Blümchen, Sex und Peitsche: Roman (German Edition)
eigentlich ein. Ich werde Sie verklagen. So eine Frechheit. Schauen Sie sich mal meine Handgelenke an. Diese Striemen. Wissen Sie, wie sehr so ein Kabelbinder in die Haut schneidet? Wollen Sie uns umbringen? Ist es das, was Sie wollen?«
Der Polizist verdrehte die Augen und schaute auf die Uhr. Es war kurz nach Mitternacht und er hatte noch bis um sechs Uhr Dienst. Vielen Dank auch.
»Ich möchte auch weg von hier«, sagte Imogen. »Ich will hier raus. Ich möchte nicht in einer Arrestzelle sitzen.«
»Das hätten Sie sich mal vorher überlegen sollen«, sagte der Polizist. »Bevor Sie unbescholtene Freier verprügeln. Ruhe jetzt!«, blaffte er und zog die Tür einfach zu.
Nachdem die Situation in der Herbertstraße eskaliert war und alles in einer Randaliererei mit anschließendem Polizeieinsatz endete, hatten die Beamten die komplette Belegschaft eingesammelt und auf die Davidwache gebracht. Hier saßen sie in einer recht engen Ausnüchterungszelle.
»Ich zeige Sie an! Die Stadt Hamburg zeige ich an!«, brüllte Elsa durch die geschlossene Zellentür. »Es ist nämlich gar nicht mehr erlaubt, hier jemanden einzusperren. Darüber habe ich eine Dokumentation gesehen. Die Gänge sind zu eng. Da können Randalierer nämlich die Polizisten an die Wand drücken und Verletzte hat es auch schon gegeben. Unverzüglich öffnen Sie diese Tür. Ich kenne den Polizeipräsidenten!«
»Hör doch auf, Elsa. Das stimmt doch gar nicht«, sagte Berti müde.
»Doch, ich kenne ihn. Er heißt Köpenick oder so. Das habe ich gelesen.« Elsa war egal, dass sie Mist redete. Sie wollte nach Hause. Sie schwitzte, ihre Sachen klebten am Körper.
»Ich bin im Klimakterium«, sagte Elsa dann, weil sie fand, dass ihr Alter endlich auch mal zu etwas nütze sein musste. »Aber darauf wird ja keine Rücksicht genommen.«
»O mein Gott«, sagte Imogen, die aussah wie Graf Dracula mit ihrer verschmierten Mascara. »Wenn ich ihn totgeschlagen habe. Was dann? Was passiert dann mit mir?«
»Dann bleiben Sie noch ein bisschen länger hier.« Berti lehnte an der Wand, gähnte und sah vorsichtig zu Heiner hinüber, der blicklos auf den Boden starrte. Sein Mund war leicht geöffnet und ein Speichelfaden fing an, sich auf den Weg nach unten zu machen. Seine Hände, die er an der Scheibe blutig geschlagen hatte, waren von einem Sanitäter notdürftig verbunden worden. Sein Hemd und seine Hose hatten Risse, er hatte einen Schuh verloren und sein rechtes Brillenglas hatte einen großen Sprung. Der Mann war völlig am Ende.
Imogen setzte sich an den einzig vorhandenen Tisch und blätterte mit fahrigen Bewegungen in einer Tageszeitung aus den 60er Jahren, deren Titelseite ein Foto von der Hamburger Sturmflut zeigte. Sie musste sich irgendwie ablenken.
Tizian und Herr Sternchen waren sauer auf alle anderen und hatten sich zusammengerottet. Sie sprachen mit niemandem.
Und dann war da noch Heiners Frau Monika, die hinter der Scheibe in der Herbertstraße gesessen hatte. Sie stand stocksteif in einer Ecke und wiederholte ständig gebetsmühlenartig: »Ich brauchte halt Abwechslung, ich brauchte halt Abwechslung.«
Philipp und Caroline, die einzigen, die von einer Festnahme verschont geblieben waren, befanden sich draußen und diskutierten mit den Beamten über mögliche Freilassungen, so hatten sie es den anderen zumindest versprochen.
Es war nicht mehr nachvollziehbar, wer zuerst mit irgendwas angefangen hatte, aber es hatte wohl was damit zu tun, dass Heiner seine Frau erkannt hatte und versucht, die Scheibe zu zertrümmern. Die Zuhälter waren daraufhin mitsamt den Nutten auf Heiner losgegangen, die anderen hatten natürlich versucht, Heiner zu helfen und Imogen hatte dem Hasen auf den Kopf geschlagen, während Herr Sternchen und Tizian sie laut anfeuerten.
Dann kam die Polizei, die neben all den Menschen auch den Schnattel-Dildo mitnahm, der sich als Einziger nicht wehrte.
»Ob Hans Albers auch schon mal hier war?«, fragte Imogen und legte die Zeitung beiseite. »Der war doch ganz oft auf der Reeperbahn unterwegs.«
»Der hat hier Filme gedreht«, sagte Berti müde. »Das heißt doch nicht automatisch, dass er oft hier war.«
»Er ist aber in Hamburg geboren«, erwiderte Imogen mürrisch. »In St. Georg. In einer Straße, die heißt Lange Reihe. Er ist vor zwei Jahren gestorben.«
»Hä?«, machte Elsa. »So ein Blödsinn. Hans Albers ist schon Jahrzehnte tot.«
»In der Zeitung hier steht vor zwei Jahren. Im Juli.« Imogen wedelte mit dem
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