Blümchen, Sex und Peitsche: Roman (German Edition)
Merkwürdigerweise hielt keiner der vorbeilaufenden Männer an und sagte: »Korrekt, meiner ist länger als der von Ralle.« Stattdessen machten alle, dass sie fortkamen, weil Imogen so kampfeslustig aussah wie eine Amazone, die auf ihren Rachefeldzügen ganze Landstriche auslöschte und ihren Opfern das Herz mit bloßen Händen ausriss.
»Imogen, nun hör doch mal auf«, sagte Jasmin verzweifelt.
»So ein Schuhplattler ist gut für den Rücken«, unterbrach Tizian ihren Rettungsversuch. »Beim Stück Wenn der Auerhahn balzt kann man so richtig aus sich rausgehen.«
»Ach, der Auerhahn?«, fragten Heiner und Berti unisono, konnten aber nicht weiter mit Tizian über die mögliche Bedrohung dieses Vogels sprechen, weil Imogen nun zur Furie wurde.
»Sex!«, schrie sie. »Ich willendlichmalwieder Sexsssssssssssss!«
»Imogen, was sollen denn die Leute denken?«, fragte Elsa entsetzt.
»Darüber würde ich mir hier nicht zu viele Sorgen machen«, sagte Philipp gleichmütig. »Ich halte es für das Beste, wenn wir sie jetzt nach Hause bringen.«
»Nach Hausssse?«, fragte Imogen betrübt. »Ichhhhhaaaaabbb kein Zuhausemmmmmmehr!«
Das stimmte, wie Elsa gerade einfiel. Naja, das würden sie auch noch hinkriegen. Das Haus war ja groß genug.
»Ich war hier noch nie«, erzählte Herr Sternchen. »Das ist alles sehr schön bunt hier. Es ist fast eine kleine Märchenwelt; beinahe vermutet man, dass Fabelwesen um die Ecke kommen oder Elfen, die hübsch mit ihren Flügeln schlagen und Wein feilbieten.«
»Ja«, sagte Tizian. »Ein Kelch mit Wein von einer schönen Elfe, das wäre wirklich wunderbar. Da vorn finden Sie bestimmt eine Elfe, die Ihnen gefällt, Herr Sternchen.« Er blinzelte ihm verschwörerisch zu.
Herr Sternchen strahlte. »Wirklich? Oh, wie schön!«
Sie standen vor der Absperrung der Herbertstraße.
Tizian machte eine weitläufige Handbewegung: »Bitte sehr, der Herr«, sagte er zu Herrn Sternchen, der erwartungsvoll losging und kurz darauf hinter der Absperrung verschwunden war.
Jasmin stand angeschickert da und biss sich ununterbrochen auf die Unterlippe. Sie hatte sehr wohl gemerkt, dass alle, wirklich alle Männer auf dem Kiez sie anglotzten, seit sie diese neuen Klamotten trug. Dabei gab es doch nur einen Mann, von dem sie angeglotzt werden wollte. Und der …
Sie drehte sich zu Elsa um. »Ich muss gehen«, sagte sie leise. »Und zwar jetzt.«
Verblüfft nahm Elsa den dicken Dildo entgegen, den Jasmin ihr enfach in die Hand drückte. »Wo willst du denn hin?«, fragte sie verdutzt.
Doch sie bekam keine Antwort. Mit schnellen Schritten ging Jasmin zu einem der wartenden Taxis und stieg ein.
*
»Wassssisssdass? Dawillichauuuuchreiiiin!«, nörgelte Imogen lautstark. Sie sah mittlerweile völlig wild aus. Ihr Lippenstift, den sie zwischendurch immer mal wieder neu aufgetragen hatte, war mangels Koordinationsfähigkeit überall im Gesicht verteilt, die Wimperntusche verschmiert, ihre Haare glichen dem Nest eines zankenden Vogelpaars und in den Strümpfen hatte sie Laufmaschen.
»Da dürfen keine Frauen rein, hehehehehe.«
›Wenn Heiner nicht bald mit diesem süffisanten Geschwätz aufhört, knall ich ihm eine‹, dachte Elsa und versuchte, Imogen festzuhalten, die sich gebärdete wie ein verzweifeltes Fohlen, das zu seiner Mutter zurückwollte.
»Duhassst mirgarrrrnix sssssussssagen«, wurde Heiner von Imogen zurechtgewiesen. Dann riss sie sich los und raste Herrn Sternchen und Tizian, der ihm mittlerweile gefolgt war, hinterher.
»Scheiße!«, rief Philipp. »Holt sie zurück! Die Nutten da drin drehen durch!« Nicht nur er wusste, dass die Damen hinter der Wand ziemlich aggressiv reagierten, wenn Frauen die Straße entlanggingen. Es gab Geschichten über Schlägereien und mit Waschwasser gefüllte Eimer, die über weibliche Eindringlinge ausgeschüttet wurden.
» Ich kann sie schlecht holen«, sagte Elsa zu ihrem Sohn.
»Ich gehe schon!« Heiner keckerte wieder und strich dann seine Sommerjacke glatt. »Ist mir ein Vergnügen.«
*
»Gut«, dachte Jasmin und blickte nach oben, in den ersten Stock. »Er ist da. Er ist zu Hause. Und er ist wach.«
Sie stand vor dem Café und hatte Angst. Aber gleichzeitig war sie stolz auf sich. Sie hatte es wirklich getan. Sie war hergefahren, einfach so und ganz spontan. Der Taxifahrer hatte sie zwar angeschaut, als sei sie eine Eskortdame auf dem Weg zu einem Hausbesuch, aber auch das war ganz egal.
Sie atmete noch einmal tief durch und drückte
Weitere Kostenlose Bücher