Blue
ineinander. Igor wurde rasend und Leander und Andromeda mussten untertauchen. Seit jenen Tagen habe ich nur noch ein M al von ihr gehört. Ich muss davon ausgehen, dass sowohl Andromeda als auch Leander tot sind.
Igor ist ein böser, berechnender Vampir, der nicht davor zurückschreckt , seinen eigenen Bruder zu ermorden. Er ist skrupellos , und wenn ich mittle r weile auch in die Illegalität des Milieus gerutscht bin, habe ich im Gegensatz zu ihm nicht all meine Moral verloren.
Ein Krieg kostet Geld. Verdammt viel Geld. Und mein Volk muss auch noch mit Blutkonserven versorgt werden. Aus diesem Grund bin ich zum Drogenbaron, Zuhälter und Mörder geworden. Nur so kann ich in kürzester Zeit genügend Geld generieren.
Ich weiß, dass ich manchmal Dinge von dir verlange, die nicht in Ordnung sind. Ich weiß, dass du das nicht willst und ich entschuldige mich bei dir. Es wird nicht wieder vorkommen. Als du gestern blutend am Boden lagst, ist mir so manches klar geworden.“ Er hielt noch einmal kurz inne, ehe er we i tersprach. „Es ist schon seltsam. Erst wenn man jemanden zu verlieren droht, wird einem klar, wie viel er einem bedeutet. Ja, Blue, ich mag dich und ich schätze dich mehr , als du vielleicht glauben magst.“
Blue konnte nur nicken, denn eine Entschuldigung wa r das Letzte , was sie jemals erwartet h ä tte . Wieder blickten sie diese ihr seit ein paar Wochen so seltsam vertrauten Augen an.
Boss schob ihr das Foto über den Tisch hinweg zu. Mit steifen Fingern griff sie nach der Fotografie. Sie ließ dabei Boss nicht aus den Augen. Erst als er ihr auffordernd zunickte, wagte sie einen Blick.
Die Aufnahme war von mittelmäßiger Qualität, etwas körnig, mit einem leichten Gelbstich. So wie die meisten Fotos aus den 1970er Jahren. Als ihr Blick auf die Frau darauf fiel , stockte ihr der Atem. Sie war schön, mit za r ten, aber stark wirkenden Zügen. Auf einen ersten flüchtigen Blick konnte Blue eine gewisse Ähnlichkeit mit Boss erkennen. Die dunklen Haare, die klaren blauen Augen, der volle Mund und die hohen Wangenknochen.
„Deine Schwester?“
Boss nickte. Was Blue den Atem nahm, war die Tatsache, dass es sich bei der Frau um die aus ihrem Traum handelte. Lange Haare, der Blick und vor allem das weiße, luftige Kleid mit dem pfirsichfarbenen Seidenschal.
Boss bemerkte nicht, welchem inneren Chaos Blue ausgeliefert war. Er war mit seinem eigenen Kampf beschäftigt und sprach weiter. Vermutlich mehr zu sich selbst als mit ihr.
„Als ich dich damals gefunden habe, dachte ich erst du wärst sie. Eure Ähnlichkeit ist erschreckend. Nur dein Charakter ist sanfter als ihrer. Du unterwirfst dich, wenn auch nur ungern. Sie würde eher sterben , als sich jemandem zu beugen. Deshalb habe ich dich mit der Drohung, dich zu ve r stoßen, unter Druck gesetzt. Ich musste dich einfach an mich binden. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, sie noch einmal zu verlieren. Ich weiß, dass es kaum zu verstehen ist, aber so ist es nun einmal.“ Er hielt inne und fuhr sich durch die Haare.
Blue hielt das Foto noch immer in ihren zittrigen Fingern.
„Aber das ist jetzt vorbei. A ls ich Tom und dich zusammen gesehen habe , wurde mir klar, dass ich dich nicht mehr so quälen darf.“
Sie bekam nur am Rande mit , was Boss alles sagte. In ihrem Kopf herrsc h te nur eine Frage: Was hatte Andromeda mit ihr zu tun?
Kaum hatte die Frage in ihrem Kopf Form angenommen , sah sie einen Weg zu einer Antwort zu kommen. I gor !
„Sorry, Boss, aber ich denke, dass ich mich auf jeden Fall mit Igor treffen sollte. So können wir vielleicht etwas über deine Schwester erfahren.“
Boss ’ Gesicht verzog sich schmerzhaft. „Vielleicht hast du recht . Aber du gehst nicht allein. Du nimmst Tom mit. Verstanden?“
Nun war Blue es, die ein säuerliches Gesicht machte. „Tom nehme ich auf keinen Fall mit.“
Boss sah Blue überrascht an. „ W arum nicht? Ihr macht den Eindruck, als ob ihr zusammengehört. Seid ihr denn kein Paar?“
„Nein, sind wir nicht“, schnaubte sie viel zu schnell.
Boss lächelte undefinierbar. „Willst du ihn nicht?“
Blue konnte fühlen , wie sich ihre Wangen mit Blut füllten. Wenn es so ei n fach wäre. „Nein! Vielleicht. Er will mich nicht. Nicht mehr zumindest. Und vor allem ist er ein Mensch …“, fügte sie resigniert hinzu.
Boss enthielt sich eines blöden Kommentars und nahm stattdessen den Telefonhörer in die Hand. Als am anderen Ende der Leitung abgenommen wurde, straffte
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