Blüte der Tage: Roman (German Edition)
Klemmbrett und Kugelschreiber überprüfte sie regelmäßig den Bestand, passte ihn an die Nachfrage an und bat Roz, einen Teil der Jungpflanzen freizugeben.
»Nächstes Jahr. Die sind noch nicht so weit.«
»Wenn das so weitergeht, haben wir bald keine Akelei mehr, kein Geißblatt, keine Funkien ...« Sie deutete auf ihr Klemmbrett. »Roz, wir haben bereits über dreißig Prozent unserer Mehrjährigen verkauft und können froh sein, wenn wir mit dem gegenwärtigen Bestand noch durch den Mai kommen.«
»Der Betrieb wird nachlassen.« Roz wässerte gerade liebevoll ihre Nelkenstecklinge. »Wenn ich Jungpflanzen vor ihrer Zeit herausgebe, werden die Kunden keine Freude daran haben.«
»Aber ...«
»Diese Nelken werden erst nächstes Jahr blühen. Die Kunden wollen blühende Pflanzen, Stella. Sie wollen sie kurz vor der Blüte in ihrem Garten einsetzen, um sich sofort daran erfreuen zu können und nicht erst im nächsten Jahr.«
»Das ist mir schon klar, aber trotzdem ...«
»Sie sind im Verkaufsfieber, Stella.« Mit ihrer behandschuhten Hand kratzte sich Roz an der Nase. »Genauso wie die anderen Mitarbeiter. Ruby strahlt wie ein Honigkuchenpferd und Steve zeigt mir jedes Mal, wenn er mich sieht, den hochgestreckten Daumen.«
»Wir mögen diesen Betrieb nun mal.«
»Oh, ich auch. In der Tat ist dies das beste Geschäftsjahr, das wir jemals hatten. Das haben wir zum Teil auch dem Wetter zu verdanken. Wir hatten einen wunderbaren Frühling. Und wir hatten das Glück, eine sehr tüchtige und engagierte Geschäftsführerin bei uns einstellen zu können. Nun ja, schlussendlich zählt bei uns Qualität nach wie vor mehr als Quantität.«
»Selbstverständlich, da kann ich Ihnen nur zustimmen. Ich kann einfach die Vorstellung nicht ertragen, dass wir irgendwelche Pflanzen nicht mehr auf Lager haben und deshalb die Kunden woanders hinschicken müssen.«
»Ach was. Mit etwas Verkaufstalent sollte es doch möglich sein, den Kunden eine Alternative anzubieten.«
Stella seufzte. »Da haben Sie auch wieder Recht.«
»Und falls wir sie doch zu einer anderen Gärtnerei schicken müssten ...«
»Die Kunden werden unsere Bemühungen, sie zufrieden zu stellen, sicher zu schätzen wissen«, winkte Stella ab. »Mit Ihnen als Chefin und mir als Geschäftsführerin ist der Betrieb einfach außer Konkurrenz.«
»Wie dem auch sei, in wenigen Wochen wird die Hauptsaison vorbei sein. Die Leute, die nach Mitte Mai zu uns kommen, werden in erster Linie nach Gartenartikeln, Blumentöpfen oder Topfpflanzen Ausschau halten. Und sobald die Junihitze da ist, werden wir alles, was wir an Frühjahrs- und Sommerblütlern noch vorrätig haben, zu Sonderpreisen anbieten und danach mit dem Verkauf der Herbstpflanzen beginnen.«
»In Michigan war das immer ein, zwei Monate später.«
Roz ging zu dem nächsten Kasten mit Stecklingen. »Vermissen Sie ihr früheres Zuhause?«
»Ich käme mir unloyal vor, wenn ich das nicht täte. Aber außer Erinnerungen bindet mich dort nichts mehr.«
Und genau diese Erinnerungen waren es, die ihr zu schaffen machten. Sie hatte ein gutes Leben geführt, mit einem Mann, den sie liebte. Und als sie ihn verloren hatte, war dieses Leben zerbrochen.
Sie hatte ihre Angst bekämpft, sich ihre Erinnerungen jedoch bewahrt.
Aber nicht nur sie hatte einen Verlust erlitten. Ihre Söhne hatten auch den Vater verloren. Gavin konnte sich noch an ihn erinnern, obwohl diese Erinnerungen im Lauf der Zeit schwächer wurden. Luke hingegen war zu klein gewesen, um sich noch deutlich an seinen Vater zu erinnern. Es war alles so ungerecht. Wenn sie sich jetzt
auf eine Beziehung mit Logan einließe, obwohl ihre Jungen noch so klein waren ...
Das wäre so ähnlich, als würde sie ihr früheres Zuhause nicht mehr vermissen. Es wäre unloyal.
Als sie in den Laden ging, fand sie dort einige Kunden vor, die mit ihren Einkaufswägen um die Tische herum rangierten – und Hayley, die sich gerade bückte, um einen riesigen Topf mit Erdbeerpflanzen hochzustemmen.
»Stopp!«
Auf ihren scharfen Befehl hin drehten sich alle Köpfe nach ihr um. Stella marschierte zu Hayley hinüber und herrschte sie an: »Was fällt dir ein?«
»Ich dachte, der Topf würde sich gut neben der Ladentheke machen.«
»Oh, davon bin ich überzeugt. Aber ist dir eigentlich klar, dass du schwanger bist?«
Hayley blickte an ihrem runden Bauch hinunter. »Hm, ist ja kaum zu übersehen.«
»Wenn du einen Pflanzenkübel bewegen willst, dann bittest du
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