwunden, doch das Studium hatte sie ablenkt, ihre Konzentrationsfähigkeit geschult und ihr Gehirn wieder auf Vorderfrau gebracht. Binnen kürzester Zeit waren sie wieder vollständig hergestellt gewesen, wobei Vanessa plötzlich einen seltsamen Blau-Tick und ein Faible für Ägyptologie hatte, Annika schüchtern geworden war und Leonie zu singen und zu tanzen angefangen hatte. Doch das waren Nebenerscheinungen, die im Vergleich zu dem, was wirklich passiert war, ziemlich harmlos erschienen.
Kichernd saßen die drei nun in dem Lokal für Studenten und schlürften einen Sangria, den sie im großen Literkrug bestellt hatten. Isidora, die Kellnerin, setzte sich kurz zu ihnen. Die Mädels waren nicht überdurchschnittlich oft in dem Lokal, aber doch irgendwie Stammgäste.
„Und viel Erfolg gehabt?“, fragte Isidora, die mit ihrer dunklen Schönheit, ihrem südländischen Temperament und der dunklen Stimme der absolute Renner hier bei den Jungs war. Ursprünglich stammte sie aus Libyen, war dann nach Ägypten übersiedelt und schließlich nach Europa ausgewandert. Die Unruhen in ihrem Heimatland hatten sie fortgetrieben. Seit Mubarak vor zwei Jahren gestürzt worden war, hatte es ständig Ausschreitungen gegeben und immer wieder Machtwechsel. Ihre Eltern hatten das nicht länger hingenommen und waren mit ihr nach Italien und später nach Österreich gezogen. Wobei ihr Vater ein sehr gelehrter und aufgeklärter Mann war, sonst wäre ein solch freizügiges Leben für seine Tochter nicht möglich gewesen. Isidoras Deutsch war fast perfekt, obwohl sie die Sprache noch nicht lange lernte, aber da sie aus einer gebildeten Familie kam, hatte sie schon früh gelernt sich mit anderen Ländern, ihren Gepflogenheiten und Sprachen auseinanderzusetzen. Dazu klang der Wiener Dialekt aus ihrem Mund extrem witzig und irgendwie charmant.
„Ja, danke. Ich war der Frosch“, ätzte Leoni, grinste dabei aber, als hätte es ihr wirklich Spaß gemacht.
„Die Kinder waren süß“, meinte Annika und prostete den anderen Mädels zu. Für sie war Sangria wie Weihnachten und Ostern zusammen.
„Sogar die Presse war da und ATV. Vielleicht kommen wir ja sogar ins Fernsehen“, grinste Vanessa und wunderte sich, dass Isidora plötzlich ein wenig ernster wurde. „Was ist denn? Du guckst plötzlich so traurig. Stimmt was nicht Isidora?“ Die versuchte sich nichts anmerken zu lassen und lächelte wieder.
„Nein, nein. Mir ist nur gerade etwas eingefallen. Aber egal!“ Sie schüttelte sich kurz, als ob sie sich von einem lästigen Gedanken befreien müsste. „Diesen Erfolg müssen wir feiern, nicht wahr? Ich bringe euch noch einen Krug, auf Kosten des Hauses. Okay?“ Und damit brach ein lautes „Höööööööö“ am Tisch aus.
„Das ist ja mal ne Ansage“, zwitscherte Leoni, während Annika noch mit dem langen ö vom Hööö beschäftigt war. Vanessa aber
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