BLUE - toedliche Magie
im achten Bezirk verlor sich auch ihre Spur im Nichts. Zur selben Zeit waren auch ihre Mädchen in der gleichen Gegend verschwunden. Das legte den Schluss nahe, dass sie gemeinsam entführt worden waren. Allerdings gab es weder im Studentenheim, noch in der Wohnung der Kellnerin Anzeichen für einen derartigen Zwischenfall. Entweder waren sie direkt von der Straße geschnappt worden, oder aber die Entführer hatten alle Spuren penibel entfernt.
Leonies Mutter griff zur Flasche Weißwein und hob sie direkt an den Mund. Niemand sagte etwas. Jeder verstand, dass sie sich betäuben wollte. Sie trank und hörte gar nicht mehr auf zu schlucken. Schließlich fasste ihr Ehemann nach der Flasche und zog sie ihr langsam vom Mund.
„Nicht! Wir müssen stark sein, Anke.“ Die begann hysterisch zu heulen. Sie schluchzte ganz erbärmlich, doch ihr Mann nahm sie nicht in den Arm. Er wusste, dass sie dann überhaupt nicht mehr runterkommen würde. Nach ein paar Minuten beruhigte sie sich auch von alleine und bekam wieder genug Luft, um zu reden.
„Ich kann das nicht ...“ Sie schniefte und wischte sich den Rotz mit ihrem Blusenärmel ab. „Nicht noch einmal. Nicht schon wieder. Das kann niemand von mir verlangen. So grausam kann nicht mal der Herr der Finsternis sein.“ Es wäre müßig gewesen ihr zu erklären, dass es nichts brachte mit dem Schicksal zu hadern, aber keiner von den anderen Eltern hatte noch die Kraft dafür. Was sie vor zwei Jahren durchgemacht hatten und wie sehr sich ihr Leben seitdem geändert hatte, war nur zu ertragen gewesen, weil es ihren Töchtern letztendlich gut gegangen war. Sie hatten in einem anderen Land ein neues Leben aufgebaut, nicht so schillernd wie bisher, aber immerhin ein Leben. Ein GUTES Leben sogar, mit der Aussicht auf ein abgeschlossenes Studium und einen Job für ihre Kinder. Sie waren nicht glücklich gewesen über ihre wirtschaftliche Situation, doch sie hatten einen guten Familienzusammenhalt gehabt.
Erika war die nächste die zur Flasche griff und sich einen Schluck genehmigte. Ihre Augen waren glasig, ihr Gesicht um Jahre gealtert. Als sie die Flasche wieder absetzte, blickte sie forsch in die Runde.
„Mir ist es egal, ob wir Geld haben oder nicht. Notfalls verkaufe ich meinen Körper, um diesen Martin Brandt wieder zu aktivieren.“ Sie rülpste in ihre Faust und Anke kicherte.
„Da musst du aber schon Besonderes leisten, wenn du damit genug Geld zusammenbekommen willst.“ Es klang ein wenig boshaft und das war es auch, denn sie waren schließlich alle nicht mehr die Jüngsten.
„Hört auf mit dem Blödsinn“, mischte sich plötzlich die Mutter von Annika ein. „Wir brauchen reelle Möglichkeiten, keine Hirngespinste. Die Polizei ist sehr bemüht und hat sich mit den Kollegen aus Deutschland kurzgeschlossen, die damals unsere Fälle betreut haben. Auch zu Interpol haben sie schon Kontakt aufgenommen. Außerdem haben sie gründliche Befragungen durchgeführt. Dieser Herr Oberlechner scheint mir ein sehr fähiger Beamter zu sein.“
„Der ist zu jung für dich, Schätzchen“, ätzte Erika, die an ihrem Kleid zupfte und ihren Push-up-BH richtete. Als vertrocknete, alte Schachtel wollte sie hier nicht rüberkommen. Schließlich hatte Vanessa das schöne Aussehen von ihr. Sie schluchzte und hörte mit dem Unsinn auf. „Entschuldige. Ich hatte schon eine Menge Tabletten heute.“ Ihre Augen tränten und ihre Schultern bebten. Niemand sagte etwas. Sie verstanden alle, welchen Ausnahmezustand sie gerade alle wieder durchmachten.
„Martin Brandt ist von der Bildfläche verschwunden. Seine Telefonnummer gibt es nicht mehr. Ich wüsste also gar nicht, an wen ich mich wenden könnte“, jammerte nun Harald, der ja sowieso schon längst versucht hatte den Held der ersten Rettungsaktion wieder zu aktivieren. Notfalls hätten sie halt noch einen Kredit aufgenommen oder ihn auf Knien angefleht. Doch was nutzt das ganze elende Wollen, wenn der Kandidat sowieso von der Bildfläche verschwunden war?
„Selbst der deutsche Beamte, der mir vor zwei Jahren die Karte von Brandt zugesteckt hatte, weiß nichts über seinen Verbleib. Er sagte nur etwas davon, dass er sich zur Ruhe gesetzt hätte oder so. Ich meine ... wie alt war der Typ? Vierzig maximal. Vermutlich noch jünger.“
„Vielleicht ist er tot“, warf Erika ein und griff noch einmal zur Flasche. Anke stoppte sie.
„Hör auf, Süße. Du bekommst sonst einen Kreislaufkollaps. Alkohol und Medikamente sind der
Weitere Kostenlose Bücher